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Tschoklet

Titel: Tschoklet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Pflug
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Heidelberg hier gewesen und wollten Eier haben. Die hatten sie sofort genommen, aber ihnen helfen wollten sie dagegen nicht. Und vor vier Wochen hatte sie von Dollmanns Knecht Edgar eine Tracht Prügel bekommen, weil von den dreißig Eiern aus dem Hühnerstall vier Stück heruntergefallen waren. Sie hatte damals ein blaues Auge gehabt. Der Knecht hatte ihr an die Brüste gefasst und dreckig gelacht. Als sie sich wehrte, schlug er einfach zu. Christine war überzeugt, er würde ihr ständig auflauern. An den seltsamsten Stellen war sie ihm begegnet, hinter dem Abort, an der Kirche, im Hühnerstall und auf dem Weg zur Feldarbeit. Heute hatte sie noch Glück gehabt.
    Bis zu dem Zeitpunkt, als die Soldaten mit ihrem großen Panzerfahrzeug aus dem Wald gedonnert kamen und anhielten. Sie standen alle um die Motorhaube herum und unterhielten sich laut in einer ihr unbekannten Sprache. Plötzlich kam ein weiterer Soldat mit schwarzer Hautfarbe dazu, schrie die Soldaten an, woraufhin alle verstummten. Das war wohl der Vorgesetzte. Die Männer hatten eine Landkarte ausgebreitet und unterhielten sich leise. Als der Schwarze, der Chef, dann auf sie, Christine, deutete und sich alle zu ihr umdrehten, wurde ihr ganz übel. Ihre Beine drohten zu versagen und das Herz klopfte ihr laut bis zum Hals.
    Die Männer grinsten sie an, denn vermutlich hatten sie gerade erkannt, dass nicht alle Frauen auf dem Feld weit über sechzig Jahre alt waren.
    Der Schwarze redete weiter auf die anderen ein. Er hielt eine Zigarre in der Hand und trank nebenbei aus einer Wasserflasche.
    Was würde sie dafür geben, auch einen Schluck zu bekommen. Heute Morgen in der Hektik hatte sie vergessen, Wasser mitzunehmen. Jetzt stand sie nur da, ihr ausgedörrter Hals schmerzte, ihr war schrecklich übel und die Mittagssonne brannte erbarmungslos. Als der groß gewachsene Schwarze ein paar Schritte auf sie zumachte und die anderen Soldaten ihm folgten, machte ihr Kreislauf ganz schlapp und sie fiel zu Boden. Die anderen Frauen waren vor Schreck wie erstarrt.
    Roebuck hatte gerade zu Letchus rufen wollen, dass er das Mädchen nicht erschrecken solle, da fiel die Kleine auf einmal um.
    Sie hatte die ganze Zeit nur dagestanden und sie entsetzt angestarrt. Roebuck sprang schnell zu der jungen Frau hin, um nach dem Rechten zu sehen. Sie war schlank und gut gebaut, unter dem Pullover konnte er ihren Körper nur erahnen. Ihr Gesicht war staubig von der Arbeit und ihre Lippen waren ganz vertrocknet und aufgerissen von der flirrend heißen Luft über dem Spargelfeld.
    »Letchus, gib mir mal deine Wasserflasche!«
    Der Funker hatte sich neben Roebuck auf den Boden gekniet, die umstehenden Spargelstecherinnen standen wie angewurzelt auf dem Feld. Keine hatte bisher auch nur eine einzige Reaktion gezeigt. Er übergab seine geöffnete Flasche, während Roebuck den Oberkörper des Mädchens wieder halb aufrichtete. Dabei rutschte das Kopftuch herunter und gab den Blick auf den kurzen Blondschopf frei.
    Roebuck bekam Herzrasen, als er die Haarpracht sah und die Wasserflasche vorsichtig der leblosen Frau an die Lippen hielt. Seine Hände zitterten sichtbar. Plötzlich kam das Mädchen wieder zu sich und zwei blaue Augen starrten den Corporal entsetzt an. Sie schlug die Wasserflasche mit der Hand beiseite und versuchte, sich aufzurichten. Als dies fehlschlug, begann sie rückwärts wie eine Katze davonzuspringen, stolperte über ihre eigenen Füße und fiel wieder hin. Zusammengekauert hockte sie auf dem Boden und weinte. Sie stammelte etwas für die Amerikaner Unverständliches und Roebuck konnte nur ein »Bitte nicht!« verstehen. Beschwichtigend bewegte er seine Hände auf und ab und sagte immer wieder: »Nein, nein, nicht weinen, Blondie, nicht weinen!«
    Dann tat er das einzig Richtige, er deutete den anderen, sich auf den Boden zu setzen. Letchus, Vickers und Jonas ließen sich auf den Spargelwällen rechts und links von ihnen nieder, Roebuck zog eine neue Zigarette aus seiner Packung und hielt sie der jungen Frau hin. »Want to smoke – Willst du rauchen?« Sie griff erst etwas zögernd, dann flink nach der Zigarette und verbarg sie sofort in ihrer Hand. Letchus grinste, hob die Wasserflasche vom Boden auf und leerte den verbliebenen Rest auf den Wall neben sich. Das Wasser versickerte sofort in dem warmen Sand. Roebuck zündete sich die Lucky Strike an und hielt der Frau das brennende Streichholz hin, doch diese schüttelte nur den Kopf.
    Er unternahm einen neuen

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