TTB 107: Gefängnis im All
Offenbar hatte der Schlag, den er gegen seine Wade erhalten hatte, doch seinen Anzug eingerissen, aber weil der Anzug an den Beinen und in der Mitte so eng anlag, hatte es eine kurze Weile gedauert, bis das Chlor in seinen Helm drang. Hinzu kam, daß sein Anzug seine Körperwärme nicht genügend abkühlte und er fast in seinem eigenen Schweiß ertrank. Sein Kopf schien unter den hämmernden Kopfschmerzen fast zu platzen, und das ständige Hin- und Herspringen erschöpfte ihn merklich. Vor seinen Augen begann alles leicht zu verschwimmen, und seine Bewegungen wurden immer langsamer. Manchmal konnte er nicht mehr sehen, wohin er ging. Warren stellte selbst die Diagnose – Alterserscheinungen, kurz bevorstehender Hitzschlag und wahrscheinlich auch noch Sauerstoffmangel – und stolperte weiter.
Irgendwann später öffnete er die Tür zu einem großen unbeleuchteten Lagerraum, und im Licht vom Korridor her sah es aus, als wäre der Raum mit großen Blasen gefüllt. Warren hämmerte sogleich mit seinem Keil ein Signal an der nächsten Metallwand und stellte dabei fest, daß die Symptome, die ihm zu schaffen gemacht hatten, zwar immer noch da waren, aber doch weit weniger spürbar.
Zwanzig Minuten später hatte er zwischen dem Lagerraum und den Gefangenen-Quartieren eine Kette von Männern aufgestellt und stieß so rasch er konnte, Helme, Lufttanks und Ärzte-Ausrüstungen hinaus auf den Korridor. Acht Helme trieben zugleich den Korridor hinunter, die von dem am anderen Ende stationierten Mann aus der Luft geholt und mit einem neuen Stoß auf den nächsten Abschnitt ihrer Reise geschickt wurden.
Im Lagerraum befanden sich mehrere hundert Kugelhelme und anderes Zubehör der Kampfuniformen, und Warren wußte, daß er seinen eigenen Helm darunter finden würde, wenn er Zeit hätte, die Seriennummern nachzuprüfen, denn jeder Gefangene hatte seinen Helm zurücklassen müssen. Die Bugs mußten Tausende von Helmen gehabt haben, seit dieser Planet zum Gefängnis gemacht worden war, und es war logisch gewesen anzunehmen, daß sie diese irgendwo lagerten, bis es einfach zu viele wurden und man sie vernichtete. Das Komitee hatte es darauf ankommen lassen und Glück gehabt. Nach diesem Lagerraum zu urteilen, hielten die Bugs nicht allzu oft eine Säuberung ab.
Dann erschienen Kelso und zwei andere Offiziere, und während die anderen Warren im Lager ablösten, hielt ihm der Leutnant einen Bug-Schreibblock hin, auf den er mit einem Bug-Stift geschrieben hatte, daß die Hauptzentren des Wachschiffs eingenommen waren. Als Postskriptum hatte er hinzugefügt, daß der Marschall nur noch wenig Luft übrighaben konnte und schlug daher vor, ihn zu den Gefangenen-Quartieren zu führen. Warren kritzelte seine Zustimmung auf den Block, und dann machten sie sich zusammen auf den Weg.
Es geschah an der dritten Korridorkreuzung – Warren bekam plötzlich keine Luft mehr. Verzweifelt schnappte er nach Luft, aber seine Lungen bekamen keinen Sauerstoff mehr. Seine Brust brannte wie Feuer, vor seinen Augen wurde es schwarz, und sein Kopf begann lauter und lauter zu hämmern.
Nach all dem, was ich durchgestanden habe, haderte Warren, muß ich nun auf diese Weise sterben!
Er spürte, wie Kelso seinen Arm ergriff und wand sich verzweifelt wie ein Ertrinkender, der sich an sein bißchen Leben klammert. Er fühlte, wie seine Finger sich in das Weidenwerk von Kelsos Anzug krallten, fühlte, wie die dünnen Rohre sich unter seinem Griff bogen und brachen, und ein winziger noch vernünftiger Teil seines Gehirns sagte ihm, daß er die Verschlüsse des Leutnants in Gefahr brachte, ja vielleicht Kelso bereits zum Tode verdammt hatte, aber dieser winzige Funke Vernunft wurde von schierer Panik überschwemmt und ausgelöscht ...
*
Er kam wieder zu sich, als die leicht säuerliche Luft des Gefangenen-Quartiers in seine Lungen strömte. Sein Helm war vorn zerschlagen, und Kelso hockte rittlings auf seiner Brust und hielt ihm leicht die Hand auf den geöffneten Mund, um zu verhindern, daß Warren die umherschwebenden Glassplitter einatmete.
Warren klopfte auf Kelsos Arm, um ihm zu bedeuten, daß er wieder in Ordnung sei. Grinsend ließ der Leutnant ihn los und zerschmetterte vorsichtig mit einem Keil die Front seines eigenen Helmes. Gemeinsam begannen sie, die Verschlüsse aufzubrechen.
Es war eine wahre Wonne, sich aus dem unbequemen Weidenpanzer und der Glasausrüstung herauszuschälen und sich in der Mitte wieder frei bewegen und beugen zu
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