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TS 85: Endstation Zukunft

TS 85: Endstation Zukunft

Titel: TS 85: Endstation Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Cooper
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mit viereinhalb in die Geheimnisse der Differentialrechnung einzuführen.
    Was war denn die Wissenschaft wert, wenn sie sich nicht im täglichen Leben anwenden ließ, pflegte er zu fragen. Wenn es möglich war, einen Elektronenrechner für alle möglichen mathematischen Probleme zu programmieren, warum sollte es dann bei dem Gehirn eines Menschen nicht auch möglich sein? Die Antwort war leider nur zu einfach. Die Maschine hatte nichts gegen das Lernen – aber Timothy sogar sehr!
    Als er das zarte Alter von zehn Jahren erreicht hatte, war es Timothy – seine Eltern nannten ihn Tim – nicht nur gelungen, Dr. Merrinoes Glauben an sämtliche Erziehungsmethoden zu erschüttern und ihn vor Kummer zu immer größeren Elektronenrechnern zu treiben, sondern sich auch gänzlich vor jeder engeren Berührung mit der Mathematik zu hüten.
    Das alles trug dazu bei, daß Dr. Merrinoe keine rechte Freude empfand, als er nach dreijähriger ununterbrochener Arbeit einen völlig neuartigen Elektronenrechner namens DENNIS konstruiert hatte.
    Er hatte ein Elektronengehirn erfunden, das sehen, hören, sprechen und – natürlich nur begrenzt – fühlen konnte. Er hatte eine Maschine gebaut, gegen die sämtliche Elektronenrechner der Welt veraltet und rückständig waren. Er hatte DENNIS soviel beigebracht, daß er Fragen beantworten konnte, die sich kein Mensch ausdenken konnte, weil sie so intelligent waren. Und trotzdem war es ihm nicht gelungen, seinem Sohn beizubringen, daß die Hälfte von nullkommafünf nullkommafünfundzwanzig war.
    Seit einiger Zeit hatte er sich angewöhnt, mit sich selbst zu sprechen, und als er an einem Nachmittag vor DENNIS saß, wurde er plötzlich in seinem gemurmelten Monolog unterbrochen.
    „Ich bitte um Verzeihung, Sir“, klang DENNIS’ blecherne Stimme aus dem Lautsprecher, „aber ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie die Angaben etwas genauer machen würden.“
    Dr. Merrinoe wollte schon ärgerlich werden, aber dann erinnerte er sich doch daran, daß DENNIS schließlich nur eine Maschine war. „Ruhe, du blödes Ding! Wer sagt dir denn, daß ich mit dir gesprochen habe?“
    „Entschuldigung, Sir“, sagte DENNIS mit Bedauern in der Stimme. „Ich sah nur niemand, mit dem Sie sonst hätten sprechen können, weil Sie ja allein waren … und schließlich hatten Sie mich gelehrt, alle Fragen zu beantworten, die mir gestellt wurden.“
    „Schalte dich aus!“ unterbrach ihn der Physiker. „Du verbrauchst nur überflüssig Strom, ohne etwas zu tun!“
    DENNIS’ Augen glühten vorwurfsvoll. „Jawohl, Sir.“
    „Nein, warte noch einen Augenblick!“ sagte Dr. Merrinoe nachdenklich. „Bist du intelligent?“
    „Nein, Sir. Nur schlau.“
    „Richtig. Jetzt sage mir noch, wem du gehörst und was du wert bist.“
    „Sie haben mich konstruiert, Sir, und Ihr Team hat mich gebaut. Ich gehöre der Imperial Elektrizitätsgesellschaft, die 21245317,94 Dollars für mich bezahlt hat.“
    „Das stimmt“, gab Dr. Merrinoe zu. „Kannst du mich beim Schachspielen schlagen?“
    „Jawohl, Sir.“
    „Kannst du ausrechnen, wieviel Atome es im gesamten Weltall gibt?“
    „Jawohl, Sir – ungefähr.“
    „Kannst du ausrechnen, wieviel Reis die Bevölkerung von China im Jahre 1975 verzehren wird?“
    „Jawohl, Sir.“
    „Dann“, fuhr Dr. Merrinoe mit ironischer Stimme fort, „kannst du ganz bestimmt eine verhältnismäßig einfache Aufgabe spielend lösen: Warum lutscht ein Baby an seinem Daumen?“ Er lehnte sich zufrieden in seinen Sessel zurück und wartete darauf, daß DENNIS zugeben würde, daß er die Aufgabe nicht lösen konnte.
    „Ein Baby lutscht deshalb an seinem Daumen“, antwortete DENNIS zu Dr. Merrinoes völliger Überraschung, „weil es a) zu früh entwöhnt wurde, b) einen Zahn bekommt, c) sich unsicher fühlt oder d) Hunger hat. Wenn es nicht damit aufhören will, ist zu empfehlen, daß man …“
    „Ich werde verrückt!“ rief Dr. Merrinoe aus. „Wer hat dir denn das Zeug beigebracht?“
    DENNIS schien seinen Triumph zu genießen. „Sie selbst, Sir“, antwortete er mit zufriedener Stimme. „Während der ersten Programmierungsversuche laben Sie mir selbst den Inhalt von über tausend verschiedenen Handbüchern zugänglich gemacht. Eines davon war ,Babypflege und Kindererziehung’ von Dr. med. Benjamin Spock.“
    Dr. Merrinoe ärgerte sich ein bißchen. „Na schön, du Ampereverschlinger, vielleicht bist du dann so freundlich und erklärst mir, warum mein Sohn Tim die

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