Tschoklet
Reinigung etwas Wasser darüber. Er nahm vorsichtig und angeekelt die blutige Frontplatte ab und fand darunter das zerdrückte Projektil, ausgerechnet in einer von lackierten Kupferdrähten umwickelten Spule des Senders. Die beiden gläsernen Verstärkerröhren rechts und links der Spule waren unversehrt. Da diese Glasröhren bei der US-Armee in Deutschland als Mangelware geführt wurden, vermied Vickers es, das Geschoss mit dem Bordwerkzeug aus der Spule herauszulösen. Er hätte jedoch schwören können, dass es amerikanischen Ursprungs war. Diesen Gedanken behielt er aber für sich. Die Emotionen waren schon genug hochgekocht, da wollte er nicht mit dem Killer aus den eigenen Reihen in die Diskussion platzen. Vickers wollte noch etwas abwarten und mehr Informationen sammeln.
Edwards hatte sich gleich darauf neben ihm in den Beifahrersitz geworfen, hatte die Karten und die Luftaufnahmen des Luftbildkommandos aus der Ledertasche gezogen und alles ausgebreitet. Vickers musste mit der linken Hand lenken und mit der Rechten eine große Karte festhalten. Als sie dann südlich von Suebenheim zur Überquerung der Reichsautobahn anhalten mussten, stieg er kurz aus der M3 aus, lief zur zerstörten Funkanlage des Dodge zurück, nahm zwei Magneten aus der zur Funkanlage gehörigen Werkzeugkiste heraus und steckte sie ein. Anschließend rannte er zurück zu seinem im Leerlauf tuckernden Fahrzeug, stieg wieder ein und überreichte dem verdutzten Edwards die beiden schwarzen Plättchen.
»Bitte schön, Sir, damit können Sie Ihre Pläne an die Stahlplatte hinter Ihnen heften. Das sind Magnete! Mir ist nämlich inzwischen der rechte Arm eingeschlafen.«
Die Deutschen hatten auch diese Brücke über die Autobahn bei ihrem Rückzug gesprengt. Große Betonbrocken und verformte Stahlteile lagen auf beiden Fahrbahnen herum, das meiste davon war beiseite geräumt worden. Behelfsmäßig führte man die Straße beidseitig von oben nach rechts die Böschung hinunter und man musste nun den fließenden Verkehr auf den beiden Betonpisten beachten. Die Behelfskreuzung war nicht ganz ungefährlich. Die Fahrbahn in Richtung Mannheim war übersät mit Ketten- und Kratzspuren von Panzern, Reifenabrieb und Ölflecken. Der breite Grünstreifen zwischen den Fahrbahnen war dicht mit Unkraut überwuchert, lediglich die Querungen im Kreuzungsbereich der zerstörten Brücke waren ausgefahren und lagen frei. Früher liefen die kilometerlangen Kriegsgefangenenkonvois ausschließlich auf diesen bewachsenen Mittelstreifen, um die Fahrbahnen für den Nachschub freihalten zu können.
»Geradeaus«, bemerkte Edwards, ohne von der Karte aufzusehen. Bevor sie jedoch weiterfahren konnten, kam von links ein schier endloser Konvoi, bestehend aus fast einhundert US-Mannschafts-Lastwagen mit johlenden, rauchenden und Bier trinkenden Soldaten darin, an ihnen vorbei. Gut, dass es früh morgens noch so dunstig war, so waren die Straßen nicht so staubig. Edwards hätte auch diese Autobahn benutzen können. Sie wären dann innerhalb von einigen Stunden in Karlsruhe gewesen, aber das Hauptquartier wollte Zustandsberichte von den Umgebungsstraßen und den kleineren Orten in der französischen Zone, keine Hauruck-Aktion. Da an den großen Auf- und Abfahrten der Autobahn auch Verkehrskontrollen waren und die Franzosen angeblich alle Fahrzeuge peinlich genau nach Wertgegenständen und allem Brauchbaren durchsuchten und vieles beschlagnahmten, wurde diese Hauptverkehrsverbindung ebenfalls gemieden.
Als sie die Kreuzung nach endlosem Warten auf freie Fahrt zur Überquerung hinter sich gelassen hatten, fuhren sie an dem ausgebrannten Sherman vorbei, den sie vorher von Weitem hatten sehen können. Ob die Besatzung auch winkend und johlend ausgestiegen war, als sie beschossen wurde?
Im Bereich der linken Kettenschürze konnte man den gut sichtbaren Einschuss erkennen. Den Fahrer hatte es vermutlich sofort erwischt, da dieser links saß. Durch die Wucht der Detonation war die komplette linke Kette abgerissen und davongeflogen, Teile dieser und der Stützrollen lagen im Straßengraben, die Panzerbesatzung wurde vermutlich im Fahrzeug gegrillt. Mit etwas Glück hatte der Panzerkommandant noch nach oben aussteigen können. Vickers hatte keine Lust, sich den Panzer von innen anzuschauen. Deshalb bremste er nur kurz ab, salutierte hinterm Lenkrad in Richtung Wrack und gab wieder Gas. Im Rückspiegel konnte er den Dodge sehen, die Kameraden salutierten auch, ohne
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