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TS 76: Eine Handvoll Dunkelheit

TS 76: Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: TS 76: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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schob sich zwischen den Besuchern und Rekonvaleszenten durch, die auf der Terrasse herumstanden. Dann stieß er gegen die Tür und schoß in die Halle, daß die Wärter und sonstigen wichtigen Personen, die dort ihrer Arbeit nachgingen, erschreckt zusammenfuhren.
    „Wo?“ rief Ed und sah sich um. Er stand breitbeinig da und hatte die Fäuste geballt. Seine Brust hob und senkte sich, und sein Atem ging keuchend wie der eines Tieres. Jedermann sah ihn an und hörte zu arbeiten auf.
    „Wo?“ fragte Ed noch einmal. „Wo ist sie? Sie?“
    Es war ein Glück, daß Janet gerade an diesem Tag ihr Kind zur Welt gebracht hatte. Proxima Centauri war weit von der Erde entfernt, und der Passagierdienst war schlecht. In Erwartung der Geburt seines Kindes hatte Ed Proxima schon vor ein paar Wochen verlassen. Sie waren gerade in der Stadt angekommen. Während er sein Gepäck auf der Station verstaut hatte, hatte ihm ein Robotkurier die Mitteilung übergeben. Los Angeles, Zentralkrankenhaus. Sofort.
    Ed beeilte sich. Trotzdem hatte er noch Zeit für den Gedanken, daß er den Tag gerade richtig getroffen hatte, beinahe auf die Stunde genau. Es war ein angenehmes Gefühl. Er hatte es schon früher empfunden, während all der Jahre, wo er in den „Kolonien“ geschäftlich tätig gewesen war, an der Grenze, dem Rand der irdischen Zivilisation, wo die Straßen nachts noch mit elektrischem Licht beleuchtet und die Türen von Hand geöffnet wurden.
    Auch an die Automatiken würde er sich wieder gewöhnen müssen. Ed drehte sich zu der Tür hinter sich um und kam sich plötzlich etwas hinterwäldlerisch vor. Er hatte sie aufdrücken wollen. Die Tür schloß sich gerade wieder, schob sich langsam in ihre Wandnische zurück. Inzwischen hatte er sich schon etwas beruhigt. Er steckte sein Taschentuch ein. Die Krankenhauswärter hatten inzwischen ihre Arbeit wieder aufgenommen. Einer von ihnen, ein nagelneuer Robot, kam auf Ed zu und blieb stehen.
    Er holte sein Notizbrett heraus, und seine Fotozellenaugen musterten Ed.
    „Darf ich fragen, wen Sie suchen, Sir?“
    „Meine Frau.“
    „Und der Name Ihrer Gattin, Sir?“
    „Janet. Janet Doyle. Sie hat gerade ein Kind bekommen.“
    Der Robot sah auf sein Brett.
    „Diese Richtung, bitte, Sir.“ Er rollte in einen Gang.
    Ed folgte ihm nervös. „Geht es ihr gut? Bin ich noch rechtzeitig gekommen?“ Erneut war seine Angst zu spüren.
    „Ja, es geht ihr ziemlich gut, Sir.“ Der Robot hob seinen Metallarm, und eine Tür in der Wand schob sich zurück. „Hier, Sir.“
    Janet, mit einem schicken, blauen Syntho-Kostüm bekleidet, saß vor einem Mahagonitisch, hielt eine Zigarette in der Hand und redete ziemlich schnell. Auf der anderen Seite des Tisches saß ein gutgekleideter Arzt und hörte zu.
    „Janet!“ sagte Ed beim Eintreten.
    „Hallo, Ed.“ Sie blickte zu ihm auf. „Du bist gerade angekommen?“
    „Klar. Ist – ist alles vorbei? Du – ich meine, ist es schon geschehen?“
    Janet lachte, und ihre weißen Zähne blitzten. „Natürlich. Komm nur herein und setz dich. Das ist Doktor Bish.“
    „Hallo, Doc.“ Ed setzte sich etwas nervös. „Dann ist alles vorbei?“
    „Ja, es ist geschehen“, sagte Dr. Bish. Seine Stimme klang metallisch. Plötzlich wurde Ed klar, daß der Arzt ein Robot war, ein erstklassiger Robot in Menschengestalt, nicht wie die gewöhnlichen, metallgliedrigen Arbeiter. Er hatte ihn tatsächlich getäuscht – er war so lange fortgewesen. Dr. Bish wirkte plump und wohlgenährt und hatte ein freundliches Gesicht. Er trug eine Brille. Seine großen, fleischigen Hände lagen auf dem Tisch, und er trug einen Ring an einem Finger. Anzug mit Nadelstreifen und Krawatte. Diamantbesetzte Krawattennadel. Die Nägel sorgfältig manikürt. Schwarzes Haar.
    Aber seine Stimme hatte ihn verraten. Es schien einfach nicht möglich zu sein, eine Stimme von wirklich menschlichem Klang zu machen. Dazu schienen die heutigen Sprechanlagen noch nicht imstande. Aber ansonsten war alles sehr überzeugend.
    „Ich höre, Sie waren in der Nähe von Proxima, Mr. Doyle“, sagte Dr. Bish im Plauderton.
    Ed nickte. „Ja.“
    „Ziemlich weit, nicht wahr? Ich war noch nie dort draußen. Ich wollte schon immer einmal hin. Stimmt es, daß Sie demnächst zum Sirius fliegen wollen?“
    „Hören Sie, Doc …“
    „Ed, sei nicht ungeduldig.“ Janet drückte ihre Zigarette aus und sah ihn verweisend an. Sie hatte sich in den sechs Monaten nicht verändert. Ein schmales Gesicht, blondes

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