TS 98: Friedhof der Roboter
ausgefahren, bis sie waagrecht neben der Schiffshülle schwebte.
Lester aktivierte die Dwarf-Reaktoren. In den beiderseitig des Rumpfes im Innern torpedoförmiger Zylinder untergebrachten Stromerzeugern kam der Fusionsprozeß in Gang. Die erzeugte Energie floß über kräftige Gliederkabel zu den zwei 800-PS-Gordon-Elektromotoren, die jeweils dicht an einem der Rollenlaufwerke saßen und die vorn angebrachten Kettentriebräder bewegten, die wiederum mit ihren Zahnkränzen in die Gleisketten eingriffen.
Die meterbreiten Bodenauflageplatten strafften sich, die gefederten Laufrollen an ihren Innenseiten begannen sich zu drehen. Dann – ein Ruck – der zwischen spinnenbeinigen Stahlrohren aufgehängte Rumpf erzitterte; die Schildkröte bewegte sich wie ein urweltliches Amphibium zum Schleusentor hinaus. Die Ketten mahlten knirschend und rumpelnd über die profilierte Antigravplatte und standen dann still, wie vor verhaltener Kraft zitternd. Langsam schwebte die Antigravplatte an der blanken Außenhaut des Schiffes hinab, bis sie sanft den Boden berührte.
Lester Velie hatte die leichte Kombination angezogen und den Funkhelm übergestülpt. Mit wachsamen Augen blickte er durch die Kuppel und steuerte die Schildkröte mit geringer Fahrt über den von der Wucht des Mesonenstrahls zerfetzten und verbrannten Boden. Er hatte sich bereits eine Theorie über Mac Clintocks Verschwinden gebildet, als er die ausgefahrene Antigravplatte der Kangaroo sichtete. Trotzdem mußte er zuerst ins Schiff hinein.
Die Gleiskettenfahrzeuge der Scouts und deren technische Einrichtungen waren so konstruiert, daß jede Schildkröte für jedes Scoutschiff der Terrier-Klasse verwendet werden konnte. Lester brauchte also nur auf die Antigravplatte der Kangaroo hinaufzufahren und die Kodeabstrahlung zu aktivieren. Als vorsichtiger, durch langjährige Erfahrungen gewitzter Mensch fuhr er allerdings rückwärts auf die Platte und ließ die Schildkröte mit dem Heck dicht vor der offenen Hangarschleuse stehen. Er wollte sich einen schnellen, unkomplizierten Fluchtweg sichern, falls im Schiff Gefahr lauerte.
„Was Besonderes, David?“
„Nein, Sir.“
„Okay! Ich betrete jetzt das Schiff. Wir können über den Funkhelm weiterhin Kontakt halten.“ Er zog seinen Jungningstrahler, kletterte durch die Heckluke und betrat den Hangar der Kangaroo. Seine Vermutung bestätigte sich. Mac Clintocks Schildkröte fehlte. Also befand er sich irgendwo auf diesem Planeten. Trotzdem durchsuchte Lester sorgfältig jeden Raum – vergeblich. Nirgends fand sich ein Hinweis auf einen Überfall. Alle Geräte und Aggregate waren in bester Ordnung. Nur eine dicke Staubschicht bedeckte alles und zeugte davon, daß lange Zeit niemand diese Räume betreten hatte.
Lester schaltete schließlich die Speicherspule des Logbuches ein.
Bei den ersten Worten verzog sich sein Gesicht zu einem jungenhaften Lächeln. „Spotty“ hatte Mac Clintock den Planeten wegen seiner Fleckigkeit getauft. Das sah ihm ähnlich! Doch dann umwölkte sich Lesters Stirn. Die letzte Eintragung lag acht Monate zurück.
Acht Monate!
Lesters Gesicht verfinsterte sich. Die Hoffnung, den Kameraden lebend bergen zu können, schwand dahin. Er rief seinen Robot.
„Im Schiff ist alles in Ordnung, David. Komm herüber! Aber sichere die Schleuse zusätzlich mit dem Sperrkode!“
Als der Scout mit der Antigravplatte unten ankam, traf auch der Robot ein. Lester entwickelte ihm seinen Plan: „MacClintock ist irgendwo auf diesem Planeten verschollen. Ich werde mit der Schildkröte aufbrechen und nach Hinweisen suchen. Du kehrst nicht zur Memphis zurück, sondern besetzt die Zentrale der Kangaroo. Sollte tatsächlich schon ein Unbekannter Mac Clintocks Schiff durchsucht haben, wird er es weiterhin für unbesetzt halten, wenn er noch einmal auftaucht. Damit hätten wir ein Überraschungsmoment auf unserer Seite; und davon kann man nie genug haben. Sollte mir etwas zustoßen, startest du unverzüglich mit der Kangaroo, kehrst nach Port Chelton zurück und verständigst Präsident O’Brien. Ich hoffe, du kommst mit den Hyperflugberechnungen zurecht …?“
„Aber selbstverständlich, Sir!“
Lester schüttelte verweisend den Kopf. „So selbstverständlich ist das durchaus nicht. Wir arbeiten kaum einen Monat zusammen; und William hat vor Zeiten ein ganzes Jahr gebraucht, bis er diese Arbeit zum erstenmal selbständig durchführen konnte.“
„William war ein C-4-Modell, Sir“, entgegnete David
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