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Tschick (German Edition)

Tschick (German Edition)

Titel: Tschick (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Herrndorf
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kawock. Hier wohnst du? Hey, ist das Flickzeug? Wie geil ist das denn, gib mal her.»
    Ich hatte keine Lust auf Diskussionen. Darum gab ich ihm das ganze Werkzeug und sagte, er solle es einfach hinterher wieder da hintun. Ich hätte keine Zeit, ich müsste weg. Dann ging ich sofort ins Haus und lauschte noch eine Weile durch die geschlossene Tür, ob draußen was passierte, ob er vielleicht mit dem Werkzeug abhaute, und schließlich legte ich mich wieder in mein Zimmer und versuchte, an irgendwas anderes zu denken. Aber das war nicht so leicht. Unten war die ganze Zeit Werkzeuggeklapper zu hören, ein Rasen wurde gemäht, und jemand sang auf Russisch. Sang schlecht auf Russisch. Und als es endlich ruhig geworden war ums Haus, beunruhigte mich das noch mehr. Ich schaute aus dem Fenster und sah, wie jemand durch unseren Garten lief. Tschick spazierte einmal ganz um den Swimmingpool herum, blieb kopfschüttelnd an der Aluleiter stehen und kratzte sich mit einem Schraubenschlüssel am Rücken. Ich machte das Fenster auf.
    «Geiler Pool!», rief Tschick und strahlte zu mir hoch.
    «Ja, geiler Pool. Geile Jacke, geiler Pool. Und jetzt?»
    Er blieb einfach da stehen. Also ging ich runter, und wir unterhielten uns ein bisschen. Tschick war ohne Ende begeistert von dem Pool, er wollte wissen, womit mein Vater sein Geld verdiente, und ich erklärte es ihm, und dann wollte ich von ihm wissen, wie er diesem Ford-Typen mit drei Sätzen den Stecker gezogen hatte, und er zuckte die Schultern. «Russenmafia.» Er grinste, und spätestens da wusste ich, dass es mit Mafia nichts zu tun hatte. Ich kriegte aber auch nicht raus, womit es was zu tun hatte, obwohl ich es noch eine Weile versuchte. Wir redeten nur so rum, und am Ende kam es, wie es kommen musste, und wir landeten vor der PlayStation und spielten GTA. Das kannte Tschick noch nicht, und wir waren nicht sehr erfolgreich, aber ich dachte: Immer noch besser als schreiend in der Ecke liegen.
    «Und du bist wirklich nicht sitzengeblieben?», fragte er irgendwann. «Ich meine, hast du denn jetzt reingeguckt? Das versteh ich nicht. Du hast Ferien, Mann, du fährst wahrscheinlich in Urlaub, du kannst auf diese Party, und du hast ein herrliches –»
    «Auf welche Party?»
    «Gehst du nicht zu Tatjana?»
    «Nee, kein Bock.»
    «Im Ernst?»
    «Ich hab morgen schon was anderes vor», sagte ich und drückte hektisch auf dem Dreieck rum. «Außerdem bin ich nicht eingeladen.»
    «Du bist nicht eingeladen? Ist ja krass. Ich dachte, ich bin der Einzige.»
    «Ist doch eh langweilig», sagte ich und fuhr mit dem Tanklaster ein paar Leute um.
    «Ja, für Schwule vielleicht. Aber für Leute wie mich, die noch im Saft stehen, ist diese Party ein must . Simla ist da. Und Natalie. Und Laura und Corinna und Sarah. Nicht zu vergessen Tatjana. Und Mia. Und Fadile und Cathy und Kimberley. Und die ultrasüße Jennifer. Und die Blonde aus der 8a. Und ihre Schwester. Und Melanie.»
    «Ah», sagte ich und schaute deprimiert auf den Fernseher. Auch Tschick schaute deprimiert auf den Fernseher.
    «Lass mich mal den Hubschrauber», sagte er, und ich gab ihm den Controller, und dann redeten wir nicht weiter davon.
    Als Tschick schließlich nach Hause fuhr, war es schon fast Mitternacht. Ich hörte das Fahrrad Richtung Weidengasse davonquietschen, und dann stand ich eine Weile allein vor unserem Haus in der Nacht, über mir die Sterne. Und das war das Beste an diesem Tag: dass er endlich zu Ende war.

15
    Am nächsten Morgen ging es etwas besser. Ich wachte so früh auf wie an jedem Schultag, das ließ sich leider nicht abstellen. Aber die Stille im Haus machte mir gleich klar: Ich bin allein, es sind Sommerferien, das Haus gehört mir, und ich kann machen, was ich will.
    Ich schleppte als Erstes meine CDs runter und drehte die Anlage im Wohnzimmer voll auf. White Stripes. Dann die Terrassentür auf, dann an den Pool gelegt mit drei Tüten Chips und Cola und meinem Lieblingsbuch, und ich versuchte, die ganze Scheiße zu vergessen.
    Obwohl es noch früh war, hatten wir mindestens dreißig Grad im Schatten. Ich hängte die Füße ins Wasser, und Graf Luckner sprach zu mir. Das ist nämlich mein Lieblingsbuch: Graf Luckner. Hatte ich mindestens schon dreimal gelesen, aber ich dachte, ein viertes Mal kann nicht schaden. Wenn einer so drauf ist wie der Graf, kann man das auch fünfmal lesen. Oder zehnmal. Graf Luckner ist Pirat im Ersten Weltkrieg und versenkt einen Engländer nach dem anderen. Und zwar

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