Tschoklet
durchschlagen! Ich habe vorhin keinen einzigen Schuss gehört! Holen Sie Jonas und Piece, wenn sie fertig sind, außerdem noch Private Boone. Die sollen die drei Zivilisten begraben. Tote Kinder kann man nicht einfach liegen lassen! Dann legen wir unsere beiden Freunde hier auf die Ladefläche, machen vorher die Zeltplane von Preston drunter und sehen zu, dass wir von hier wegkommen. Wir haben schon genug Zeit verloren. Hucky bleibt am MG und passt auf. Geben Sie ihm mein Fernglas. Und sorgen Sie dafür, dass Boone endlich aufhört zu heulen! Das ist ja nicht zum Aushalten! Boone, Schnauze halten!«
Private Stanley R. Boone war ein Riese von einem Mann, knapp eins neunzig groß, über hundertzwanzig Kilo schwer und eigentlich durch nichts aus der Ruhe zu bringen. ›Bull‹ wurde er von seinen Kameraden nur genannt.
Doch jetzt schaute er Edwards wie ein scheues Reh an. Er war nicht wiederzuerkennen. Glich einem Kind, das sein Spielzeugauto verloren hat. Er saß wimmernd auf der Ladefläche des Dodge, direkt neben dem toten Funker, hatte keinen Helm auf und sein zerzaustes, blondes Haar klebte verschwitzt an seinem runden Kopf. Außerdem zitterte er wie ein kleines Vögelchen beim ersten Ausflug. Rotz lief ihm aus der Nase.
»Joe? Eugene?«, flüsterte er mit zitternder Stimme. »Wer hat sie denn totgemacht, Mr. Edwards? Sir, ich will nicht nach Karlsruhe. Da wird man ja erschossen. Mr Edwards, Sir, ich will nicht erschossen werden! Die haben schon Joe und Eugene auf dem Gewissen. Bin ich der Nächste? Ich will nicht mehr hier im Dodge sitzen, Sir, lassen Sie uns bitte zurückfahren!« Der Dicke putzte sich schniefend seine laufende Nase am Uniformärmel ab, wo eine lange, nass glänzende Spur zurückblieb. Wie ein müdes Baby rieb er sich mit seinen bratpfannengroßen Händen die feuchten Augen.
Der Offizier starrte den um einen Kopf größeren Private voller Verachtung an. Seine Augenlider flatterten und die Kiefermuskulatur zuckte ununterbrochen. Dann holte er tief Luft und brüllte: »Wenn Sie sich jetzt nicht zusammenreißen, gibt’s hier gleich ein Donnerwetter, Boone! Sie demoralisieren die Truppe! Steigen Sie aus dem verdammten Dodge aus und ziehen Sie sich mal richtig an! Wo ist Ihr Helm, Soldat? Herr Gott, bin ich hier von einem Kindergarten umgeben? Joey, reden Sie mit Boone, sonst verliere ich meine Beherrschung!« Edwards lief kopfschüttelnd zurück zur Halbkette und ließ die beiden allein.
Vickers machte einen Schritt auf die offene Heckklappe zu und zischte zu Boone hoch: »Wenn Sie nicht in zwei Minuten fertig sind und wieder wie ein Soldat aussehen, gehen Sie den Rest des Weges zu Fuß! Merken Sie sich das!«
Boone nickte schweigend, rollte seine Masse von der Ladefläche herunter und stopfte sich umständlich das heraushängende, grüne Hemd in die Hose. Dann drehte er sich zurück zum Dodge, griff im Fußraum nach seinem Helm und murmelte: »Du Arschloch kannst mich mal gerne haben, bei der nächsten Gelegenheit haue ich dich um!«
»Das habe ich gehört, Boone!« Der Sergeant starrte den Riesen grimmig von unten an. »Machen Sie sich in Schwetzingen auf was gefasst! Hier habe ich jetzt keine Zeit für so was! Los, bewegen Sie Ihren Hintern! Holen Sie sich eine Schaufel und buddeln Sie drei Löcher, um die Zivilisten zu begraben! Asap {3} , Private!«
Vickers drehte sich auf den Hacken um und lief zurück zur M3. Im Vorbeilaufen klopfte er wütend mit den Fingerknöcheln an das Ersatzrad des Dodge, welches auf dem Fahrertrittbrett befestigt war und den Fahrer dadurch zwang, auf der Beifahrerseite ein- und auszusteigen. »In der nächsten Stadt schmeiße ich ihn aus dem Team«, dachte er sich. Kopfschüttelnd lief er zu Edwards, der sich gerade mit den Privates Jonas und Piece unterhielt.
»Haben Sie etwas gefunden? Worauf haben Sie geschossen?«
»In dem Busch hat sich was bewegt«, antwortete Jonas und schulterte die Maschinenpistole theatralisch.
»Es hätte aber auch ein Hase sein können«, setzte Piece drauf und bekam sofort einen Rempler von der Seite.
»Ich habe nichts finden können, der Boden war zu nass.«
»Okay. Gut, Jonas. Lassen wir das. Schade um die Kameraden Preston und Miller. Wir fahren weiter, wenn Sie sie aufgeladen haben. Boone hilft Ihnen beim Begraben der Zivilisten. Halten auch Sie die Augen offen!«
Vickers hatte kurz Gelegenheit, sich noch einmal das zerschossene Funkgerät anzuschauen. Nachdem er es von der Stromversorgung getrennt hatte, goss er zur
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