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TS 88: Das Ende der Zeitreise

TS 88: Das Ende der Zeitreise

Titel: TS 88: Das Ende der Zeitreise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. G. Ewers
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eine Kabelrolle. Mit dem Fuß stieß er den Impulsschneider von sich; er rollte über eine flockige Staubschicht und prallte mit hohlem Klang gegen den Blechrahmen der Tür.

 
Der Test
     
    Toby Warwick fürchtete sich. Vor zwei Stunden hatte er sich. heimlich von seinen Klassenkameraden abgesondert, weil sie mit ihrem Toben alle die Tiere des Waldes verscheuchten, die Toby so gern beobachtet hätte. Jetzt hätte er die Gegenwart seiner lärmenden Kameraden gern in Kauf genommen. Doch nun war es zu spät. Toby hatte sich verlaufen. Sicher würde Mrs. Barlett, seine Lehrerin, sein Verschwinden jetzt bemerkt haben. Toby stellte sich einen Augenblick vor, wie sie alle nach ihm riefen – sinnloserweise, denn er war von Geburt an taub. Nicht zum erstenmal in seinem dreizehnjährigen Leben kam Toby seine Andersartigkeit zu Bewußtsein, doch noch nie hatte er sie so schmerzlich empfunden wie gerade jetzt.
    Wie nur wenige Kinder, denen die Natur die Gabe des Gehörs verweigert, hatte Toby in seinem Unglück großes Glück gehabt. Dieses Glück hieß Gardner Warwick und war sein Vater. Er hatte ihm mit unerschöpflicher Geduld die schwierige Kunst des Lippenlesens beigebracht. Infolgedessen konnte Toby die gleiche Schule wie die normalen Kinder besuchen, und oft vergaß er ganz, daß er sich in einem Punkt von ihnen unterschied.
    Toby folgte einem schmalen Wildpfad. Er wußte nicht, ob er in der richtigen Richtung lief. Alles, was er wußte, war, daß er sich in den kaum berührten Wäldern der Blackhills befand und daß irgendwo im Umkreis von zehn Kilometern die Landstraße von Lead nach Newcastle sein mußte. Dort, auf einem Parkplatz, vier Kilometer vor Lead, wartete der Schulbus, der die Kinder von Newcastle aus in die Wälder gebracht hatte.
    Toby war sich darüber klar, daß nicht jede Richtung zur rettenden Straße führte. Lief er entgegengesetzt, waren es im günstigsten Fall noch siebzehn Kilometer bis zur Straße Moorcroft-Spearfish. Ebensogut aber konnte er beide Verbindungsstraßen verfehlen und in das südwestliche Wälderdreieck hineinlaufen. Das bedeutete achtzig Kilometer düsteren, bergigen und teilweise sumpfigen Urwaldes, in Wirklichkeit jedoch viel mehr, da die Einhaltung einer geraden Marschrichtung dort unmöglich sein würde. Noch dazu mußte in zwei Stunden die Dunkelheit hereinbrechen.
    Hätte Toby gewußt, daß zur selben Zeit Mrs. Barlett mit einer fast fünfzig Köpfe zählenden Suchmannschaft von der Straße aus zur Suche nach ihm aufbrach, vielleicht wäre er geblieben, wo er war. So jedoch lief er seinen Rettern geradeswegs davon. Die Tiere des Waldes, deretwegen er sich von seinen Kameraden getrennt hatte, waren längst zum Inbegriff der Furcht und der Verlassenheit für ihn geworden. Da er ihre Annäherung nicht hören konnte, tauchten sie jedesmal überraschend für ihn auf und erschienen ihm trotz ihrer Harmlosigkeit wie böse Geister. Seine kindliche Phantasie malte alle möglichen Schreckgestalten aus, die den schweigenden Wald bevölkerten, und Toby lief immer schneller, bis er vor Erschöpfung nicht mehr konnte.
    Endlich wankte er auf eine kleine Lichtung. Außer Atem kauerte er sich zwischen Blaugräsern und tischhohen Salomonssiegeln nieder und barg lange Zeit das Gesicht in den Händen, als wollte er damit alle Gefahr von sich fernhalten. Nach und nach beruhigte er sich etwas. Er legte den Kopf nach hinten und spähte in den Abendhimmel. Einsam funkelte da oben ein Stern – ebenso einsam wie er, Toby, hier unten auf der Erde. Nur, der Stern würde bald Gesellschaft bekommen – Toby nicht.
    Plötzlich wurden seine Augen kugelrund. Schräg über den Himmel huschte eine blasse Lichtbahn, glühte bläulich strahlend auf und sank wie schwebend hinter die nahen Wipfel der Bäume. Eine Weile stand noch eine lautlose Flammensäule wie ein Richtungspfeil vor dem grauen Hintergrund der Dämmerung, dann löste sie sich schnell von oben nach unten auf.
    Toby atmete heftig. Was mochte das gewesen sein? Eine Sternschnuppe? Toby hatte noch nie eine so helle Sternschnuppe gesehen, vor allem aber nicht in der Dämmerung. Dann fiel ihm ein, daß Suchmannschaften oft Leuchtraketen verwendeten, um sich Vermißten bemerkbar zu machen. Plötzlich glaubte er fest daran, daß ganz Lead und zumindest die Hälfte der Einwohner von Newcastle ausgezogen waren, ihn zu suchen. Mit dem Leuchtsignal wollten sie ihm den Weg weisen. Die Hoffnung belebte Toby. Mit ihr kehrten seine Kräfte zurück. Er eilte los,

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