TTB 101: Die große Explosion
Verwandte oder Herumstehen im Regen?«
»Gestatten Sie, daß ich an Ihrem Tisch Platz nehme?«
»Das ist mir doch egal. Ich fühle mich wohl, ob Sie da sitzen, oder nicht. Das ist Freiheit, stimmt's?«
»Ja«, sagte Harrison. »Das ist Freiheit.« Er rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her; es war ihm, als habe er eine Schlacht verloren. Eben überlegte er, was er noch sagen könne, da trat ein schmalgesichtiger Mann in weißem Jackett an den Tisch und knallte eine große Platte mit Brathuhn und drei unbekannten Gemüsesorten vor ihn hin.
Das gab ihm den Rest. Er wußte nicht mehr, wann er das letzte Brathuhn gesehen und das letzte, nicht pulverisierte Gemüse gegessen hatte.
»Na?« sagte der Kellner, der seine Reaktion falsch interpretierte. »Paßt Ihnen das nicht?«
»Doch, doch!« Harrison reichte ihm den Zettel. »Natürlich! Gewiß!«
Mit einem Blick auf den Zettel rief der Kellner jemandem, der halb verdeckt hinter der Theke stand, zu: »Sie sind eins von Jeff losgeworden!« Er zerriß den Zettel und ging davon.
»Das war großartig!« bemerkte die Brünette mit einem Nicken zu seinem hoch beladenen Teller hinüber. »Er hängt Ihnen ein dickes Ob an, und Sie geben's sofort zurück und sind quitt. Ich muß Geschirr spülen, um meins abzulösen. Oder eins ablösen, das Seth auf jemand anders hat.«
»Ich habe eine Tonne Konserven ausgepackt.« Harrison lief das Wasser im Mund zusammen. Er nahm Messer und Gabel zur Hand. Auf dem Schiff gab es weder Messer noch Gabel; die waren für Pulver und Pillen nicht nötig. »Aber viel Auswahl hat man hier nicht, finde ich. Man muß wohl nehmen, was einem vorgesetzt wird, wie?«
»Nicht, wenn man ein Ob auf Seth hat«, erklärte sie ihm. »Dann muß er es ablösen, so gut er nur kann. Das hätten Sie ihm vorhalten müssen, anstatt zu warten, was man Ihnen bringt, und sich hinterher zu beschweren.«
»Aber ich beschwere mich ja gar nicht.«
»Das dürfen Sie aber. Das ist Freiheit, stimmt's?« Sie dachte nach und fuhr dann träumerisch fort: »Wenn ich ein Ob auf Seth habe, bestelle ich immer Ananas, und er rennt, was er kann. Wenn er aber eins auf mich hat, bin ich es, die rennt.« Plötzlich verengten sich ihre grauen Augen; ihr war ein Verdacht gekommen. »Sie hören mir ja zu, als wäre Ihnen das alles neu. Sind Sie fremd hier?«
Er nickte, den Mund voll Huhn. Er kaute emsig, dann sagte er: »Ich komme vom Raumschiff.«
»Großer Gott!« Sie wurde merklich kühler. »Ein Antigand! Das hätte ich nicht gedacht. Sie sehen ja fast menschlich aus!«
»Auf diese Ähnlichkeit habe ich auch viel Mühe verwandt.« Er kaute und schluckte, und sah sich dabei neugierig um. Der Weißbejackte kam an den Tisch. »Was gibt's zu trinken?« erkundigte sich Harrison.
»Ditt, Doppel-Ditt, Schemack oder Kaffee.«
»Kaffee. Viel und schwarz.«
»Schemack ist besser«, riet ihm die Brünette, als der Kellner gegangen war. »Aber warum sollte ich Ihnen das sagen?«
Der Kaffee kam in einem Halbliter-Gefäß. Als er es auf den Tisch setzte, sagte der Kellner: »Sie können sich den Nachtisch aussuchen, weil Seth Ihr Ob ablösen muß. Was wollen Sie: Apfelkuchen, Jimpick-Torte, geriebene Tafelsufer oder Kanimelone in Sirup?«
»Geeiste Ananas.«
»Donnerwetter!« Der andere starrte ihn an, warf der Brünetten einen vorwurfsvollen Blick zu, brachte die Ananas und knallte sie auf den Tisch.
Harrison schob der Brünetten den Teller hin. »Essen Sie's. Und guten Appetit!«
»Aber es gehört Ihnen!«
»Ich kann nicht mehr.« Er nahm noch eine Portion Huhn, rührte in seinem Kaffee und fühlte sich endlich wieder wohl in seiner Haut. »Mehr als diese Ladung schaffe ich beim besten Willen nicht.« Er fuchtelte einladend mit der Gabel. »Los, hauen Sie 'rein und machen Sie sich keine Gedanken über Ihre Figur!«
»Nein.« Entschlossen schob sie den Teller zurück. »Wenn ich das äße, hätten Sie mir ein Ob angehängt.«
»Na und?«
»Ich lasse mir von Fremden kein Ob anhängen.«
»Recht haben Sie!« lobte Harrison. »Fremde haben oft sehr merkwürdige Ansichten.«
»Sie kennen sich aus!« gab sie zurück. »Obgleich ich nicht weiß, was an Ansichten so merkwürdig sein soll.«
»Ha, Sie Zynikerin!« Wieder wanderte die Ananas über den Tisch. »Wenn Sie meinen, daß ich Sie mit einem Ob belasten will, können Sie es gleich jetzt und hier wieder ablösen. Ich brauche nur ein paar Auskünfte.«
»Was denn für Auskünfte?«
»Ich suche den Bürgermeister.«
»Was
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