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Tschoklet

Titel: Tschoklet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Pflug
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allen Soldaten die Hand, als würde er inzwischen dazugehören.
    Als sich der aufgewirbelte Staub von den sich entfernenden Fahrzeugen wieder gelegt hatte, stand er immer noch am Straßenrand und winkte den Männern hinterher. Dann ging er betrübt zurück zu seinem Vater, der am Eingang des Hauses auf ihn wartete. In der Hosentasche fühlte er stolz den kostbaren Schokoladenschatz, den er heute erbeutet hatte.

Kapitel 10
     
    Edwards Kolonne kam allerdings nicht weit, denn bereits kurz vor der Kreuzung der Sankt-Leoner-Straße wurden sie von einer französischen Abordnung empfangen, die kurz zuvor erst eine Straßensperre aufgebaut hatte. Anwohner wurden nach ihren Passierscheinen gefragt und die Kleider und Taschen durchsucht. Verbotene Gegenstände wurden an Ort und Stelle beschlagnahmt. Als Vickers vorsichtig an den Stacheldrahtrollen vorbeimanövrierte, sprang plötzlich ein marokkanischer Soldat mit weißem Turban auf die Straße und hielt ihnen eine weiße Kelle vor das Fahrzeug, auf der rot umringt in kleinen schwarzen Lettern ›HALTE! CONTRÔLE MILITAIRE!‹ stand. Wenn Vickers das Bremspedal nicht bis zum Anschlag durchgedrückt hätte, wäre der junge Soldat unter die Räder gekommen. Erschrocken hüpfte der Turbanträger beiseite. Der Amerikaner lehnte sich mit dem linken Arm voran durch die offene Panzerklappe in der Fahrertür und schrie den Wachsoldaten an, während er wild mit der Hand fuchtelte: »Frenchy, are you crazy – bist du verrückt? Willst du überfahren werden? Die Kontrolle haben wir auch ohne deinen Lollipop gesehen! Spring uns nicht einfach vors Auto, Idiot!«
    Der dunkelhäutige Franzose sah Vickers verdattert an, er hatte absolut nichts verstanden. Mit zuckenden Schultern drehte er sich zu seinem Vorgesetzten um, der gerade kopfschüttelnd Zeuge der Szene gewesen war. Er brüllte den armen Mann auf französisch an und wies ihn zurecht. Dieser war ins Stillgestanden gegangen und wäre mit jedem weiteren Satz am liebsten im Erdboden versunken, stattdessen wurde sein Chef immer lauter. Die zahlreichen Passanten im Bereich des Kontrollpunkts waren entweder erschrocken oder grinsten sich gegenseitig an. Als der Vorgesetzte endlich seine Schimpftiraden beendet hatte, zog der junge Soldat wie ein begossener Pudel mit hängendem Kopf von dannen und postierte sich ganz links am Rand des Stacheldrahts, um nicht mehr im Gefahrenbereich der Fahrzeuge zu sein. Betrübt schaute er zu den Amerikanern im Dodge, die sich über ihn amüsierten und laut lachten.
    Während Vickers dem französischen Offizier den Passierschein und das Generalsdokument vorwies, fing der junge Soldat plötzlich an, mit den Armen zu rudern und, während er auf den Dodge wies, unverständliche Sätze zu schreien. Alle Wachsoldaten zückten auf einmal ihre Waffen und umringten sofort den Lastwagen. Einer der Wachen hob die hintere Abdeckplane an der Klappe hoch und sah hinein. Die leise Unterhaltung im Fahrzeug verstummte augenblicklich. Die Miene des Offiziers verdunkelte sich und er fragte Edwards in schlechtem Englisch: »Monsieur le Capitaine, was macht die Frau in Ihrem Fahrzeug?«
    »Lieutenant, das ist die Bekannte eines meiner Männer. Wir bringen sie nach Karlsruhe. Ihre Mutter liegt dort im Lazarett.«
    »Wo ist der Passierschein?«
    »Sie ist mit uns unterwegs. Das ist Passierschein genug. Wir bringen sie später wieder nach Ketsch zurück.«
    »Sie ist aus Ketsch?«
    »Ja, warum?«
    »C’est bien! Dann ist alles gut. Die Frauen aus Ketsch dürfen passieren.«
    Der Franzose zwinkerte Edwards zu. »Sagen Sie Monsieur Edgar einen Gruß von uns! Sie können weiterfahren! Allez!« Er winkte seinen Männern und rief ihnen etwas zu, wobei das Wort Ketsch ein paar Mal fiel. Die Wachleute lachten, grüßten Piece und Roebuck und zogen sich daraufhin zurück. Der Offizier legte kurz die Hand zum Gruß an den Kopf und ließ dann die beiden Fahrzeuge durch.
    Endlich an der Kreuzung angekommen, mussten sie einige Fahrzeuge von rechts passieren lassen. Darunter war auch ein Motorrad der Militärpolizei. Der Fahrer hatte nur kurz seinen Kopf zu ihnen gedreht und erkannte im Vorbeifahren sofort Captain Edwards und Sergeant Vickers in der Halbkette. Dann gab er Gas. Mit aufheulendem Motor raste er durch den Ort davon, während er halsbrecherisch andere Verkehrsteilnehmer überholte und dem Gegenverkehr auswich.
    »Vickers!«, schrie Edwards den Fahrer an. »Das war der MP, den wir suchen! Haben Sie das gesehen? Der Typ fuhr

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