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TTB 100: Der Traum der Maschine

TTB 100: Der Traum der Maschine

Titel: TTB 100: Der Traum der Maschine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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den Fellen hervor, tauchte den Kopf in einen Wasserbehälter, trocknete sich ab und begann sich anzuziehen. Als der Wächter das Zelt verließ, fuhr ein kalter Windstoß in das Innere, und Imar fröstelte. Die Luft roch nach einem verlöschenden Feuer, dessen kleine Flammen durch den Stoff des Zeltes schienen. Als Nigoel auf den Vorplatz trat, grüßten ihn die Männer, die um das Feuer saßen und schwere Kapuzen über die rostigen Kettenhemden gezogen hatten.
    Noch nicht richtig wach, ging Nigoel zu dem Zelt hinüber, neben dem die weiße Fahne des Herzogs sich im Wind blähte und wieder zusammenfiel. Das Licht von Kienfackeln drang nach außen, und die Schatten einiger Männer zeichneten sich auf dem dicken Stoff ab. Zischend kreuzten sich die Schneiden zweier Lanzen, als Imar unter das Vordach trat.
    »Wer da?« fragte müde, aber aufmerksam eine der Wachen.
    »Nigoel Imar, Ritter des herzoglichen Banners«, sagte Imar laut.
    »Und Euer Freiwort?«
    »Beizvogel!«
    Die Lanzen wurden zurückgezogen.
    Imar bückte sich, um ins Zelt hineinzukommen. Er erblickte ein Bild, das mehr als ungewohnt war. Rauchende Fackeln hingen in Eisenringen, die an der Zeltstange befestigt waren. Acht Männer saßen um den Holztisch, und die Körbe voller glimmender Holzkohle standen am Boden. Nigoel ging in den Lichtkreis hinein und grüßte die Männer. Dann setzte er sich auf den Schemel und ließ sich einen Becher vollschenken.
    »Entschuldigt, Nigoel Imar, die Störung am frühen Morgen«, sagte Lavon Hercal, der Bannerführer. Neben ihm stand unbeweglich sein Sohn, der schwarzhaarige Bodur.
    »Es gibt Schlimmeres«, gab Imar lächelnd zurück. In den Augenwinkeln Hercals erschienen kleine Fältchen.
    »Der Grund der Störung ist dieser Mann hier«, sagte Hercal halblaut, als fürchte er, belauscht zu werden.
    Imar blickte nachdenklich auf den Fremden, der neben dem Herzog saß und mit flinken Augen umherblickte. Noch niemals hatten die Ritter solche Kleidung und Waffen gesehen.
    Die Gewänder Turan Gays waren mit Schwarzpelz besetzt, dazwischen schimmerte bläulicher Stahl. Das Gesicht des Chongalen war raubvogelähnlich, dunkel, und die stechenden Augen waren auch die eines Raubvogels. Nichts entging ihnen. Die Haare des kleinen Bartes wurden von Goldfäden zusammengehalten und hingen herab. Nigoel fühlte den Blick der überlegenen Augen auf sich ruhen.
    Nigoel Imar war der wildeste Reiter und der gewandteste Schwertkämpfer des Banners. Turan Gays Blick umfaßte die ledernen Hosen, die in dreckbespritzten Stiefeln steckten, die Rädersporen, silbern und scharf, das Wams mit den geschlitzten Ärmeln, das silberne Kettenhemd, von einem breiten Gürtel zusammengehalten. Die Schnalle war kupfern und zeigte den Raubvogel, Imars Wappentier.
    »Hier liegen meine Karten«, sagte Turan mit heller Stimme, und nur der gebundene Sklave am Boden verstand ihn. Er übersetzte in die Sprache der Westländer. Nigoel beugte sich über die Karten, während Pilok, der Bogner, aufstand. Dann blickte Imar in Turans Gesicht. Die beiden Männer trugen ein schweigendes Blickduell aus.
    »Das hier ist Euer bester Mann, Hercal«, sagte Turan und wies auf Imar. Der Sklave übersetzte schnell; Nigoel verbeugte sich kurz. Über der Schramme, die sich quer über sein Gesicht zog, blickten harte, graue Augen den Chongalen an. Augen, denen man ansah, daß hinter ihnen ein Verstand lauerte, der nicht von dieser Welt schien. Kälte, Härte, Verschlossenheit und unglaublich rasche Reaktionen – das waren die wichtigsten Eigenschaften Imars. Er war Freund unter Männern, aber er schien auf eine unbegreifliche Weise nicht dazuzugehören. Er war allen weit voraus. Das weiche Haar des Pagenschnitts fiel fast in den Kragen, und nur die scharfe Linie, die sich vom Ohr zum Kinn zog, zeigte die unbeugsame Härte von Nigoel Imar an, des Herzogs bestem Mann.
    Auf dem Tisch lagen dünne Tierhäute, auf deren glatten Rückseiten Zeichnungen zu erkennen waren. Pilok stützte sich auf den Rücken seines Freundes und fuhr mit der Dolchspitze die Linien nach. Mit leiser Stimme erklärte Nigoel den Sinn der Karten. Pilok verstand rasch.
    »Studiert die Karten genau, Ritter, ich bin nur noch wenige Stunden hier im Lager. Das sind Wege, die übers Land führen. Hier aber die, die nur zu Schiff zurückzulegen sind«, sagte Turan.
    Als Imar aufblickte, schien es, als breite sich ein Schwall kalter Luft aus. Sofort wußte er, worum es ging. Turan sprach weiter:
    »Macht Abschriften

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