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TS 86: Geist ohne Fesseln

TS 86: Geist ohne Fesseln

Titel: TS 86: Geist ohne Fesseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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komplizierte Maschine gebaut und sich fast verausgabt bei dieser Arbeit. Und nun wurde diese Maschine verkauft oder verschenkt, und der Sockel, auf dem sie gestanden hatte, war leer.
    Ein Summen war in den Ohren des Majors, und er begriff, daß es nichts anderes war als eine leichte Kreislaufschwäche.
    „Hast du nicht von Anfang an dieses Ende gekannt?“ fragte eine Stimme neben dem Iren, die von unendlich weit herzukommen schien. Carel zuckte zusammen und merkte, daß So Pak zu ihm gesprochen hatte.
    „Nein – ich stellte mir nichts anderes vor, als daß wir eine große Familie bleiben würden!“ sagte er langsam und schwer.
    „Das ist immer so“, erklärte der Asiat. „Die Schwingungen des menschlichen Lebens sind ausgeprägter, je jünger man ist. Diese vier Leute – sie betrachteten Lucky Hill als eine Station ihres Lebens. Nun hat das Schiff wieder abgelegt und bringt sie an ein anderes Ufer, an ein neues Ufer. Das ist immer so. Wir selbst sind alt …“
    „Und das bedeutet … ?“ warf Carel brummend ein.
    „… daß wir dieses Auf und Ab nicht mehr kennen. Wir haben uns gesetzt, um nicht mehr allzu häufig aufzustehen. Es ist die Zeit des Ausklangs; die der Entwicklung liegt weit hinter uns, Carel. Begreifst du?“
    „Langsam. Aber es schmerzt!“ Carels ausgestreckter Finger wies auf seine Brust. So Pak nickte voller Verständnis.
    Draußen legte sich eine große Wolke vor die Sonne. Ihr Schatten wanderte langsam über das Gebiet mit dem Hügel und den Wasserfällen. Aber der Schatten würde vergehen und den Sonnenstrahlen wieder Platz machen.
    Die Stunden, in denen sich die Lehrer von So Pak Lau und Carel verabschiedeten, waren nichts anderes als das Ergebnis einer langen Entwicklung. Zuerst verschwand Eric Abraham Flint, dann folgte ihm Renata Retera. Der bärtige Kanadier schüttelte Carel und So Pak die Hände, umfaßte mit einem langen Blick noch einmal die Anlage Lucky Hills und löste sich dann auf. Dann stand nur noch Odette vor dem verschachtelten Gang der Zentraltür.
    Irgendwie war Odette befangen und zeigte es auch. Carel stand da, sah sie an und schwieg. So Pak schwieg ebenfalls.
    „Es hätte anders enden sollen – willst du das sagen, Carel?“ fragte das Mädchen leise. Carel schüttelte den Kopf und lächelte.
    „Nein. Es ist richtig so. Tut es dir leid?“
    Odette ergriff die Hand des Majors. Ihre Augen wurden feucht.
    „Das hier wird mir fehlen, Carel. Aber ich kann diese Stille nicht mehr ertragen. Zu zweit – ja. Aber nicht allein. Es wird zuviel für mich, verstehst du?“
    „Natürlich“, antwortete McKinney. „Gehe unter die Leute, suche dir jemand, mit dem sich die Einsamkeit länger ertragen läßt. Du bist noch zu jung, um dein Leben in Ruhe zu beschließen.“
    Odette nickte.
    „Ich werde es versuchen, Carel. Ihr wart mir die besten Freunde, die ich je hatte, So Pak und du.“
    „Die Freundschaft wäre noch größer, wenn Carel jünger wäre, nicht wahr, Odette?“ fragte So Pak leichthin.
    Flammend überzog die Röte das Gesicht des Mädchens. Sie wandte sich ab und sah hinüber, wo der dunkle Waldrand sich über der Gischt des Wasserfalles erstreckte.
    „Du hast recht, So Pak“, sagte sie leise. Dann, noch bevor sie etwas sagen konnte, schnitt ihr McKinney das Wort ab. Er hatte plötzlich wieder die stählerne Härte des Blickes; ein Zeichen, daß er die Beklommenheit überwunden hatte.
    „Jeder von euch wird dort, wo er hingeht, ein Konto bei der Bank der Vereinigten Mächte vorfinden. Auf diesem Konto sind meine Bezüge der letzten achtzehn Monate und die Zinsen. Es sind zusammen etwa einhundertfünfzigtausend Kredite für einen jeden von euch. Ich werde dieses Geld niemals mehr benötigen – hoffentlich hilft es euch in den Jahren des Friedens.“
    Odette drückte schweigend die Hand des Asiaten. So Pak erkannte als einziger die tiefe Wirkung der letzten Worte. Odette ließ die Hand los und teleportierte sich selbst weg. Es war, als hätte sie nie hier gestanden. Nur ihre Fußabdrücke und ein schwacher Hauch eines herben Parfüms blieben zurück. McKinney schluckte etwas hinunter, das dick und pelzig in seiner Kehle saß. Dann drehte er sich um, und So Pak bemerkte, daß sich der Freund wieder restlos unter Kontrolle hatte.
    „Das wäre dieses“, sagte McKinney trocken und grinste So Pak an. „Jetzt gehört Longhurst uns beiden ganz allein. Mann – sind wir reich. Ist das nichts?“
    So Pak verlor seine Würde und grinste ausgesprochen schief

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