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Tschoklet

Titel: Tschoklet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Pflug
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Augen? Wenn hier wieder Ruhe ist, wirst du mich eines Tages heiraten! Vergiss das nicht!«
    Dann versetzte er ihr einen Schlag auf den Hintern und schob sie beiseite. Christine hob weinend das Messer und das Reibebrett auf, ihre Nase blutete und sie begann gleich wieder mit der Arbeit. Das heruntertropfende Blut wischte sie umständlich mit der Unterseite ihres übergroßen Pulloverärmels ab.
    »Niemals!«, flüsterte sie weinend. »Niemals werde ich dich heiraten! Lieber sterbe ich!«
    Mit akzentfreiem Französisch sprach der Reiter die Soldaten an: »Wir haben Sie noch nicht so früh erwartet. Ich habe noch nicht genug Geld zusammen, um die Waffen zu bezahlen. Ich will morgen noch mal ein paar Frauen aus Neudorf zu Ihnen bringen lassen. Sie wissen ja, es muss nach Vergewaltigung aussehen. Wir treffen uns wie immer an der gleichen Stelle.«
    Letchus staunte nicht schlecht, was er da zu hören bekam. Dann entgegnete er mit gespielter Kälte: »Wir sind neu zu der Einheit dazugekommen. Sie möchten noch mehr Waffen haben? Wir haben auch noch amerikanisches Waschpulver bekommen, besser als alles andere.«
    »Waschpulver? Ich brauche Munition, noch einige Kisten Handgranaten und zwei deutsche Maschinengewehre. Ihr Chef erzählte mir etwas von Dynamit. Das will ich auch haben! Was zum Teufel soll ich denn mit Waschpulver anfangen?«
    »Schauen Sie sich doch mal hier um, alles dreckig und verlaust!«
    Der ungepflegte Reiter packte Christine hinten am Pullover und zerrte sie grob und rücksichtslos rückwärts zu sich heran und presste sie dann an sich. »Stimmt, einige könnten etwas Seife vertragen!« Der Knecht lachte schallend. Die junge Frau wehrte sich gegen den festen Griff, doch er ließ nicht locker. »Ich habe ihr die Haare geschnitten, als sie sich neulich geziert hat. Nur Ungeziefer!« Er stieß sie wieder davon, dass sie auf den Boden stürzte. »Ich weiß Bescheid! Ich und der senile Bauer, wir sind die Könige hier im Dorf! Das blöde Gesindel hier hat keine Ahnung, was passiert. Sie liefern mir die Waffen, ich liefere Ihnen Frauen, Wein und alles Weitere.« Er stieg wieder auf sein Pferd. »Adieu, meine Herren! Bis morgen!«, rief er und galoppierte davon.
    Die Soldaten standen sprachlos da, von hinten von den Fahrzeugen näherte sich Captain Edwards. Er stieg mit großen Schritten über einige Spargelwälle hinüber und gesellte sich zu seinen Untergebenen. Wortlos zündete er sich eine Zigarette an und paffte den Rauch in den Himmel.
    »Das ist der Hammer, was Boone sich in seinem Notizbuch …«
    Er bemerkte die junge Frau, die weinend mit Nasenbluten auf dem Boden saß. Roebuck hatte ihr nun seine eigene Wasserflasche gegeben, damit sie sich etwas erholen konnte. Dankbar blickte sie zu ihm auf und lächelte.
    »Hat sie einen Hitzschlag?«
    Roebuck sah seinen Vorgesetzten erstaunt an.
    »Wieso Hitzschlag? Der Typ mit dem Pferd hat sie gerade vor unseren Augen zusammengeschlagen!«
    »Bei Hitzschlag kann man auch Nasenbluten bekommen.«
    Edwards beugte sich zu der jungen Frau hinunter. »Lady, alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte er in brüchigem Deutsch.
    Christine blickte zu dem Offizier auf und lächelte kurz. Ihr Gesicht war vom Ackerstaub verschmutzt, das Blut war an den Wangen verschmiert und getrocknet und das linke Auge war leicht angeschwollen.
    »Sie sprechen deutsch?«
    »Ja, Fraulein, ein wenig. Meine Vorfahren kamen aus der Nähe von Bielefeld. Wieso hat der Mann Sie geschlagen?«
    »Weil er glaubt, mich besitzen zu können. Er versucht, mir seine Liebe aufzudrängen. Wenn er nicht bekommt, was er will, schlägt er mich.«
    »Wer ist das?«
    »Der Knecht Edgar vom Bauern Dollmann. Ihm gehören hier inzwischen fast alle Felder rund um Ketsch.«
    »Catch?«
    Roebuck meldete sich zu Wort. »Sie hat vorhin auch irgendwas mit ›fangen‹ erwähnt, Sir. Ich weiß nicht, was sie meint.«
    »Was ist Catch, Lady?«
    »Sie meinen Ketsch?« Mit dem Finger malte sie das Wort auf den Sandboden.
    Roebuck schlug sich mit der flachen Hand vor den Kopf. »Der Ort heißt Ketsch! Sie meinte nicht ›catch‹!«
    Christine wischte sich wieder über das staubige Gesicht.
    »Ja, nach Hockenheim hätten Sie vor dem Wald links abbiegen müssen. Sie sind jetzt hier und müssen heute Abend mit uns essen. Mein Stiefvater hat bestimmt nichts dagegen.«
    »Ist Ihr Stiefvater ein wichtiger Mann hier?«
    »Ja, er ist der Dorfpfarrer.«
    »Noch mal zurück zu dem Reiter. Letchus, was hat er Ihnen erzählt? Ich habe nur

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