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TS 98: Friedhof der Roboter

TS 98: Friedhof der Roboter

Titel: TS 98: Friedhof der Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. G. Ewers
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wieder sehr rasch.
    Nach zwei Stunden Fahrt bremste er die Schildkröte abrupt. Soeben hatte er die flache Kuppe eines langgezogenen Hügels überquert, und sein Blick fiel in die dunstige Ferne. Es war eine friedliche Kulisse, die er vor sich sah, fremdartig und doch vertraut. Eine nahezu ebene Fläche gelbweißen Sandes dehnte sich majestätisch bis zum Horizont; ein beständiger Windhauch kräuselte seine Oberfläche, fachte zarte Staubschleier zu grazilen Tänzen an und zauberte filigranartige Rillenmuster auf die Wüste. Im Vordergrund wurde das Sandmeer von graugrünen Streifen und hellgrünen Inseln unterbrochen, die sich nach und nach verdichteten und schließlich den Sand selbst in die Inselposition drängten. Dort aber, wo die Wüste endgültig dem grünen Teppich wich, blinkte die tiefblaue Oberfläche eines kleinen, kreisrunden Sees wie ein lockendes Nymphenauge.
    Lester stieß einen Jubelruf aus und steuerte die Schildkröte den Abhang hinunter. Am Seeufer machte er halt. Ohne Zögern entledigte er sich seines Waffengürtels und der leichten Jacke. Dann stieg er ins Freie. Tief einatmend ließ er sich den warmen Wind durch den dunkelblonden Haarschopf wehen und beobachtete entrückt die hinter seidenzarten Staubschleiern versinkende, blutrot aufglühende Sonne. Schnell war er völlig entkleidet, stieg ins seichte Uferwasser, kühlte sich ab und tauchte mit einem Kopfsprung in die Flut.
    Lester war ein guter Taucher. Er schwamm so steil wie möglich hinunter, um kälteres Wasser zu finden. Tatsächlich spürte er bald eine kalte Strömung auf – eine aus den Tiefen Spottys heraufsteigende Quelle. Erfrischt schoß er wieder an die Oberfläche, schüttelte das Wasser aus den Ohren und begann zum anderen Ufer zu kraulen.
    Unter solchen Umständen war es nicht verwunderlich, daß er vor Verblüffung wie ein Stein absackte, als plötzlich jemand laut „Hallo“ rief. Nachdem Lester wieder aufgetaucht war und das verschluckte Wasser ausgespien hatte, blickte er sich suchend um. Am gegenüberliegenden Ufer stand eine Gestalt und winkte heftig mit den Armen. Lester kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, weil die Dunkelheit jetzt schnell hereinbrach.
    Das war ein Mensch!
    Lester kroch ans Ufer. Um ihn herum schien sich alles zu drehen. Er merkte, wie ein bohrender Schmerz aus dem Unterbewußtsein in sein Bewußtsein drang. Dann hörte der Schmerz auf, und plötzlich war es Lester, als hätte man einen Schleier vor seinem Bewußtsein weggezogen. Er konnte wieder klar denken. Er wußte, daß er sich auf dem Planeten Spotty befand, er wußte, daß er eine Aufgabe hatte: Mac Clintock zu suchen! Und er wußte im gleichen Augenblick, daß Mac Clintock vor ihm stand!
    Diese Erkenntnis riß ihn schneller hoch, als er es nach allem, was vorher auf ihn eingestürzt war, vertragen konnte. Um seine Körperbeherrschung kämpfend, taumelte er auf Mac Clintock zu und packte ihn an den Jackenaufschlägen.
    Aber das bekam ihm schlecht.
    Lester erhielt einen so heftigen Stoß vor die Brust, daß er zurückflog. Er fühlte zerreißenden Stoff in seinen Händen, dann schlug das Wasser über ihm zusammen.
    Prustend, hustend und spuckend kam Lester wieder an die Oberfläche. Seine Augen suchten Mac Clintock – und fanden einen Strauß Glücksklee, der zusammen mit einem khakifarbenen Stoffetzen auf dem Wasser schaukelte. Einen Herzschlag lang erstarrte Lester. An seinem geistigen Auge zog alles das vorüber, was sich seit seinem Aufbruch von Mac Clintocks Kangaroo an rätselhaften Begebenheiten ereignet hatte. Jetzt glaubte er sich der Lösung nahe.
    Unverkennbares Brummen, Klirren und Rasseln riß ihn aus seinen Gedanken. Mit wildem Schwung zog Lester sich die niedrige Uferböschung hinauf und lief in die Dunkelheit. Der See hatte nur etwa sechzig Meter Durchmesser, man konnte die andere Seite schneller erreichen, wenn man herumlief, als wenn man ihn durchschwamm. Lester rannte am Ufer entlang. Den Halteplatz der Schildkröte konnte er nicht verfehlen; und die beiden Monde Spottys, die soeben am Nachthimmel aufgingen, spendeten genug Licht, um zu erkennen, was er bereits geahnt hatte.
    Das Fahrzeug war weg!
    Lester bückte den Hügel hinauf. Der größte Mond stand so tief, daß Lester vor seiner großen gelben Scheibe deutlich den sich schwarz abhebenden buckligen Schatten erkennen konnte: seine Schildkröte, die den Hügel überquerte. Seinen Leichtsinn verdammend, zog Lester Hemd und Hose an, die im Gras lagen und

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