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TTB 102: Die Wächter der Sternstation

TTB 102: Die Wächter der Sternstation

Titel: TTB 102: Die Wächter der Sternstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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Das Zelt ähnelte eigentlich mehr einem Pavillon, denn es war geräumig, mit einem Fußboden und einigen Möbelstücken ausgestattet. Die Beleuchtung bestand aus mehreren Holzgaslampen, die an den Wänden hingen.
    Der Posten neben dem Eingang salutierte. Yanderman erwiderte den Gruß, ging zu dem Schreibtisch des Herzogs hinüber und salutierte seinerseits.
    Großherzog Paul von Esberg hob den Kopf und schob die handgemalten Karten beiseite, die er vor sich liegen hatte. Er war groß und kräftig gebaut. Sein Löwenhaupt mit dem dichten schwarzen Haar und dem gewaltigen Bart verstärkte diesen Eindruck noch. Herzog Paul trug wie immer ein Hemd in den Farben von Esberg – rot und schwarz. Er überragte Yanderman um Kopfeslänge, obwohl der andere durchaus nicht klein war.
    »Ich bin eben davon benachrichtigt worden, daß der dritte Späher in Sicht ist«, sagte er. »Haben Sie ihn gesehen?«
    »Er galoppiert wie ein Verrückter auf das Lager zu«, bestätigte Yanderman. »Deshalb bin ich gleich gekommen.«
    »Setzen Sie sich. Wir werden bald erfahren, was ihn so lange aufgehalten hat.« Herzog Paul lehnte sich in seinen Sessel zurück, der unter seinem Gewicht ächzte. »Ich habe Granny Jassy holen lassen, damit sie uns weiterhelfen kann, wenn wir etwas aus dem Bericht nicht verstehen.«
    Yanderman rückte sich einen Stuhl an den Schreibtisch heran und setzte sich. Der Sekretär des Herzogs, ein asketisch wirkender junger Mann namens Kesford, spitzte seine Bleistifte und schlug seinen Schreibblock auf.
    Einige Minuten später wurde draußen Granny Jassys schrille Stimme hörbar, als die Alte sich lautstark darüber beschwerte, daß sie nach einer langen Tagesreise nicht in Ruhe gelassen worden war. Dann öffnete ein Soldat den Zelteingang und schob sie herein.
    Granny Jassy stürzte auf den Schreibtisch zu, wobei ihre langen, schwarzen Gewänder flatterten. Dann stützte sie die Hände auf die Tischplatte und warf dem Herzog einen wütenden Blick zu.
    »Kein Mensch hat das Recht, eine alte Frau wie mich nach einem anstrengenden Tag in ihrer wohlverdienten Ruhe zu stören!« zischte sie. »Herzog oder nicht Herzog, wenn das so weitergeht, verschwinde ich einfach und kehre nach Hause zurück! Und wenn ich mir zuerst ein Pferd stehlen müßte!«
    Herzog Paul gab keine Antwort, sondern zog nur die Augenbrauen hoch und machte eine kurze Handbewegung auf die Couch zu, auf der er nachts schlief. Granny Jassy murmelte noch etwas vor sich hin, setzte sich aber doch folgsam nieder, wobei sie sich sorgfältig das weichste Kissen aussuchte.
    Augenblicke später wurde der Späher in das Zelt geführt. Herzog Paul fuhr mit einem Fluch auf. Das Hemd des Mannes war mit Blut bedeckt; sein Gesicht wirkte bleich und eingefallen, aber die Augen glänzten fiebrig, und er stützte sich auf einen Sanitäter in grüner Uniform. Er versuchte zu salutieren, aber der rechte Arm versagte ihm den Dienst.
    Yanderman erhob sich. »Steh auf, Granny«, sagte er bestimmt. »Du bist zwar alt, aber er ist verwundet. Für dich genügt ein Stuhl.«
    »Aufstehen! Setzen! Hierher! Dorthin!« kreischte Granny empört. »Hättet ihr mich doch nie von meinem eigenen Herd fortgeschleppt!«
    Aber sie stand trotzdem mühsam auf und ließ sich auf dem angebotenen Stuhl nieder. Der Sanitäter breitete eine Decke über die Couch, um die Polster vor dem Blut des Verwundeten zu schützen. Der Herzog wartete gespannt auf den Bericht des Spähers, aber er beherrschte sich und stellte keine Fragen, bevor der Mann versorgt worden war. Nachdem das blutgetränkte Hemd aufgeschnitten worden war, zeigte sich, daß die handbreite, sehr tiefe Wunde unterhalb der Schulter saß. Der Sanitäter säuberte sie, schloß sie mit acht oder neun Stichen und legte einen Verband an.
    »Yan!« sagte der Herzog plötzlich. »In der Kiste dort drüben liegt eine silberne Flasche. Geben Sie ihm daraus einen Schluck Schnaps.«
    Yanderman flößte dem Verwundeten etwas von der durchdringend riechenden Flüssigkeit ein. Der Herzog seufzte erleichtert auf, als das Gesicht des anderen sofort wieder etwas Farbe annahm. Dann rückte er seinen Sessel näher an die Couch heran.
    »Nun, Ampier?« fragte er. »Was hat dich erwischt?«
    Yanderman stand im Hintergrund und hörte schweigend zu. Er war jedesmal wieder von neuem über die Fähigkeit des Herzogs überrascht, jeden Soldaten seines Heeres sofort mit dem richtigen Namen anzusprechen.
    Der Sanitäter kümmerte sich noch weiter um den

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