TS 83: Der Mann, der ein Roboter war
spiegelte sich die rote Glut.
*
„… wir haben dafür nur die Aussage des Angeklagten. Juristisch gelte ich noch immer als ein vollberechtigter Bürger, solange das Gegenteil nicht bewiesen ist. Entspricht das dem Gesetz?“ Keith wandte sich an die Mitglieder des Obersten Rates. Nach kurzer Beratung antwortete Takata.
„Das ist rechtens, Doktor Keith“, sagte er.
„Gut. Als Bevollmächtigter des Rates – bisher bin ich dieses Amtes noch nicht enthoben worden – und in meiner Eigenschaft als vollberechtigter Bürger von Terra beantrage ich hiermit, das Verfahren einzustellen, da es einen Verstoß gegen das Gesetz zum Schutze der Freiheit darstellt.“
Die Senatoren waren einen Augenblick wie erstarrt. Dann sprangen sie auf und redeten aufgeregt durcheinander, bis der Älteste Rat mahnend die Rechte hob. Ruhe trat ein.
Raymond d’Auville sagte mit fester Stimme: „Sie werden Ihren Antrag glaubhaft begründen müssen, Keith.“
„Ich kann es nunmehr, Oberstes Gericht, und ich danke Ihnen, daß Sie mir Gelegenheit dazu geben.“
Keith wandte sich an Betty. „Würden Sie bitte den vollen Wortlaut des Statutes vortragen, der den Anfang des eben erwähnten Gesetzes bildet, Beta 01?“
„Ja, Sir. Es lautet: – Jedes intelligente, lebende Wesen im Kosmos, gleich welcher Abstammung, Rasse, äußerer Gestalt, geistiger Reife, gleich welcher Religion, weltanschaulicher und politischer Meinung oder sonstiger Unterschiede hat dieselben Grundrechte und Grundpflichten wie der Mensch, sofern es die moralischen und ethischen Grundregeln der Menschheit anerkennt und die Gesetze der Menschen achtet und einhält.“ Betty lächelte hintergründig.
Takata schien zu ahnen, worauf Keith hinzielte.
„Danke, Beta 01“, sagte Takata beiläufig und wandte sich dann zu Keith. „Das Gesetz kennen wir. Es wurde bereits gestern zu Beginn der Verhandlung zitiert. Was soll das, Doktor Keith?“
Keith ließ sich nicht beeindrucken. „Es wundert mich, daß bisher noch niemand auf den Gedanken gekommen ist, dieses Gesetz in allen seinen Konsequenzen anzuwenden“, fuhr er fort. Dann aber schaute er in die Linsen der Aufnahmekugel und sagte ruhig und deutlich: „Ich beantrage auf Grund meiner Rechte als freier Bürger und in meiner Eigenschaft als Bevollmächtigter des Rates die Anwendung dieses unseres wichtigsten Gesetzes auch auf alle humanoiden Roboter, denn sie sind intelligent und lebend!“
Diesmal blieb der Rat in eisiger Ruhe sitzen. Raymond d’Auville antwortete kalt: „Roboter, auch denkende humanoide Roboter, sind Maschinen und als solche leblos. Versuchen Sie, bitte, Ihre These, Maschinen seien lebend, zu beweisen.“
Keith kam nicht mehr dazu, seinen zweiten Antrag zu begründen. Ein Polizeioffizier war zu dem Ältesten Rat getreten und salutierte. d’Auville erhob sich und bestimmte eine Unterbrechung der Verhandlung. Außer Betty und Jerry wurden alle, die nicht Mitglieder des Rates waren, hinauseskortiert.
Der Offizier bekam die Erlaubnis bequem zu stehen und erstattete seine Meldung.
„Unsere Leute sind gezwungen, sich zurückzuziehen. Die Menge vor dem Regierungsgebäude ist inzwischen auf beinahe achthunderttausend Personen angewachsen. Ohne Einsatz von Waffen können wir uns keine Stunde mehr halten.
Funkspruch aus Terrapolis, Mars: Gouverneur Svensson wurde von Anhängern der Antirobot-Partei gefangengesetzt, das Regierungsgebäude von der Menge gestürmt.
Bildspruch aus Neu-London, Venus: Gouverneur Mason bittet um Erlaubnis, Raumflotte einzusetzen. Schwere Tumulte in der Regierungshauptstadt. Bereits mehr als eintausend Humanoiden und Roboter zerstört. Gouverneur Mason hat den Kriegszustand erklärt. Mars, Venus und Erde erwarten Anweisungen.
Funkspruch von Admiral Piltz: Raum- und Handelsflotte erklären sich neutral, da Roboter auf diesem Gebiet unersetzlich. Admiral Piltz erwartet dringend Anweisungen des Obersten Rates.“
Außer dem Offizier war kein Mensch im Saal, der nicht erblaßte.
Orlow sprang erregt auf und dröhnte in Richtung des japanischen Senators: „Da haben Sie das Resultat Ihrer Bemühungen, Takata! Nun versuchen Sie freundlichst, Ihre Geister loszuwerden!“
Takata winkte mit einer ungeduldigen Handbewegung ab. d’Auville griff sich an die Stirn. Er murmelte etwas vor sich hin, dann straffte er sich und fuhr laut fort: „Meine Damen und Herren, das bedeutet unter Umständen – Krieg. Bürgerkrieg! Wir müssen uns sofort über die notwendigen Maßnahmen
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