TS 73: Der Letzte der Navajos, Teil 1
kümmern uns um unsere eigenen Angelegenheiten und halten nichts von Leuten, die sich überall einmischen. Wenn du nicht willst, daß man deine geliebten Ziegenböcke etwas aufmuntert, mach’ ihnen klar, daß sie sich von unserem Land fernhalten sollen. Und sie nehmen auch besser kein einziges Stück Vieh mit! Und an deiner Stelle, Quade, würde ich sehr deutlich mit dem Jungen reden. Wenn die Norbies mißtrauisch werden, sehen sie sich nicht immer zuerst das Gesicht des Mannes an, dem sie einen Pfeil in den Rücken jagen. Ich verkünde hier und jetzt“ – sein Blick glitt von Quade über die anderen Männer um sie herum – „daß die Berge sich nicht vom Basin regieren lassen. Wenn ihr nicht wollt wie wir – bleibt draußen!
Du weißt ja nicht, was drüben in den Bergen los ist. Diese zahmen Böcke, die hier in der Gegend Vieh züchten, sind ja mit den Stämmen in den Bergen gar nicht zu vergleichen! Und es könnte sein, daß die Zahmen eines Tages von den Wilden lernen. In den letzten fünf Monaten ist eine Menge Vieh verlorengegangen – und der Nitrahäuptling, der alte Muccag, hat in den Bergen Trommelzauber gemacht. Ich sage euch, da braut sich mehr zusammen, als nur eine Stammesfehde. Und wir wollen auf unserem Land keine Ziegenböcke haben, wenn der Pfeil herumgeht! Wenn ihr ein bißchen Grips in euren Köpfen habt, ihr alle hier, dann denkt ihr genau wie ich.“
Storm war verwirrt. Dies hatte als persönlicher Streit zwischen Quade und Dumaroy begonnen. Jetzt versuchte der letztere den Zusammenstoß zu einem Argument gegen die Eingeborenen zu machen. Es war fast so befremdend wie Bisters Verhalten gestern. Er spürte eine Unterströmung, die Gefahr verhieß.
5.
Der Terraner war von diesem Problem so gefesselt, daß er Quade nicht sah, bis er plötzlich merkte, daß der Siedler aus dem Basin ihn anstarrte. Die blauen Augen blickten fragend, seltsam forschend, und es lag der Schatten einer Regung in ihnen, die fast ein Wiedererkennen ausdrückte.
Das war natürlich unmöglich. Seines Wissens waren er und Quade sich noch nie begegnet. Aber jetzt kam der Arzorianer auf ihn zu, und Storm bewegte sich rückwärts auf die Tür zu in der Gewißheit, daß der andere ihn draußen auf der nur schwach erleuchteten Straße nur finden konnte, wenn er, Storm, es wollte.
Aber Storm war nicht so schnell draußen, daß ihn nicht noch ein erschreckter Warnruf erreicht hätte. Ohne diesen Ruf und die Tatsache, daß sein Angreifer übereifrig war, hätte der Terraner vielleicht jetzt mit einem langen Norbiemesser zwischen den Schulterblättern dagelegen und sein Leben in dem Staub der Straße ausgehaucht.
Aber der ehemalige Saboteur hatte lange genug in ständiger Gefahr gelebt. Wieder einmal übernahmen seine Reflexe das Kommando, und er warf sich nach rechts gegen die Hauswand, während jemand an ihm vorbeirannte. Die undeutliche Gestalt schoß in das schützende Dunkel einer Seitengasse hinein, aber im Laufen spiegelte sich das Licht in einer blanken Klinge.
„Hat er Sie erwischt?“
Storm fuhr herum, die Hand am Messer. Das Licht aus der Halle fiel auf Brad Quade, der neben ihm stand.
„Ich sah gerade, wie er das Messer hob“, erklärte Quade. „Hat er Sie verletzt?“
Storm stieß sich von der Wand ab. „Kein bißchen“, antwortete er im gleichen sanften Tonfall, den er in der Zentrale gebraucht hatte. „Ich muß Ihnen danken, Sir.“
„Ich bin Brad Quade. Und Sie?“
Aber Storm konnte sich nicht überwinden, die Hand zu ergreifen, die ihm der andere entgegenstreckte. Dies war alles ganz verkehrt, und er brachte es nicht fertig, eine Szene, die sich so sehr von der unterschied, die er sich während all der Jahre ausgemalt hatte, weiterzuspielen.
Man hatte ihn aus dem Gleichgewicht gebracht, und er mußte schnell fort, ganz gleich, wie viele Mörder in den dunklen Gassen von Irrawady Crossing auf ihn lauerten. Ob sein Name wohl Quade etwas sagte? Er bezweifelte es, aber er war nicht sicher. Und doch war es ihm unmöglich, einen falschen zu nennen. Seine spätere Auseinandersetzung mit diesem Mann durfte nicht durch Tricks und Lügen entwertet werden.
„Ich bin Storm“, antwortete er einfach und machte eine Verbeugung. Er hoffte, den anderen glauben machen zu können, daß Händeschütteln nicht zu den Begrüßungsformalitäten seiner Heimat zählte. Die Umgangsformen waren auf den einzelnen Planeten sehr unterschiedlich, und sein Akzent verriet, daß er von einer anderen Welt
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