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TTB 117: Lichter des Grauens

TTB 117: Lichter des Grauens

Titel: TTB 117: Lichter des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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schafft kein einziges Schwebeflugzeug. Haben Sie einen Sender, Madame?«
    Anjanet schüttelte den Kopf. »Nein. Randall kommt mich in einem Monat abholen. Wir können den Mann doch nicht wegen der Verbote hier liegenlassen. Er verhungert – falls er noch lebt.«
    »Lebt er noch?« fragte der Junge.
    »Das werde ich zuerst feststellen.«
    Die Frau kletterte hinein, riß den magnetischen Saum des silberfarbenen Hemdes auf und legte ihr Ohr auf die Brust des Mannes. Der Herzschlag war der eines Schlafenden. »Er schläft nur«, sagte Anjanet.
    »Aber er ist angeschnallt, Madame«, sagte Gaspard ratlos. Die Hand des Jungen deutete auf die breiten Kunststoff-Fesseln um Arme, Füße und Magengegend. Schließlich entdeckten sie am Sockel des Sessels ein aufgenietetes Schild. Buchstaben in Galaxonom sagten in gelber Schrift:
    Zur Entfernung der Sicherheitsgurte Kopfschalter C 6 umlegen, dann Handrad A 2 bis zum Anschlag links drehen.
    Mit der Hilfe des Jungen, der die Elemente fand, entfernte Anjanet die Bänder. Dann blieb die Frau überlegend stehen und sagte schließlich:
    »Was immer hier verboten ist – ehe wir eine Dienststelle benachrichtigen können, ist der Mann verhungert oder verdurstet, oder eine wilde ssfaira hat ihn erdrosselt. Wir laden ihn auf deinen Gleiter und bringen ihn zum Wohnwagen. Werden wir ihn tragen können?«
    »Natürlich, Madame«, sagte Gaspard eifrig.
    »Gut. Fangen wir an.«
    Sie zerrten den Piloten aus dem Sessel, durch das Schott und auf die Ladefläche des Fahrzeugs. Ein merkwürdiges Gefühl beschlich Anjanet; über dem stahlblauen Morgenhimmel schien plötzlich hellgrauer Nebel zu lagern. Vor zehn Jahren hatte sie dieses Gefühl gehabt und sich ebenso gefürchtet. Damals, als sie von der Universität Abschied nehmen mußte und von … Das war lange vorbei. Als sich die Umrisse der beiden Fahrzeuge aus dem Sand hervorschoben und die geparkten Gleiter neben den laughs erschienen, beruhigte sich Anjanet ein wenig. Hier befand sie sich wieder auf vertrautem Gebiet. Sie rief einen anderen Jungen heraus; zu dritt schleppten sie den bewußtlosen Piloten in den Wohnwagen und legten ihn auf das Lager. Der Mann schlief noch immer; Anjanet vermutete, daß sein Kreislauf mit einschläfernden Medikamenten überflutet worden war. Auf der Brust des silbergrauen Hemdes, dicht neben dem klaffenden Magnetsaum, war ein winziges Plastikschild angeschweißt. Name und Kennzeichen waren dort zu lesen.
    Noguera, A. B 17-26: 2031784.
    Anjanet schickte die Schüler hinüber in den anderen Wagen und betrachtete den Schlafenden. Es war unzweifelhaft einer der bestaussehenden Männer, die Anjanet kannte. Die Haut war sonnengebräunt, Haar und Brauen waren schwarz, und lange Wimpern bedeckten die geschlossenen Lider. Der Pilot sah sehr männlich aus, aber das Gesicht war nicht das eines fünfundzwanzigjährigen Mannes – Anjanet schätzte dieses Alter – es schien unfertig, noch im Entwurf zu sein. Wie ein Tonmodell, ehe der Künstler die letzten Feinheiten herausarbeitet.
    »Noguera – ein Mann ohne Gesicht«, murmelte Anjanet, schloß die Leichtmetalltür und ging hinüber ins Klassenzimmer. Dort beendete sie die Diskussion zwischen den Jungen und Mädchen und begann nach einigen erklärenden Worten mit dem Unterricht. Acht Stunden arbeiteten sie ohne Unterbrechung. Dann waren sowohl das tägliche Pensum der Lernmaschinen als auch der Niederschlag der gestern übermittelten Fakten und Erkenntnisse integriert und erschöpfend wiederholt worden. Anjanet schloß für diesen Tag die Unterrichtsarbeit, nannte die Hausarbeiten und verabschiedete sich von den Schülern.
    »Hat einer von euren Vätern einen Sender auf der Farm?« fragte die Lehrerin.
    »Nein, Madame«, antworteten einige Schüler durcheinander, »wir erledigen dies alles durch den Imperiumsboten. Er kommt sehr regelmäßig.«
    Anjanet hob die Hand und bat, noch etwas zu warten.
    »Paßt auf«, sagte sie, »fragt zu Hause, wie man es am schnellsten bewerkstelligen kann, eine Imperiumsdienststelle zu benachrichtigen. Wer den besten Vorschlag bringt, braucht keine Hausarbeit zu schreiben.«
    »Machen wir, Madame!«
    Die Klasse stob auseinander. Die Fahrzeuge brummten los, Sandwolken wurden neben den Lochplatten des Antriebs hochgeschleudert, und die laughs scheuten und stiegen hoch. Es waren dies unglaublich dünne und ebenso zähe, pferdeähnliche pseudoequus tejedorii – Säugetiere, die seit Jahrtausenden die Wüstenränder des Planeten

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