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Tschoklet

Titel: Tschoklet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Pflug
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geküsst, nachdem er ihr Zigaretten und Kaffee geschenkt hatte. Vielleicht würde sie ihn auch mal küssen. Jonas seufzte. In letzter Zeit hatte er schon mal der einen oder anderen deutschen Frau hinterhergeschaut. So eine Blondine, mit nach hinten gebundenem Haar und einem geblümten Rock oder doch lieber eine Brünette, mit Brille und unschuldigem Blick? Leider war es gleich zu Beginn der Besatzung den US-Soldaten verboten worden, mit der deutschen Bevölkerung Kontakt aufzunehmen. Trotzdem und gerade weil es verboten war, hätte er gerne eine deutsche Freundin gehabt. Vielleicht würde sich etwas in Karlsruhe ergeben.
    Bevor er seine nächste Runde um den Platz antrat, lehnte er sich gegen den Dodge und zündete sich eine Zigarette an. Er bemerkte den Opa vom Vorabend, der wieder auf seiner Bank vor dem Haus saß und freundlich zu ihm rüberwinkte. Jonas nahm wieder den Karabiner über die Schulter und lief langsam zu dem Mann hin. Dieser deutete neben sich auf den freien Platz, aber Jonas schüttelte den Kopf. Er blieb lieber stehen, um den Überblick nicht zu verlieren.
    Der alte Mann beugte sich zu Jonas vor, räusperte sich kurz und sprach dann, wegen der fehlenden Zähne sehr undeutlich, Jonas auf Englisch an: »Ihr müscht den Knescht auschschalten. Erschiescht ihn oder fahrt ihn über den Haufen. Wenn isch noch könnte, würde isch dasch machen.«
    »Sie sprechen unsere Sprache?« Jonas sah den Mann erstaunt an.
    »Ja, mein Schohn, isch war bei den Tommysch 1918 bisch 1921 in Gefangenschaft. In einem Lager in Schüd Walesch. Dort habe isch esch gelernt. Und isch habe meine Frau getroffen.«
    »In Wales? Ihre Frau ist aus England?«
    »Nein, nein! Schie war auch dort in Gefangenschaft.«
    »Als Frau? Ich verstehe nicht.«
    »Schie hat damalsch in Frankreisch einen Tommy verprügelt, alsch er schie geschlagen hat. Dafür bekam schie Gefangenschaft. Neben unsch. Im Frauenlager.«
    »Wo ist denn Ihre Frau jetzt?«
    »Schie ischt vor acht Monaten in Karlschruhe umsch Leben gekommen, alsch schie eine Tante im Schtädtischen Krankenhausch beschuchen wollte. Schie schasch mit anderen in einem Luftschutschraum. Auschgerechnet diescher Block wurde von einer Luftmine komplett zerschtört. Isch glaube, schie muschte nischt leiden. Esch gab damalsch mehr alsch hundert Tote in dem Bunker.«
    Er wischte sich über die Augen. Sein Blick war in die Ferne gerichtet, ein Lächeln huschte über sein Gesicht.
    »Wir waren fünfundreischig Jahre glücklisch miteinander. Jetscht verschorgt misch Chrischtine. Schie ischt dasch Ebenbild meiner Frau.«
    »Aber Christine ist doch die Tochter des Pfarrers?«
    »Hören Schie, junger Mann, wir haben da etwasch an den Urkunden geändert. Meine Frau war Halbjüdin. Dasch bedeutete Kontschentratschionslager oder Verschleppung. Chrischtine ischt unschere Tochter und wir haben schie urkundlich tschur Pfarrerschtochter gemacht. Eigentlisch ischt schie von ihrer Tante aufgetschogen worden. Schie war in Schwetschingen Krankenschweschter. Tschu Oschtern war schie in Neuluschheim und wurde von dort ausch von den Frantschoschen nach Karlschruhe gebracht. Mein Frau wurde offitschiell die Frau desch Pfarrersch. Schie verschtehn?«
    Er lächelte schelmisch.
    »Der Pfarrer war nie verheiratet. Alsch schie geschtorben ischt, nahm schie ihr Geheimnisch mit insch Grab. Und esch hat beiden dasch Leben gerettet. Doch isch glaube, der Knescht hatte dasch irgendwie kurtsch nach Kriegschende herauschgefunden und unsch vor allen schikaniert. Er hat unsch erprescht um all unscher Geld. Und er hat schtändig Chrischtine unschittlisch angefascht. Chrischtine hatte lange, blonde Tschöpfe und diescher Mischtkerl hat schie ihr einfach scho abgeschnitten, weil schie nischt mit ihm die Nacht verbringen wollte. Dasch Mädschen hat drei Tage nur geweint. Wir konnten nischtsch machen. Gott schei Dank schind Schie jetscht gekommen!«
    Der Alte fing leise an zu weinen und schnäuzte sich in ein zerknittertes Taschentuch, welches er aus seinem zerschlissenen Jackenärmel zog.
    »Schie haben unsch dasch Leben gerettet!«
    Jonas stand betreten vor dem Alten und fühlte sich etwas deplatziert. Er zündete sich eine weitere Zigarette an und inhalierte tief, während er sich beiläufig umsah.
    »Tun Schie unsch einen Gefallen?«
    »Ja. Natürlich.«
    »Wenn Ihr Kamerad meine Chrischtine mitnehmen will nach Karlschruhe, so darf er dasch gerne. Isch habe schie scheit Jahren nischt mehr scho glücklisch geschehen. Schie läuft

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