TS 76: Eine Handvoll Dunkelheit
Haar und kalte Augen, wie kleine blaue Steine. Und jetzt hatte sie auch wieder ihre makellose Figur.
„Sie bringen ihn gleich. Es dauert nur ein paar Minuten. Sie müssen ihn waschen, Tropfen in seine Augen tun und sein Gehirnwellenmuster aufnehmen.“
„Ihn? Ist es ein Junge?“
„Natürlich. Erinnerst du dich nicht? Du warst doch bei mir, als ich mir die Spritze geben ließ. Wir waren uns damals doch einig. Hast du deine Meinung geändert?“
„Jetzt ist es zu spät, Ihre Meinung zu ändern, Mr. Doyle“, sagte Dr. Bish mit seiner ausdruckslosen, ruhigen Stimme. „Ihre Frau hat beschlossen, ihn Peter zu nennen.“
„Peter.“ Ed nickte, er war etwas benommen. „Ja, das ist gut.“
„So haben wir es doch vereinbart, nicht?“
„Peter.“ Er schien sich an dem Wort zu ergötzen. „Ja. Das ist schön. Das gefällt mir.“
Die Wand veränderte sich plötzlich vor ihren Augen, wurde durchsichtig. Ed drehte sich schnell herum. Sie blickten in einen hell erleuchteten Raum, der mit Krankenhausgeräten aller Art und weißgekleideten Robotwärtern angefüllt war. Einer der Robots kam auf sie zu. Er schob einen Wagen. Auf dem Wagen lag ein Behälter, ein großer Behälter aus Metall.
Eds Atem ging schneller. Er ging auf die durchsichtige Wand zu und blickte starr auf den Metallbehälter.
Dr. Bish stand auf. „Wollen Sie ihn nicht auch sehen, Mrs. Doyle?“
„Natürlich.“ Janet ging auf die Wand zu und trat neben Ed. Sie stand mit verschränkten Armen da und blickte kritisch auf den Wagen.
Dr. Bish gab ein Zeichen. Der Wärter griff in den Behälter und hob einen Drahtkorb heraus, dessen Griffe er mit seinen Magnetklammern festhielt. Auf dem Korb, immer noch durch den Draht tropfend, lag Peter Doyle, noch feucht von seinem Bad, die Augen vor Erstaunen geweitet. Er war über und über rosa, abgesehen von einem dünnen Haarkranz am Kopf und seinen großen blauen Augen. Er war klein, verrunzelt und zahnlos.
„Ach“, sagte Ed.
Dr. Bish gab ein zweites Signal. Die Wand schob sich zurück. DerRobotwärter trat in den Raum und hielt Dr. Bish den tropfenden Korb hin. Der Arzt nahm Peter aus dem Korb und hob ihn hoch. Er drehte ihn um und untersuchte ihn von allen Seiten.
„Sieht gut aus“, sagte er schließlich.
„Was ist beim Gehirnwellenmuster herausgekommen?“ fragte Janet.
„Das Resultat war gut. Hervorragende Anlagen. Sehr vielversprechend. Besonders die …“, der Arzt verstummte.
„Was ist denn, Mr. Doyle?“
Ed streckte die Hände aus. „Geben Sie ihn mir, Doc. Ich möchte ihn halten.“ Er grinste von einem Ohr zum anderen. „Ich möchte sehen, wie schwer er ist. Groß sieht er ja aus.“
Dr. Bish blieb vor Schrecken der Mund offenstehen. Er und Janet staunten.
„Ed!“ rief Janet aus. „Was ist denn nur in dich gefahren?“
„Großer Gott, Mr. Doyle“, murmelte der Arzt.
Ed blinzelte. „Was denn?“
„Wenn ich geahnt hätte, daß Sie so etwas vorhatten …“ Dr. Bish gab Peter schnell dem Wärter zurück. Der Wärter schob Peter aus dem Raum und praktizierte ihn wieder in den Metallbehälter. Der Roboter und der Behälter verschwanden schnell, und die Wand schloß sich wieder.
Janet packte Ed ärgerlich am Arm. „Großer Gott, Ed! Hast du den Verstand verloren? Komm. Gehen wir hier, ehe du etwas anderes anstellst.“
„Aber …“
„Komm.“ Janet lächelte Dr. Bish nervös zu. „Wir gehen jetzt, Doc. Vielen Dank für alles. Auf ihn dürfen Sie nicht achten. Sie wissen ja, er ist zu lange fortgewesen.“
„Ich verstehe“, nickte Dr. Bish. Er hatte seine Fassung inzwischen wiedergewonnen.
„Ich hoffe, wir hören bald von Ihnen, Mrs. Doyle.“
Janet zerrte Ed in den Korridor hinaus. „Ed, was ist denn mit dir los? Ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nicht so geniert.“ Zwei hektische rote Flecken standen auf ihren Wangen. „Ich wäre am liebsten im Boden versunken.“
„Aber was …“
„Du weißt doch, daß wir ihn nicht berühren dürfen. Was willst du – sein ganzes Leben ruinieren?“
„Aber …“
„Komm jetzt.“ Sie verließen das Krankenhaus und traten auf die Terrasse. Warmes Sonnenlicht hüllte sie ein. „Es ist nicht auszudenken, was für Schaden du angerichtet hast. Vielleicht hat sich daraus schon ein Trauma entwickelt. Wenn das wächst – am Ende wird er ein Neurotiker, und du hast die Schuld daran.“
Plötzlich erinnerte sich Ed. Er runzelte besorgt die Stirn.
„Das stimmt. Das habe ich vergessen. Nur Robots dürfen
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