TTB 103: Die Zeit und die Sterne
Dannikarier ließen ihre wenigen Regierungsangelegenheiten von Spezialisten wahrnehmen, die auf der Basis von Tests ausgewählt wurden, deren Sinn wir noch nicht verstanden hatten. Aber diese Leute schienen nicht einmal das zu kennen. Jeder wurde uns mit seinem Beruf vorgestellt: Jäger, Fischer, Musikant, Prophet und so fort. Tabus waren hier ebenso unbekannt wie in Dannikar, aber es gab dafür genau ausgearbeitete Regeln der Umgangsformen. Selbstverständlich begriffen diese Leute, daß sie von uns nicht erwarten konnten, daß wir uns an diese Regeln hielten.
Pengwil, ein kräftiger jüngerer Mann in der Tunika seines Stammes, begrüßte uns mit großer Freude. Es war kein Zufall, daß er am gleichen Punkt angekommen war wie wir. Taori lag fast genau westlich von seinem Heimatdorf, und seine Bucht war weit und breit der beste Ankerplatz. Er zersprang fast vor Begierde, uns sein Boot zu zeigen. Ich tat ihm den Gefallen, schwamm mit ihm hinaus und kletterte an Bord. »Gute Arbeit!« sagte ich mit ehrlicher Bewunderung. »Aber ich habe einen Vorschlag. Wenn Sie an Küsten entlangsegeln, brauchen Sie keinen festen Kiel.« Ich beschrieb ihm ein Schwert. »Wenn Sie so ein Schwert anstelle des Kiels verwenden, können Sie das Boot auch an Land ziehen.«
»Ja. Sarato hat daran gedacht, als er meine Arbeit sah. Er hat schon ein Boot nach diesem Muster angefangen. Er will außerdem auch die Steuerruder auf beiden Seiten abschaffen und dafür am Heck ein flaches, drehbares Stück Holz anbringen. Ist das richtig?«
»Ja«, sagte ich nach einem Augenblick des Würgens.
Wir schwammen zurück und legten unsere Kleider an. Das Dorf war in Aufregung. Man bereitete uns zu Ehren ein Fest vor. Während Pengwil vorauseilte, blieb ich allein zurück und wanderte den Strand entlang, zu sehr von innerer Unruhe erfüllt, um mich zu setzen. Ich starrte über das Wasser hinaus, atmete die frische Ozeanluft, die der auf unserer Erde so ähnlich war, und dachte seltsame Gedanken. Sie wurden von Mierna unterbrochen. Sie lief zum Strand herunter und zog einen kleinen Wagen hinter sich her.
»Hallo, Mister Cathcart!« rief sie. »Ich muß Seetang sammeln, als Gemüse. Wollen Sie mir helfen?«
»Gern«, sagte ich.
Sie zog eine Grimasse. »Ich bin froh, hier zu sein. Vater und Kuaya und viele andere fragen Mister Lejeune über Mathematik aus. Ich bin noch zu jung, als daß mir Integralfunktionen gefallen könnten. Lieber höre ich Mister Haraszthy von der Erde erzählen, aber er spricht mit seinen Freunden in einem Haus. Wollen Sie mir von der Erde erzählen? Kann ich eines Tages hinfliegen?«
Ich murmelte etwas. Sie begann blättrige Ranken aufzusammeln, die das Meer ans Ufer gespült hatte. »Früher hat mir diese Arbeit nicht gefallen«, plauderte sie munter. »Ich mußte so oft hin und her laufen. Und mein Ontatherium durfte ich nicht mitnehmen, weil es sich so leicht erkältet. Ich sagte, ich würde ihm Schuhe machen, aber sie sagten nein. Jetzt macht es Spaß, mit diesem Ding, diesem – wie nennen Sie es?«
»Wagen. Habt ihr so etwas noch nicht gehabt?«
»Nein, nie. Nur Schleifgestelle. Pengwil hat uns von Rädern erzählt. Er hatte sie bei den Erdleuten gesehen. Der Zimmermann Huanna hat sofort angefangen, solche Wagen zu bauen. Wir haben erst ein paar.«
Ich sah mir den Wagen an, solide aus Holz geschnitzt. Die beiden Seitenwände waren mit Halbreliefs geschmückt, die eine Prozession oder etwas Ähnliches zeigten. Die Räder waren nicht einfach auf die Achsen gesteckt. Mit ihrer Erlaubnis nahm ich die Nabe von einem Rad ab und sah einen Ring harter, kugelförmiger Nüsse um die Achse liegen. Soweit ich wußte, hatte niemand von uns mit Pengwil über Kugellager gesprochen.
»Ich habe gedacht und gedacht«, sagte Mierna. »Wenn wir einen großen Wagen bauen würden, könnte er von einem Yao gezogen werden, nicht? Aber wir brauchen eine praktische Methode, ihn anzubinden, damit man ihn lenken kann und er nicht verletzt wird. Jetzt weiß ich, wie man es machen kann.« Sie bückte sich und zog Linien im Sand. Ein Zuggeschirr, das sicherlich seinen Zweck erfüllen würde.
Mit voll beladenem Wagen kehrten wir zu den Häusern zurück. Ich verlor mich in der Bewunderung der geschnitzten Pfosten, Simse und Giebel. Sarato kam aus dem Haus, wo er mit anderen Dorfbewohnern und Lejeune die Gruppentheorie diskutiert hatte. Die Eingeborenen kannten sie bereits, und das Gespräch hatte nur die verschiedenen Lösungsmethoden behandelt. Wir
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