Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention
als konkrete Gefahr erkannt,wodurch nicht nur die Forschung, sondern auch die Initiativen zu Prävention und Schulung gestärkt wurden.
Aber trotz der enormen Fortschritte in der Tsunamiforschung sind die Grenzen des menschlich Machbaren klar: Die unterschiedlichen Auslöser von Tsunamis sind unerwartete, kurzzeitige geologische Ereignisse, die sich grundsätzlich nicht vorhersagen lassen. Anhand geophysikalischer und geographischer Daten lassen sich mögliche Konsequenzen einer Tsunamikatastrophe in einer bestimmten Küstenregion ermitteln, daraus können Regeln für Bauprojekte, die generelle Infrastruktur und die Schulung der Bevölkerung abgeleitet werden. Darüber hinaus aber bleiben Tsunamis eine unberechenbare, jederzeit gegenwärtige Gefahr.
2. Große Tsunamis und ihre Folgen
Mehrere tausend Tsunamis sind auf der historischen Datenbank des National Geophysical Data Center verzeichnet. Sie ereigneten sich in den letzten 4000 Jahren an fast allen Küsten der Welt. Hinzu kommen Tsunamis, die vor vielen Tausenden oder gar Hunderttausenden von Jahren ausgelöst wurden und heute nur noch durch geologische Spuren nachzuweisen sind. Einige herausragende Ereignisse, die Menschen von der Steinzeit bis zur Gegenwart betrafen, die das Ende von Kulturen einläuteten, die Weltsicht und das Denken der Menschen veränderten oder sich als Meilensteine in der Beobachtung und Erforschung von Tsunamis erwiesen, werden hier skizziert.
Die Storegga-Rutschung vor rund 8000 Jahren
Der früheste genauer rekonstruierbare Tsunami der Weltgeschichte wurde von der sogenannten Storegga-Rutschung ausgelöst, die sich in drei Schüben vollzog. Die letzten beiden Schübe ereigneten sich gleichzeitig oder zeitlich relativ nah beieinander vor rund 8000 Jahren, also in der mittleren Steinzeit. Sie erzeugten einen gewaltigen Tsunami, der fast sämtliche Anrainerstaaten der heutigen Nordsee betraf und möglicherweise die letzte Landverbindung zwischen Großbritannien und dem europäischen Festland kappte.
Storegga
ist norwegisch und bedeutet «große Kante»: Der Name bezeichnet den Kontinentalabhang im Europäischen Nordmeer rund 100 Kilometer westlich vor der mittelnorwegischen Küste. Die Storegga-Rutschung gehört zu den größten bekannten Hangrutschungen überhaupt. Über 290 Kilometer entlang des Kontinentalschelfs gerieten hier in 150 bis 400 Metern Wassertiefe Sedimente, Geröll und Steinblöcke ins Rutschen: Rund 5600 Kubikkilometer Material bewegten sich über800 Kilometer hin Richtung Nordwesten, hinab in das Norwegische Becken, eine Ebene in 2800 bis 3000 Metern Tiefe. Die betroffene Fläche entspricht ungefähr der Größe Islands: 34.000 Quadratkilometer Meeresboden waren von der gewaltigen Rutschung betroffen.
Geologische Untersuchungen lassen vermuten, dass der erste und größte Schub (man errechnete 3880 Kubikkilometer Sedimente und Gestein) sich vor 30.000 bis 50.000 Jahren ereignete. Der zweite und der dritte Schub vor etwa 8000 Jahren trafen die Menschen in den Küstenregionen: Rund 450 Quadratkilometer des Kontinentalhangs brachen ab, 1770 Kubikkilometer Sedimente rutschten über eine Strecke von rund 200 Kilometern in die Tiefe. Diese Schübe lösten einen Tsunami aus, der sich über weite Teile der Nordsee und der Norwegischen See ausbreitete und nachweislich auch die grönländische Ostküste erreichte. Geologische Ablagerungen in Schottland, England, auf den Färöer- und auf den Shetland-Inseln, in Grönland und an der norwegischen Küste bis nördlich des Polarkreises lassen eine Rekonstruktion der Auflaufhöhen zu: In unmittelbarer Nähe der Storegga-Kante erreichte der Tsunami an der norwegischen Küste einen
run-up
von 10 bis 12 Metern, weiter nördlich waren es «nur» 6 bis 7 Meter. Am schlimmsten traf es die Färöer- und Shetland-Inseln: Hier sind Höhen von über 20 Metern nachweisbar. Katastrophale Schäden entstanden zudem an der West- und Nordküste Jütlands, also Dänemarks. Auch die landwärtige Überflutung ging ungewöhnlich weit: In der Region um den schottischen Firth of Forth, einem damals seichten Mündungsgebiet, lassen sich Spuren des Tsunamis über 80 Kilometer ins Land hinein nachweisen. Große Felsblöcke und spezifische Ausformungen an den Küsten und Landzungen Norwegens, Schottlands und Islands zeugen bis heute von der Gewalt des Tsunamis.
Ob Belgien, die Niederlande und Norddeutschland betroffen waren, bleibt fraglich. Denn hier war ein Land im Wege, das es heute nicht
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