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TTB 100: Der Traum der Maschine

TTB 100: Der Traum der Maschine

Titel: TTB 100: Der Traum der Maschine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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und Zeichnungen davon. Ich brauche die Karten für mich selbst.«
    Ohne zu stocken, übersetzte der Gefangene die unverständliche Sprache des Ostländers. Turan Gay war ein Mann, der aus Abenteuerlust und der Absicht, seine Pferdeladungen teuer zu verkaufen, aus dem Land der Chongalen gekommen war. Unweit der belagerten Stadt Cargon hatten ihn herzogliche Reiter gefangengenommen. Jetzt war er hier – Gast von Lavon Hercal. Turan erzählte den Rittern, wie er hergekommen war.
    Bilder entstanden, die mehr als unglaublich waren, sie zeigten endlose Steppen, grasbewachsen und trocken, von Horizont zu Horizont. Sie schilderten die eisigen Stürme, die mit dem Erscheinen des Wintergestirns verbunden waren, und sie malten die Reichtümer und Schätze der Städte, die dort an Flußufern und Gebirgsrändern lagen.
    Turan Gay erzählte vom Großen Chan, der ein unendlich großes Heer sammelte, um Herrscher der Welt zu werden. Er sagte den Rittern, daß keine Macht der Welt dieses Heer aufhalten könne, und sei sie noch so gut ausgerüstet.
    Zwei Stunden lang sprach Turan, monoton und leidenschaftslos. Dann erloschen die Kienspäne, und das fahle Rot der Morgendämmerung drang durch die Zeltwände. Draußen loderte das Feuer hoch auf, und ein Duft von Braten drang herein. Nigoel Imar blickte von der Zeichnung hoch, die er beendet hatte, und sah Turan ins Gesicht. Dann legte er seine Hand auf den Stahl seines Helms, der vor ihm auf der Tischplatte lag.
    »Ich glaube Euch viel, Kaufmann und Späher, aber nicht alles. Ihr sagtet, daß der Stahl unserer Schwerter weich sei im Vergleich zu den chongalischen Waffen. Das glaube ich nicht.«
    Der Gefangene übersetzte schnell und furchtsam.
    Ruhig sah Turan Imar an.
    »Ich nahm nicht an, daß Ihr mich beleidigen wolltet?« fragte er.
    »Entschuldigt – nein. Aber ich kann es nicht glauben!«
    Turan bat um ein Schwert. Bodur, schweigend wie immer, zog den geschliffenen Stahl aus der Scheide und reichte Turan die Waffe. Der Chongale ging hinaus vor das Zelt, und die Ritter folgten ihm. Dort trieb er den Stahl der Schneide vier Handbreit in die Erde und trat dann zurück.
    Mit einem kaum wahrnehmbaren Lächeln riß er sein krummes Schwert heraus, schlug mit einer raschen, sausenden Bewegung von unten herauf gegen die Schneide von Bodurs Waffe. Die beiden Klingen fraßen sich ineinander. Als Turan seine Waffe wieder herumzeigte, war deren Klinge unversehrt.
    In Bodurs Schwert klaffte ein etwa fingergroßer Riß.
    »Erkennt Ihr diesen Schild dort?« fragte Turan, indem er sich an den blonden Pilok wandte. Der Bogenschütze nickte, während seine Augen die Entfernung abmaßen. Sie betrug nicht ganz dreihundert Schritt.
    »Bitte, spannt Eure Waffe und versucht, den Kupfermantel des Schildes zu durchschießen«, bat Turan Gay den hünenhaften Pilok. Ruhig spannte Pilok seinen Langbogen zwischen Knie und Ferse, zog prüfend die Sehne aus, klopfte ans Holz und ließ sich dann einen Kriegspfeil reichen.
    Die Sehne schlug hell an, der Pfeil schwirrte durch die Luft und bohrte sich in das weiche Kupfer. Inzwischen hatte Turan seinen wesentlich kleineren, geschwungenen Bogen gespannt, einen Pfeil auf die Sehne gesteckt und geschossen. Einen halben Fingerbreit neben Piloks Pfeil schlug Turans Geschoß ein, durchbohrte das Kupfer und nagelte den Schild an einen Holzpfosten.
    Schweigend gingen die Ritter ins Zelt zurück.
    »Entschuldigt, Turan Gay. Jetzt glaube ich Euch!« Nigoel Imar reichte dem Chongalen die Hand und preßte die Zähne aufeinander, als Turan Zugriff.
    Der Kaufmann und Späher erzählte weiter.
    Er schilderte die Länder, die hinter dem Gebirge Cargonian lagen, die prunkvollen Städte und die mehr als fremden Sitten und Gebräuche.
    Lavon Hercal und Nigoel Imar betrachteten die anderen Ritter, denn nur diese beiden Männer wußten, aus welchem Grund der Herzog den Späher eingeladen hatte. Die Augen der beiden begegneten sich, als sie die Gesichter der anderen Männer musterten. Hercal lächelte leicht, und Imar gab das Lächeln zurück. Würden die Ritter, die hier saßen und den Worten des Chongalen atemlos lauschten, zuverlässige Gefährten für die lange, schwere Reise sein?
    Nicht einmal Hercal wußte es.
    Pilok, Imars Freund, besaß Mut für zwei, Kaltblütigkeit auch – aber war er zuverlässig?
    Bodur und Jagon. Sie waren Brüder, Söhne Hercals, schweigend und schwarzhaarig. Waffentreue Gefährten, die sich vor keinem Wagnis scheuten, aber wild und aufbrausend. Konnte

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