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Tschoklet

Titel: Tschoklet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Pflug
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unterhielt sich währenddessen noch mal mit Edwards und Letchus.
    Als man sich zum Abschied freundlich die Hände schüttelte und die beiden Soldaten in ihre Fahrzeuge stiegen, winkte er traurig hinterher. Seine Tochter hatte sich kurz zuvor von ihm verabschiedet, versprach ihm aber, bald wieder zurück zu sein.
    Wenige Minuten nach der Abfahrt hatten die Amerikaner das Ortsschild von Ketsch hinter sich gelassen und fuhren zwischen Spargel- und noch grünen Getreidefeldern in Richtung Hockenheim. Sie kamen an diversen Fahrzeugwracks der Deutschen Wehrmacht und einigen Panzern vorbei, die meist ausgebrannt oder schrottreif in den Straßengräben lagen. Unterwegs sahen sie auch französische Lastwagen, zerstörte Karren und die Reste einer von Einschüssen durchsiebten Horch-Limousine der Zivilbevölkerung. Hier hatten wohl noch heftige Kämpfe stattgefunden, denn die Straßen und Wege kurz vor Hockenheim-Talhaus waren übersät mit Bombentrichtern und Bauruinen.
    Kurz vor dem Ortseingang fuhren sie unter einer riesigen, knorrigen Eiche hindurch, deren unterste Äste bis weit auf die Straße hinausreichten und ihr schützendes Blätterdach grandiose Schatten warf. Hinter dem Baum lag ein genauso uriger, efeubewachsener Gasthof, der einige Kriegsschäden aufwies. Die Fensterläden hingen schief in den Angeln und die Öffnungen waren zum größten Teil mit Brettern zugenagelt.
    Am Straßenrand lag das ausgebrannte Gerippe einer Mustang, die einige Tage vor Kriegsende auf der Straße notgelandet war. Aus Sicherheitsgründen und wegen der noch scharfen Munition an Bord hatten die Anwohner das Flugzeugwrack kurzerhand einfach angezündet.
    Nach ein paar Kilometern ließ Edwards die Fahrzeuge nach Neulußheim abbiegen. Dann passierten sie das unübersehbare hölzerne Grenzschild der Zonengrenze. Große, schwarze Blockbuchstaben auf weiß gestrichenem Grund mahnten den Passierenden:
     
    YOU ARE LEAVING THE
    AMERICAN ZONE
     
     
    VOUS SORTEZ DE LA
    ZONE AMÉRICAINE
     
    SIE VERLASSEN DIE AMERIKANISCHE ZONE
     
    Edwards hob seinen Zeigefinger und sprach die Männer in dem Fahrzeug an, ohne sie dabei anzuschauen: »Jungs, jetzt sind wir bei den Frenchys angekommen. Ab hier wird’s interessant.«
    Als am Horizont schon die ersten Häuser in Sicht gekommen waren, wurden die zwei Fahrzeuge der Scouts plötzlich von einem schwarzen Renault mit französischem Kennzeichen überholt und eine Haltekelle aus dem Beifahrerfenster geschwenkt. Kaum angehalten, sprangen zwei fremdartig wirkende Soldaten mit Maschinenpistolen heraus und zielten mit ihren Waffen auf die Amerikaner. Ein dritter Mann, mit dicker Nickelbrille, dunklem Nadelstreifenanzug und passendem Hut gekleidet, stieg kurz danach aus dem Fond des Wagens aus, dessen Türen sich seltsamerweise nach vorne öffneten. Er begrüßte sie unfreundlich in einem schnarrenden Französisch-Englisch-Gemisch. Vickers hatte den Sichtschutz der Fahrertür geöffnet, um einen Blick auf die drei Gestalten zu werfen und sich eine Zigarette anzuzünden. Der mürrische Blick der Franzosen ließ ihn den Motor ausschalten. Edwards kletterte aus der Halbkette, während Letchus schon vom Dodge heraneilte. Die beiden grüßten den Franzosen kurz.
    Der Fremde im Anzug lüftete kurz seinen Hut. »Bonjour, meine Herren, darf ich fragen, wohin Sie möchten?«
    Letchus nickte kurz dem Captain zu und erwiderte in bestem Französisch: »Guten Tag, meine Herren. Wir sind eine Scout-Abordnung der Siebten US-Armee und auf dem Weg nach Karlsruhe.«
    »Was möchten Sie in Karlsruhe? Können wir Ihre Passierscheine sehen?«
    »Wir haben ein Schreiben von der Alliierten Militärregierung, dass wir uns ungehindert in der französischen Zone bewegen dürfen.«
    »So? Darf ich das mal sehen?«
    Letchus sah den Captain an. »Die Leute wollen das Dokument aus Frankfurt sehen.«
    »Den Passierschein?«
    »Nein, das Schreiben von General Patton und Lattre de Tassigny.« Edwards öffnete die Ledertasche und zog das bräunliche, sauber zusammengefaltete Dokument heraus. Dann überreichte er es lächelnd dem Franzosen. Dieser blickte mürrisch auf das Schreiben, faltete es umständlich auf, zwischendurch musterte er noch einmal Letchus und die anderen Soldaten.
    Während er las, wiederholte er murmelnd einige Textpassagen und wiegte bedächtig den Kopf hin und her. Nach endlosen Minuten sah er wieder auf, faltete in Zeitlupe das Schreiben zusammen und gab es an Edwards zurück. Er verzog keine Miene.
    »Die Papiere sind in

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