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TTB 100: Der Traum der Maschine

TTB 100: Der Traum der Maschine

Titel: TTB 100: Der Traum der Maschine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Zimmer, rund und mit großen Fenstern, die von kleinen Glasscheiben verschlossen waren. Lavon ging schweigend umher und riß die Fensterflügel auf.
    Der Blick ging ungehindert über das Meer, über den geschwungenen Bogen der Küste und weit ins Land hinein. Der Herzog stellte eine große Kanne Wein auf den Tisch und machte dann eine einladende Geste.
    »Setzt euch, ihr Ritter, und seht, was hier alles steht und hängt. In den nächsten Stunden müßt ihr mir glauben – ich sage nichts als die reine Wahrheit. Es wird euch manches fremd erscheinen ...«
    In der Tat, so war es. Noch bevor Hercal sprach, wußte Nigoel Imar fast alles.
    Es war, als würden sie eine andere Zeit betreten. An den Wänden hingen seltsame Waffen und große, vergilbte Karten mit unleserlichen Schriften und Zeichnungen, die eigenartige Volksgruppen darstellten. Der Wein, der in die Becher rann, war feurig. Hinter den sechs Rittern schloß sich eine wuchtige Bohle. Die Tür ließ sich von außen nicht mehr öffnen.
    Ungeduldig warteten die Ritter. Steinern war das Gesicht des Mannes mit dem Drachenwappen, erwartungsvoll waren die Gesichter von Bodur, Jagon und Ances, abwägend schien der Blick Nigoels.
    Imar und Lavon gaben einen Bericht, was jeder von ihnen in den letzten Monaten gekauft und geleistet hatte. Es war nichts anderes als die sorgfältige Planung einer Wanderung, die länger als ein Jahr dauern würde. Dann schloß Nigoel:
    »Diese Vorbereitungen sind nun abgeschlossen. Das Schiff ist beladen und bemannt, und liegt in der Bucht vor Burg Venya. Wir können abreisen – nicht aber, bevor uns Lavon gesagt hat, was ihm auf den Lippen brennt.«
    Lavon Hercal lächelte grimmig.
    »Ihr habt recht, Ritter«, sagte er. »Hört zu ...
    Ich bin mehr Kaufmann als Ritter«, begann er und blickte in Piloks unbewegliche Züge. »Der Grund, weswegen ihr in die Ostländer reisen sollt, ist der: Ich suche neue Handelsgüter, die in den Westländern unbekannt sind. Erinnert euch an die Erzählung Turan Gays.«
    Bodur nickte schweigend, und Nigoel zog seinen kurzen Dolch hervor. Spielerisch warf er ihn in die Luft und fing ihn immer wieder auf. Dann zog er die Hand zurück, und die Spitze der Waffe bohrte sich in die Bodenbohlen.
    »In diesen Ostländern befinden sich Kulturen, die wir nicht einmal erträumen können. Sie sind teilweise der unseren überlegen; nur die endlosen Entfernungen sind schuld daran, daß wir nicht mehr wissen. Die Heere der Ostländer – und das ist der andere Grund – rüsten sich seit Jahren. Wenn der Chan gegen uns ziehen sollte, sind wir verloren.«
    Dann erzählte Lavon Hercal.
    Er schüttete sein Wissen aus, das er in langen Jahren über die Ostländer gesammelt hatte. Wieder zauberte er fremde, schimmernde Bilder vor die Augen der anderen Männer.
    Dann sprach er über die Verschiedenheit der Religionen und der Gedanken, die das Weltbild des Westlandes ausmachten. Schweißtropfen erschienen auf den Stirnen; schon wegen harmloserer Gedanken waren Ketzer auf Scheiterhaufen verbrannt worden. Nur Pilok behielt seine Gelassenheit. Für die Männer brach eine Welt zusammen, und gleichzeitig entstand eine neue, erregendere. Imar dachte an den Bruder seines Vaters, der für ähnliche Gedanken den Feuertod gestorben war. Auch das wußte Hercal – und nicht zuletzt deshalb war Nigoel Imar die Leitung der Reise übertragen worden.
    Stundenlang sprach Lavon Hercal. Die Sonne wanderte. Sie sank unter die Linie des grünen Meeres, und der Burghof hallte wider vom Lärm der ankommenden Gäste.
    Trompetensignale ertönten, Rosse wieherten, Frauenstimmen lachten hell. Endlich schwieg Hercal.
    »Ein Fest«, sagte er heiser. »Es ist nur zu euren Ehren gerüstet worden. Viele Gäste sind gekommen; ihr werdet Bekannte finden. Genießt die wenigen Stunden – dann kommen die Strapazen der Reise. Ich komme später nach. Die Knechte werden euch die Zimmer zeigen. Entschuldigt mich.«
    Die Fenster wurden geschlossen, die Tür hinter den Männern sorgfältig abgeschlossen, die Ritter gingen schweigend die Wendeltreppe hinunter.
    Eine halbe Stunde später hatten sich die Männer gebadet und umgezogen. Sie drangen lachend in den leuchtenden Saal ein. Farbige Teppiche, lodernde Feuer und knisternde Fackeln hingen und leuchteten. Musiker spielten, und die ersten Paare drehten sich bereits in einem schweren Schreittanz.
    Von allen Seiten wurden die Ritter gegrüßt.
    »Wer ist das?« fragte Nigoel den schweigenden Pilok, der längst wieder zu

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