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TTB 100: Der Traum der Maschine

TTB 100: Der Traum der Maschine

Titel: TTB 100: Der Traum der Maschine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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berichtete fast zwei Stunden lang ruhig und leidenschaftslos, was er erlebt hatte. Er schilderte den Ablauf der Tage, die beiden Bilder und das, was er von den fremden Träumen noch in Erinnerung hatte. Auch das, was er dachte. Auch, daß er manchmal dachte, wahnsinnig werden zu müssen. Er schilderte Grenelle und William und sein Verhältnis zu Claudine.
    Dr. Roger saß unbeweglich hinter dem Schreibtisch, die Brille in die Stirn geschoben, und rauchte. Man merkte, daß er scharf zuhörte und gleichzeitig analysierte. Seine rechte Hand stenographierte einzelne Passagen mit, hielt wieder inne und spielte gedankenverloren mit dem Bleistift.
    Dann schloß Nicholas.
    »Jetzt sind Sie dran. Was meinen Sie?«
    Er wartete beinahe ängstlich auf die Antwort. Roger lehnte sich wieder zurück, nahm die Brille ab und blickte Nicholas aus blassen Augen an. Dann lachte er kurz. Nicholas zündete sich eine neue Zigarette an. Er warf das Zündholz in den Aschenbecher.
    »Ich kann Sie zunächst völlig beruhigen«, sagte Roger beinahe heiter, »sie sind ebenso wenig verrückt wie ich oder sonst jemand.«
    »Aber ...«, warf Nicholas ein.
    »Kein Aber. Sie sind ziemlich eindeutig ein introvertierter Typ. Ihr Denken und Schaffen orientiert sich nicht an fremden Ideen, sondern am subjektiv Gegebenen, an sogenannten spekulativen Ideen. Sie führen auch das aus, was Sie sich vorgestellt haben, wenn Sie von Tatsachen ausgehen. Alles um Sie herum ist persönlich gefärbt. Das heißt zwar, daß Ihr Typ prädestiniert ist für diese Krankheit, aber noch lange nicht, daß Sie krank sind.«
    »Sie meinen also, daß meine Träume aus mir selbst kommen, nicht von außen?« fragte Nicholas atemlos.
    »Unter anderem auch die Träume, jawohl. Das erklärt die scheinbar künstlerische Wiedergabe des subjektiv Erlebten, die Traumbilder also. Sie erhielten diese Eingebungen, Vorstellungen oder wie wir es nennen wollen, nicht von außen, sondern von innen. Aus dem Unterbewußtsein, in dem so vieles verborgen ist, das Sie selbst nicht kennen – kein Mensch kennt sein Unterbewußtsein. Nur wir Ärzte lernen es manchmal kennen, wenn wir eine Tiefenhypnose durchführen.«
    »Aber ausgerechnet nach dem Zusammentreffen mit Grenelle? Ist das nicht kennzeichnend für eine Wirkung von außen?« fragte Nicholas.
    »Ein geladenes Gewehr geht nicht von selbst los. Jemand muß den Abzug betätigen – hier war es Ihr bärtiger Freund.«
    »Freund würde ich nicht gerade sagen«, warf Nicholas ein.
    »Gut«, sagte Roger und begann seine Brille zu putzen. »Typisch für Ihre introvertierte Anlage ist, daß Sie nur wenigen Menschen nicht gleichgültig gegenüberstehen. Lehrer oder Erzieher dürften Sie nicht werden. Besonders gute, echte Freunde werden Sie kaum gehabt haben, oder irre ich mich hier?«
    »Sie haben, glaube ich, ziemlich recht«, antwortete Nicholas. »Ich vermisse diese Freunde keineswegs.«
    »Nicht unwichtig für das, was der Volksmund als Seelenheil bezeichnet. Es liegt bei Ihnen an der Anlage, der Erbmasse und der Erziehung, sich selbst und alles damit Zusammenhängende zunächst als Mittelpunkt anzusehen und davon auszugehen. Das ist weiter nicht schlimm; mehr als sechzig Prozent aller Menschen sind mehr oder weniger introvertiert und leben als gute Bürger zwischen uns.«
    »Sind meine Befürchtungen also nicht berechtigt?« fragte Nicholas wieder. Dr. Roger schüttelte langsam den Kopf.
    »Sie meinen, im Begriff zu sein, schizophren zu werden. Das ist eindeutig nicht der Fall. Sie sind viel zu sehr Persönlichkeit und wissen, was Sie wollen. Die Schizophrenie oder das Spaltungsirresein wirkt sich zuerst so aus, daß man die innerliche Einheitlichkeit der Person verliert und dann den Kontakt mit der sozialen Gemeinschaft. Sie erwähnen, daß Sie die Möglichkeit verschiedener Persönlichkeitsebenen innerhalb eines Menschen in Betracht ziehen – das mag der Fall sein, aber diese Ebenen sind so ineinander verflochten und verwebt, daß man mehr von einem Faserbündel als von Ebenen sprechen kann. Die getrennten Ebenen; das sind Dinge, die in den Bereich parapsychologischer Forschung gehören.«
    »Sie als Mediziner glauben also nicht an diese Parallelexistenzen?«
    »Weder als Mediziner, als Psychologe, noch als Privatmensch. Ich lehne diese Theorie ab.«
    Roger schlug einige Male mit dem Finger an die Tischkante, dann fuhr er fort:
    »Bei Schizophrenen werden illusionäre Umdeutungen vorgenommen. Die Kranken fühlen sich grundlos verfolgt,

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