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TS 86: Geist ohne Fesseln

TS 86: Geist ohne Fesseln

Titel: TS 86: Geist ohne Fesseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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in der Ferne.
    „Das ist ein einziges Schiff, das Saragossa seit sieben Wochen in eine Geröllwüste verwandelt. Hier wird es bald kein Leben mehr geben, Major.“
    McKinney griff in die Brusttasche seiner ramponierten Uniform und holte eine flache Flasche hervor. Sorgfältig schraubte er den Verschluß ab, schüttete etwas von dem Inhalt in den kleinen Becher und reichte ihn über den Tisch – einige ungehobelte Bretter auf Sandsäcken – hinüber. Marlborough griff danach, zitterte etwas und stürzte dann den Schnaps hinunter. Ebenso griff er nach der Zigarette, die ihm McKinney anbot. Dann rauchten die Männer eine Minute lang schweigend.
    „Ich hätte Ihnen gern etwas erzählt“, begann McKinney mit der müden, brüchigen Stimme eines Mannes, der Schlimmes mitgemacht hat. „Aber so, daß niemand, auch Ihre eiserne Ordonnanz nicht, davon hört. Geht das?“
    „Sprechen Sie“, sagte der General tonlos. Er lehnte sich zurück an die Wand, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und sah aus schlafverkrusteten Augen den Major an. McKinney ließ die Asche seiner Zigarette achtlos auf den Boden fallen. Dann begann er zu erklären.
    Eine knappe halbe Stunde später kam er wieder aus der Tür heraus und sah nachdenklich auf den Offizier, der in einem zerfetzten Sessel lag und schlief. Das Gesicht des jungen Mannes war von den Spuren des Krieges für immer gezeichnet; diese Linien würden niemals mehr verschwinden.
    „Hoffen wir“, murmelte McKinney versonnen, „daß die Hunting Bow durchkommt und uns heraushaut.“
    Dann trat er den Stummel seiner letzten Zigarette in den Schmutz, der den Boden des Gefechtsstandes bedeckte und setzte sich nieder. Aber er konnte nicht schlafen. Vorbei an den dösenden Wachen und an den Bedienungen der Flugabwehrgeschütze tastete sich der riesige Ire hinaus auf die Plattform neben der Silhouette des Bunkers.
    Hier hatte der Major einen Ausblick auf den nächtlichen Himmel Saragossas; es war die einzige Schönheit, die es hier noch gab. Weit über ihnen zog ein winziger, strahlender Punkt zwischen den Sternen hindurch; das Schlachtschiff der Feinde, das unablässig den Planeten umflog und Breitseiten abschoß, sobald die Bahnkurve niedrig genug verlief, um einigermaßen genaues Schießen zu erlauben. Der nächste Anflug war in einer Stunde fällig.
    So lange – das war gewiß – würde dieser Bunker noch stehen – und so lange würden die achtzig Männer noch leben. Wieder hatte die Erde eines ihrer Sperrforts verloren. McKinney hockte sich auf einen Betonbrocken und legte die Hände um die Knie. Dann starrte er nach oben und wartete. Er hatte Geduld.
    Eine Stunde später stand der Bunker noch immer.
    Eine Art atemloser Erwartung, nicht frei von etwaigen Spannungen zwischen Wünschen und Hoffnungen auf der einen Seite und dem tatsächlichen Geschehen auf der anderen, erfüllte die achtzig Männer. McKinney saß immer noch wartend auf dem Betonklotz, aber die Umgebung hatte sich verändert.
    Zugleich mit der Morgensonne waren Wolken aufgezogen und hatten den langen Strand, an dessen felsigem Ufer der Bunker stand, mit einer strömenden Flut eiskalten Regens überschüttet. Nicht nur das Ufer, sondern auch den ausgeglühten Rumpf des winzigen Rettungsbootes, in dem McKinney hierhergeflohen war. Und auch McKinney wurde naß, als er wartete. Aber jetzt zeigte sich eine Art von Lächeln auf seinem Gesicht.
    Es war der Ausdruck des Staunens, noch einmal der Gefangennahme oder dem Tod entronnen zu sein. Was der Major wußte, hatte bisher niemand gesehen.
    Gegen Mitternacht oder eine Stunde später, McKinney hatte nicht auf die Uhr gesehen, hatte er einen Kampf beobachtet. Einen Kampf zwischen Riesen.
    Über dem Geräusch der Brandung, deren lange Wellen den sandigen Strand hinaufwischten, war plötzlich ein unendlich fernes, schwaches Dröhnen gewesen. Der Major, eine Sekunde vor dem endgültigen Absinken in den Schlaf der völligen Erschöpfung, hatte zu den kalten Sternen hinaufgesehen. Neben dem langsam kreisenden, weißen Lichtpünktchen zeichnete sich ein anderer Schein ab; ein Kometenschweif, gelb – aus den Düsen eines Schlachtschiffes kommend. Und dann waren zwischen den Schiffen lange, weiße Lichtblitze aufgezuckt. Die Lasergeschütze der terranischen Feuerschützen hatten, während der Major als einziger von achtzig Mann die Szene beobachtete, das feindliche Raumschiff vernichtet.
    Dann handelte McKinney – aber was er tat, konnte niemand ahnen, denn niemand außer

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