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Tschoklet

Titel: Tschoklet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Pflug
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etwas von Frauen und Maschinengewehr verstanden. Sie können doch französisch! Raus damit!«
    »Die Franzosen machen krumme Geschäfte mit dem Bauern Dollmann und handeln mit gebrauchten Kriegswaffen, dafür bekommen sie vom Knecht Frauen zugespielt. Die können sie dann vergewaltigen. Diese Waffen bezahlt er mit Geld, Wein und Lebensmitteln, glaube ich.«
    »Aber hier ist doch amerikanische Zone!«
    »Scheinbar interessiert die Frenchys das nicht.«
    »Das ist ein ernstes Problem. Wir haben allerdings nicht viel Zeit. In spätestens fünf Tagen sollen wir in Karlsruhe sein. Private Boone hat uns ein Päckchen geschnürt. Er hat in seinem Notizbuch alles aufgelistet, was seiner Meinung nach von uns, besonders von Corporal Jonas, falsch gemacht oder gesetzwidrig durchgeführt wurde. Diese Informationen hat er anonym an die US-Militärpolizei in Mannheim weitergegeben. Der dortige Major hat die Anschuldigungen gegen uns bestätigt. Außerdem wurde mir mitgeteilt, dass durch mein Vorgehen in Mannheim bei dem Vorfall mit dem Diebstahl in der Zwangsarbeiterunterkunft der diensthabende Unteroffizier der MP, Sergeant Harrison, verhaftet und degradiert wurde. Ich hatte ihn ja auf frischer Tat ertappt. Seit diesem Tag ist der Mann spurlos verschwunden.
    Der Major ist der Meinung, dass der Deserteur nun versucht, sich an uns, speziell an mir, zu rächen. Master Sergeant Wilson hat zudem herausgefunden, dass ein Spezialgewehr der US Marines fehlt, der Scharfschütze, der vor vier Wochen das Gewehr bekam, ist plötzlich auch wie vom Erdboden verschluckt und meldet sich nicht mehr.«
    »Dann ist der Typ, der auf uns schießt oder Fallen stellt, also der degradierte Militärpolizist?«, wollte Roebuck wissen.
    »Ja, das nehme ich an. Also, ab sofort stark erhöhte Aufmerksamkeit für alle! Wir werden zukünftig nur noch die Seitenstraßen nehmen und fahren hier weiter. Falls er uns bei Hockenheim auflauert, wartet er vergeblich. Wenn euch der Knecht über den Weg läuft, nicht beachten, gleich mir Bescheid sagen. Wenn er bewaffnet ist oder auf uns schießt, habt ihr Erlaubnis zur Durchsetzung des Waffenstillstands, notfalls mit Waffengewalt. Sollte er sich weigern, die Waffen abzugeben, droht ihm Schusswaffengebrauch an oder nehmt ihn fest. Heute Nacht doppelte Wachposten mit Maschinenpistolen. Jungs, der Thron des Königs wackelt bedenklich.«
    Die Soldaten nickten zustimmend zu der Ansprache des Captains und wandten sich zurück zu den Fahrzeugen. Edwards zog Corporal Roebuck noch kurz zur Seite. »Roebuck, sagen Sie der Frau, dass wir die Einladung nicht annehmen wollen. Wir bleiben bei unseren Fahrzeugen. Ich habe keine Lust, den ganzen Kram auszuladen oder wir müssen eine zusätzliche Wache abstellen. Sagen Sie ihr, wir essen und schlafen bei unseren Fahrzeugen. Ende.«
    Der Corporal stöhnte innerlich. Wie sollte er Christine das alles klarmachen? Hätte der Captain nicht selbst etwas zu ihr sagen können? Er trat auf das Mädchen zu und lächelte. Als sie sich erhob und ihn ansah, durchfuhr es ihn wie ein Blitz. Er sah ihr tief in die blauen Augen, konnte daraufhin nur noch verwirrt dastehen und ein paar Wortfetzen in Englisch stammeln. Nachdem er sich wieder etwas gefangen hatte, fing er an zu erklären, ruderte mit den Armen, gestikulierte und malte mit einem Stöckchen Skizzen auf den Sandboden. Von hinten aus der Richtung der Lastwagen hörte er seine Kameraden über ihn lachen. Sie imitierten ihn und zogen ihn auf.
    Roebuck war nach zehn Minuten Erklärungsversuchen schweißgebadet. Christine lachte ihn schief an und nickte. Ihre linke Gesichtshälfte war inzwischen dunkelrot angeschwollen, unter dem Auge zeigte sich ein blutunterlaufener Ring. Sie hatte es so verstanden, dass die Soldaten mit ihren Fahrzeugen nach Ketsch fahren und dort essen würden. Sie hatte Roebuck angeboten, auf der Wiese neben dem Pfarrhaus zu lagern. Der Stiefvater würde zum Abendessen in den Garten kommen.
    Roebuck hatte dem Mädchen auch noch klarmachen können, dass man sie mit dem Spargel nach Ketsch mitnehmen würde, was alle sehr freute. Die älteren Frauen trugen gleich sämtliche prall gefüllten Körbe zu der Halbkette, wo sie Hucky mit einem Fragezeichen im Gesicht entgegennahm und auf der Ladefläche verstaute.
    Corporal Roebuck kramte aus seiner rechten Beintasche das grüne Dreieckstuch heraus, ließ etwas Wasser aus der Trinkflasche darüberlaufen und gab es Christine. Er machte vor ihr eine Bewegung für Gesicht abwischen.

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