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Tschoklet

Titel: Tschoklet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Pflug
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wieder zu der wartenden Halbkette am Straßenrand gegenüber. Letchus folgte ihm.
    »Stell dich nicht so an, Jonas! Am Omaha Beach haben wir damals Tausende gefallener Kameraden aus dem Wasser gezogen und nach Colleville-sur-Mer auf einen Acker geschafft. Mit jeder Flut wurden neue Tote angeschwemmt. War nicht gerade toll, aber es musste gemacht werden. Unsere ganze Kompanie hatte sich damals dafür freiwillig gemeldet. Ich habe noch vier Monate danach Tote gesehen, wenn ich die Augen geschlossen hab. Und auch jetzt noch. Wir machen einen Eintrag auf der Karte und die Franzosen sollen sich hier drum kümmern, wenn wir in Karlsruhe sind. Okay? Hier ist schließlich noch Frenchy-Zone. Lass uns endlich weiterfahren. Bald müsste Edwards uns eingeholt haben und dann gibt’s wieder Ärger.«
    Die drei stiegen in die Halbkette, nachdem sich Jonas etwas erholt hatte.
    Vickers hatte inzwischen eine zerknitterte, fleckige Landkarte auf den Knien liegen. Er deutete auf eine Kreuzung. »Wir müssen zur Verbindungsstraße Richtung Neudorf fahren. Dort suchen wir einen Lagerplatz und warten auf die anderen. Außerdem habe ich Hunger.«
    Die Straße führte an der Zuckerfabrik vorbei nach Waghäusel hinein, innerhalb des Ortes beschrieb sie an der St.-Kornelius-Kirche eine Linkskurve und verlief daraufhin nach Südosten in Richtung Wiesental, wobei sie die vorher parallel verlaufende Linie der Rheintalbahn Mannheim–Karlsruhe nun überschnitt und rechts liegen ließ.
    Nach einigen Kilometern rasselte das Fahrzeug der Amerikaner über die Mannheimer Straße in das beschauliche, aber schwer beschädigte Örtchen hinein. An einer Straßenkreuzung mit einer Kirche wurden sie mal wieder von einer französischen Patrouille angehalten, durften aber relativ schnell weiterfahren. Über die Karlsruher Straße, zwischen Trümmerbergen hindurch und an allerhand Kriegsschrott vorbei, ging es Richtung Ortsausgang. Einige Häuserzeilen waren durch Fliegerbomben in Schutt und Asche gelegt, andere wiederum praktisch unversehrt. Französische Soldaten mit amerikanischen Stahlhelmen überwachten zahlreiche deutsche Kriegsgefangene und Zivilisten bei der Trümmerräumung. Als man an dem unversehrten Gasthof ›Zum Reichsadler‹ vorbeifuhr, kam in diesem Moment ein kleiner, dicker Mann mit einem Glas Bier in der Hand aus dem überdachten Torbogen heraus, hielt das goldgelbe Getränk gegen die schräg stehende Sonne, drehte es hin und her und begutachtete es. Als Vickers dies im Rückspiegel sah, bremste er die Halbkette ab, stoppte kurz und fuhr langsam zu dem Mann zurück. Dieser staunte nicht schlecht über amerikanische Soldaten in der französischen Zone.
    Vickers stieg grinsend aus, lief zu ihm hin und fragte: »For me – für mich?« Dann nahm er ihm das Glas ohne den geringsten Widerstand aus der Hand, roch kurz an dem weißen Schaum, setzte das Glas am Mund an und trank in langsamen genießerischen Schlucken etwas davon. Mit dem rechten Uniformärmel wischte er sich den Mund ab, atmete tief durch und seufzte.
    »Hey dude, what a great taste! {9} «
    Vickers reichte das Glas weiter an Roebuck und Jonas, die sich den Rest teilten. Kurz darauf drückte er das leere Glas dem verdutzten Wirt wieder in die Hand, machte einen freundlichen Diener, lüftete seinen Helm und meinte nur: »Danke scheyn, Mister! Wundervoll Bier!«
    Der Wirt lachte laut, nickte den Amerikanern zu und antwortete freundlich: »Welcome in Wiesental!« Daraufhin lief er zurück in den Hof, schloss das Tor hinter sich und war verschwunden.
    Als Vickers die Halbkette wieder beschleunigte, rief er zu den anderen: »Leute, das war das beste Bier, das ich in den letzten Monaten getrunken habe! Und es war gekühlt! Irre!« Er schmatzte ein paar Mal laut, lachte und schrie: »Yeehah! Hier gefällt es mir immer besser!«
    Am Ende der Straße stand die kleine Marienkapelle, vor der sie nach rechts Richtung Neudorf auf die Fernverkehrsstraße 36 abbogen.
    Da Captain Edwards nach wie vor nicht in Sicht war, beschloss Vickers, noch im Bereich des Ortsrandes, im Schatten eines großen Apfelbaums, anzuhalten und dort auf den Dodge zu warten. Der Himmel im Westen verfärbte sich bereits orange, der Sonnenuntergang ließ nicht mehr lange auf sich warten.
    Die Soldaten stiegen aus dem schlecht gefederten Fahrzeug aus, Christine machte auf der Wiese ein paar Lockerungsübungen, indem sie ihre Arme in die Luft reckte und in die Hocke ging. Jonas besah sich mit Roebuck zusammen noch einmal die

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