TTB 109: Unendlichkeit x 5
er triumphierend lachte. »Geschafft!«
*
Miss Fellowes eilte in Begleitung der beiden Männer über die schmale Treppe in das Laboratorium hinab. Die Techniker waren von ihren Geräten aufgestanden, hatten Zigaretten angezündet und unterhielten sich aufgeregt. Aus dem Puppenhaus drang ein leises Summen.
Hoskins sagte zu Deveney: »Das Betreten der Stasis ist völlig ungefährlich. Ich habe es selbst schon oft genug getan. Das eigenartige Gefühl dabei vergeht sofort wieder.«
Er trat durch die offene Tür, als wolle er seine Behauptung dadurch beweisen. Deveney lächelte tapfer, holte tief Luft und folgte ihm.
Hoskins sagte: »Miss Fellowes! Bitte!« Er krümmte ungeduldig den Zeigefinger.
Miss Fellowes nickte und kam seiner Aufforderung nach. Sie spürte ein leises Kribbeln, als sie die Schwelle überschritt.
Aber im Innern des Puppenhauses nahm sie nichts mehr davon wahr. Hier roch es nur nach frischem Holz und irgendwie nach Erde.
Die Kinderstimme war verstummt, aber dafür wurden jetzt leise Schritte hörbar – und ein Schluchzen.
»Wo ist er?« fragte Miss Fellowes scharf.
*
Der Junge befand sich in dem Raum mit dem Bett.
Er war nackt, so daß deutlich zu sehen war, wie seine Brust sich unter seinen aufgeregten Atemzügen hob und senkte. Um seine Füße herum lagen Erdbrocken, Grashalme und Blätter. Daher stammte also der erdige Geruch ... und der fast unerträgliche Gestank.
Hoskins folgte ihrem entsetzten Blick und sagte mißmutig: »Man kann einen Jungen nicht einfach aus seiner Zeit herauspicken, Miss Fellowes. Wir mußten einen Teil seiner Umgebung mitnehmen, um ihn nicht zu gefährden. Oder wäre es Ihnen lieber gewesen, wenn er nur mit einem Bein angekommen wäre?«
»Bitte!« sagte Miss Fellowes und beherrschte sich mühsam. »Sollen wir noch länger warten? Das arme Kind hat Angst. Und es ist schmutzig .«
Sie hatte recht. Der Junge war von Kopf bis Fuß völlig verdreckt und hatte eine Schramme am Schenkel, die rot und entzündet aussah.
Als Hoskins sich ihm näherte, wich der Junge, der etwa drei Jahre alt zu sein schien, vor ihm zurück, öffnete den Mund und fauchte wie eine Katze. Hoskins ließ sich nicht abschrecken, sondern hielt ihn an den Armen fest, obwohl der Junge sich verzweifelt gegen seinen Griff zur Wehr setzte.
»Halten Sie ihn fest«, ordnete Miss Fellowes an. »Er braucht zunächst ein warmes Bad, damit er nicht so unglaublich stinkt. Haben Sie alles vorbereitet? Ich brauche allerdings noch jemand, der ihn festhält. Und dann lassen Sie um Gottes willen das Zeug fortschaffen.« Sie wies auf die Erdbrocken, die den Fußboden bedeckten.
Nun gab sie die Befehle und fühlte sich völlig dazu berechtigt. Weil sie aber eine ausgebildete Krankenschwester und nicht nur eine verwirrte Zuschauerin war, betrachtete sie das Kind mit anderen Augen – und erschrak unwillkürlich. Sie sah durch den Schmutz hindurch und konzentrierte sich statt dessen auf das Kind.
Er war der häßlichste kleine Junge, den sie je in ihrem Leben gesehen hatte.
*
Sie wusch und badete den Jungen, mußte sich dabei aber von drei Männern helfen lassen, während andere die Räume säuberten.
Dr. Hoskins hatte bereits angedeutet, daß der Junge nicht hübsch sein würde, aber das bedeutete schließlich noch lange nicht ein so scheußlich deformiertes Kind. Und der Junge verbreitete einen Gestank, dem selbst mit Wasser und Seife nur allmählich beizukommen war.
Sie hätte ihn am liebsten Dr. Hoskins in den Arm gedrückt und wäre wortlos gegangen; aber daran hinderte sie ihr Berufsstolz. Schließlich hatte sie die Aufgabe freiwillig übernommen ...
Dr. Hoskins stand einige Schritte von ihr entfernt und beobachtete sie mit einem halben Lächeln bei der Arbeit.
Als der Junge endlich nur mehr nach parfümierter Seife roch, fühlte sie sich bereits erheblich besser. Er war so erschöpft, daß er nur noch leise Schluchzlaute ausstieß und sich ängstlich umsah. Nach dem Bad zitterte er vor Kälte.
»Das Kind braucht sofort ein Nachthemd!« befahl Miss Fellowes.
Das Nachthemd wurde augenblicklich gebracht.
Deveney, der Fernsehreporter, kam zu ihr heran und sagte: »Ich halte ihn lieber fest, Miss. Allein sind Sie ihm bestimmt nicht gewachsen.«
»Danke«, antwortete Miss Fellowes. Tatsächlich entspann sich ein wilder Kampf, aber schließlich hatte der Junge doch das Nachthemd an. Als er es sich vom Leib zu reißen versuchte, schlug Miss Fellowes ihm auf die Hand.
Der
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