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TTB 100: Der Traum der Maschine

TTB 100: Der Traum der Maschine

Titel: TTB 100: Der Traum der Maschine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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dies in der Geschwindigkeit des Herzschlags; das Herz schlug nicht öfters als einmal in der Stunde. Hirnzellen, bisher im Zustand völliger Funktionslosigkeit, begannen verworrene Engramme zu bilden. Nervenleitungen tauten auf und funktionierten wieder. Das normale Empfinden stellte sich ein. Das alles geschah in jenen sechzig Raumstunden. Der aktive Rest von Paramech lief gleichmäßig weiter ab, schaltete, reagierte und sammelte Informationen.
    Die zweite Phase:
    Erster Eindruck – Schwärze. Dunkel von wesenloser Konsistenz, fiktiv und gleichzeitig irgendwie bewußt. Die Schwärze war Umgebung, mehr Eindruck als gedanklich bewußt. Nur in der Mitte eines grenzenlosen Schachtes verlief zitternd ein dünner Lichtstrahl. An diesem Faden tasteten sich vage Eindrücke empor in die Schicht über dem Abgrund.
    Qualvoll langsam schienen Jahrmillionen von Ereignislosigkeit zu verstreichen, während sich Bewußtsein bildete. Es war eine starre Hölle langsamer Gedanken. Sie konnten nichts greifen und riefen trotzdem eine Ahnung hervor.
    Endlich – Licht!
    Warm. Hell. Blauglühend mit gelbem Kern. Die Ausstrahlungen der Gedanken trafen auf Widerstand und kamen als echte Eindrücke zurück. Mit dem letzten Rest Kraft einer Kreatur, die am Ende ihrer physischen Leistungsfähigkeit angelangt ist, öffnete der Mann die Augen.
    Paramech leitete die dritte Phase ein.
    Die Gedanken bewegten sich schneller. Der Mann konnte feststellen, daß er die Möglichkeit zu denken besaß. Gemartert von dem Gefühl, zu bedingungsloser Passivität verdammt zu sein, zeigte ihm das Licht, wo er sich befand. Das Schließen der Lider würde ungeheure Mühen bereiten. Der Mann ließ die Augen geöffnet. Er befand sich in einem runden Sarg, dessen Kunststoff unter der Einwirkung der Wärme und des Lichtes langsam zerfiel. Wärme und Licht ... und eine dritte Komponente, die langsam in das Hirn einsickerte.
    Töne. Musik!
    Zu leise, um erkannt zu werden, zu laut, um wieder einzuschläfern.
    »Du bist erwacht!« sagte eine Stimme halblaut. Er rührte sich nicht und schwieg.
    In den paramechanischen Schaltungen stand eine Marke, die nur eine Funktion bedeutete. Fünfundzwanzig Grad über dem Schmelzpunkt des Wassers; ein Relais fiel herunter. Es löste eine Serie mechanischer Abläufe aus.
    Langsam wurde er von metallenen Gittern aufgerichtet, von der mit Wassertropfen besetzten Platte emporgehoben und auf ein Band gelegt, das sanft anlief und den Mann aus dem winzigen Raum transportierte. Hinter ihm schloß sich für lange Zeit eine wuchtige Stahlplatte, deren Ränder nahtlos mit der Umgebung verschmolzen.
    Längst vergessene Reaktionen ließen die erschlafften Muskeln spielen, riefen Reflexbögen hervor und bewirkten endlich, daß er auf zitternden Füßen stand. Er sah sich um.
    Eigenartigerweise war er kein Greis.
    Er war immer noch nicht älter als siebenundzwanzig Jahre. Seit langer Zeit hatte er tief im Innern Paramechs geschlafen, dem Tode näher als dem Leben. Nackt und weiß stand er inmitten des gelben Lichtes in dem kahlen Raum, der nur mit einem weinfarbenen Teppich ausgelegt war. Die Fragen, die ihm durch den Kopf schossen, würde er sich für später aufheben.
    »Hier spricht dein denkender Gefährte. Du bist geweckt worden, da die Umstände es erforderten. Du mußt jetzt trinken, essen und dich baden lassen; genau in dieser Reihenfolge. Beachte die Lichtsignale!«
    Die halblaute, suggestive Stimme schwieg wieder. Er sah auf und bemerkte schläfrig, wie ein langer Lichtpfeil auf der Wand erschien und auf irgendeine Stelle deutete. Dann ging langsam eine Klappe in einer gläsernen Wand nieder. In dem beleuchteten Hohlraum stand ein Glasgefäß, das mit einer schäumenden Flüssigkeit gefüllt war. Vorsichtig und langsam bewegte sich der Mann auf die Wand zu, ergriff das Glas und trank es in langen Zügen leer. Ein wohliges Prickeln lief anregend durch den Körper und wärmte ihn von innen. Die Klappe schloß sich, und neben ihr öffnete sich ein zweites Viereck. Immer könnte er noch nicht klar denken.
    »Nig Boyn – hier ist dein Essen!« sagte die Gorgoyne halblaut und befehlend.
    Binnen zweier Minuten hatte Nig den Becher, aus dem der Stiel eines Löffels herausragte, geleert. Der Geruch und auch der Geschmack der breiförmigen Konzentratspeise waren kräftig und anregend.
    In der gläsernen Wand öffnete sich ein Schott, indem es langsam nach oben verschwand. Das kühle Licht eines wohleingerichteten Baderaumes empfing Nig, und das

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