Tschoklet
trug schwarze Gummistiefel mit Resten von Kuhmist daran und einen flach gedrückten Schlapphut mit einer rot-grünen Kordel um den Rand. Piece hatte das wirklich gut beobachtet.
»Ich wollte, dass Sie kurz anhalten!«
»Wieso denn?« Edwards bot ihm eine Zigarette an, die er strahlend annahm und sich gleich anzündete. Er sog den Rauch tief in seine Lungen und blies ihn hoch über die Köpfe der anderen, dabei huschte ein Lächeln über sein Gesicht.
»Seit Monaten habe ich schon keine Zigarette mehr in der Hand gehabt!«
»Warum haben Sie uns angehalten, Mister?«
»Entschuldigung, ich vergaß. Mein Name ist Josef Fleck. Kürzlich ist ein Militärpolizist mit einem Motorrad hier gewesen und hat die Leute nach zwei amerikanischen Fahrzeugen ausgefragt. Er erkundigte sich nach einem Lastwagen mit einer langen Antenne und einem Halbkettenfahrzeug mit großen weißen Sternen. Genau wie Ihres. Das war gestern Nachmittag.«
»Was hat er noch gesagt?«
»Nichts. Er war nur verärgert, denn niemand wusste etwas. Sie sind ja erst heute gekommen. Es war ein netter junger Mann. Er hatte aber einen seltsam verpackten Stock auf dem Rücken.«
»Einen Stock?«
»Ja. Es sah aus wie ein langer, dünner Stock und war in ein fleckiges Tuch eingewickelt. Vielleicht eine Angel.«
»Tarnflecken?«
»Hm, stimmt. Jetzt fällt es mir wieder ein. Es waren Tarnflecken. Hellgrün und braun.« Der Mann rieb sich das Kinn. »Seltsam.«
»Tschuinggamm?« Ein kleiner Junge drängte sich zwischen die beiden Männer und zog Edwards an der Uniformjacke. »Tschuinggamm, Mister?«
Der Captain sah überrascht nach unten in zwei blaue Augen, er schätzte den blonden Jungen auf etwa zehn bis zwölf Jahre. Dieser stand ganz still und hielt artig die Hand auf. Josef Fleck zog das Kind an der zerschlissenen Jacke zurück. »Paul, lass mich kurz mit dem Herrn reden, dann bekommst du vielleicht einen Kaugummi von ihm.«
»Papa, der Mann mit dem Motorrad hat noch etwas gesagt, was du nicht gehört hast!«
»Aber er ist doch gleich wieder losgefahren?«
»Nein, Papa. Er hat noch irgendwas von Wiesloch und Schwetzingen gesagt. Er hat es geflüstert, als er den Motor angemacht hat. Er hat mich nicht gesehen, weil ich hinter dem Motorrad stand. Er hat mich und meine Freunde gar nicht beachtet! Das Motorrad war so super! Und das Gewehr auf seinem Rücken war auch echt klasse!«
»Paul, tu mir einen Gefallen und geh mit deinen Freunden wieder spielen!«
Edwards hatte eben gerade seinen Ohren nicht getraut. Er ging runter in die Hocke und stupste Paul mit dem Zeigefinger an der Schulter an. »Kannst du das noch mal wiederholen, was du gestern gesehen und gehört hast?«
»Wenn ich einen Kaugummi bekomme?« Der Junge verschränkte die Arme vor der Brust und grinste den Captain schief an.
»Du bekommst eine Tafel Schokolade! Die ist viel besser als Kaugummi. Du erzählst mir, was du gehört hast, dann bekommst du die Schokolade. Okay?«
Der Junge schwieg und legte seinen Kopf schräg. Er musste erst mal nachdenken. Sein Vater bekam einen roten Kopf.
»Paul, sag was!«
»Okay, Mister. Zeigen Sie mir nachher noch das Maschinengewehr, das der Neger auf dem Rücken trägt?«
»Die Thompson? Meinetwegen. Du darfst sie mal kurz halten und wir erklären dir alles.«
Überzeugt von dem guten Tauschhandel, reichte Paul dem Offizier die Hand. »Okay, Mister!« Dann erzählte er Edwards, was der Motorradfahrer so alles von sich gegeben hatte, von Schwetzingen, Wiesloch und Neudorf, von Kontrollen und Auf-die-Lauer-legen und von einem Schwein, das er umbringen wolle. Obwohl auf dem Motorrad gar kein Platz mehr für ein Schwein sei. Außerdem beschrieb er ihm die Teile des Gewehrs, welche aus dem Tarntuch unten herausgeragt hatten, und wie toll er das Motorrad fand und dass er so eines auch mal haben wolle und so weiter.
Edwards machte sich genaue Notizen und staunte über die Details, die der Junge noch wusste. Kurz darauf bekam dieser von Letchus seine Tafel Hershey’s Schokolade geschenkt und die Männer zeigten ihm noch die Funktion und Einzelteile der Thompson. Natürlich war die Waffe vorher entladen worden. Paul freute sich wie ein Schneekönig darüber, dass er die MP mal halten und auf ein fiktives Ziel anlegen durfte. Die etwa gleichaltrigen männlichen Spielkameraden standen mit neidischen Blicken dabei, bekamen von Letchus aber zur Freude aller noch einmal jeweils einen ganzen Streifen ›Chewing Gum‹ geschenkt. Zum Abschied gab der Junge
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