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TTB 117: Lichter des Grauens

TTB 117: Lichter des Grauens

Titel: TTB 117: Lichter des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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bevölkerten und sich hatten domestizieren lassen. Sie dienten als Reittiere, aber die Zähmung war schwierig. Die Kinder saßen in hochlehnigen Spezialsätteln mit schweren Taschen. Fast jeder Schüler trug zu seinem Schutz eine gezähmte ssfaira am Sattelhorn. Eine Minute später war nur noch eine Sandwolke zu sehen.
    Dann war Anjanet allein mit dem Problem ihres Lebens.
     
    *
     
    Nicht jedes Schweigen ist von unbekannten Gefahren erfüllt – dieses war es. Alphard sank hinter die große Düne diesseits des Flusses, und ein kupferfarbenes Licht erfüllte alles. Es lag auf den Gegenständen im Innern des Wohnwagens, und Unheil schien sich wie Nebel auszubreiten. Anjanet fühlte, wie sich die Haut ihres Rückens zusammenzog. Sie starrte Noguera an.
    Er erwachte sehr langsam. In dem Gesicht öffneten sich blinzelnd dunkle Augen. Dann wurde der Blick fest und fand das Gesicht der Frau.
    »Nannie – Durst!« sagte Noguera. Anjanet ergriff den Becher, der auf dem Tisch stand, mit kaltem Fruchtsaft aus dem Kühlschrank gefüllt. Anjanet setzte sich vorsichtig auf die Kante des Lagers und hielt dem Piloten den Becher an die Lippen. Als sie die Hand zurückzog, war der Becher leer.
    »Was ist los?« fragte Noguera und richtete sich langsam auf. Er stützte sich auf die Arme und sah sich um. Er erkannte offensichtlich die Umgebung nicht.
    »Ihr Raumschiff ist nicht auf dem planetaren Hafen gelandet, sondern siebentausend Kilometer davon entfernt in der Wüste Tejedors. Die Pilotenkabine wurde abgesprengt; einer meiner Schüler fand Sie und brachte Sie hierher.«
    Noguera blinzelte verwirrt und sah Anjanet in die Augen.
    »Schiff? Du bist nicht Nannie, bist nicht Robot.«
    »Ich bin Anjanet«, sagte die Lehrerin.
    »An…ja…net? Ist das ein neues Spiel?«
    Unfallschock, dachte die Frau. Sie blieb sitzen, sah in die seltsam stumpfen Augen des Piloten und sagte langsam:
    »Nein. Es ist kein Spiel; es ist tödlicher Ernst. Sie haben sich verflogen, und ich habe Sie gefunden. Tut Ihnen etwas weh?«
    »Nein«, antwortete Noguera. »Vieles weiß ich, Fernes schau ich: der Rater Schicksal …«
    »Das ist aus der Edda … was soll das?«
    »Ich habe das Große Spiel verloren. Der Punkt kam nicht in den Kreis. Das nächstemal gewinne ich.«
    Anjanet schüttelte den Kopf; sie verstand nichts. Dann faßte sie die Oberarme des Piloten und drückte ihn nach hinten, bis er wieder ausgestreckt lag. Die Berührung schien einen Reflex ausgelöst zu haben; die Braune Hand des Mannes ergriff die Finger Anjanets und hielt sie fest, mit der Geste eines Kindes, das sich fürchtet.
    »Hören Sie zu!« begann die Frau erneut.
    »Ja?«
    Sie fragte sich verwirrt, was hier vorging. Sie redeten aneinander vorbei. Offensichtlich schien der Mann nicht zu begreifen, was sie ihm klarzumachen versuchte. Er sprach Galaxonom mit einem fast unmerklich fremdartigen Akzent. Ebenso augenscheinlich war, daß sie wiederum nicht erkannte, was er meinte. Was war das Große Spiel? Sie sagte:
    »Wer sind Sie?«
    »Ich bin der Gegner des Gesichts.«
    »Wer ist das Gesicht?« fragte Anjanet weiter.
    »Das Gesicht ist das Gesicht. Es spricht mit mir. Gibt mir Essen und Trinken. Sagt, was ich tun soll. Es spielt mit mir. Das Große Spiel.«
    »Was ist das, das Große Spiel?«
    Anjanet sah deutlich, wie der Mann vor ihr versuchte, ihre Frage zu verstehen und eine Antwort zu geben. Was sie nicht wußte, war, daß er jede Frage als Bezug auffassen mußte, der einem der Spiele unterzuordnen war.
    »Das Große Spiel … ist … ein Spiel. Ich bin allein mit dem Gesicht, und wir spielen.«
    »Wer gewinnt?«
    »Immer ich. Das letzte Spiel habe ich verloren.«
    Die Frau verstand jetzt in groben Umrissen, worum es hier zu gehen schien. Vermutlich war für die Piloten ein Sternenflug nichts anderes als eine amüsante Unterhaltung während der langen Fahrt, wobei das »Gesicht« der Partner war. Anjanet stellte sich darunter etwas wie einen hochkomplizierten Steuermechanismus vor, von dessen Wirkungsweisen und Aussehen sie ohnehin keine Ahnung hatte.
    »Warum zitieren Sie aus der Edda?« fragte sie wieder.
    »Zitie…ren? Was ist das?«
    Sie gab es auf. Armer Bursche, dachte sie, du rast durch das Weltall, ganz allein mit deinen Maschinen, und hast natürlich Kontaktschwierigkeiten, wenn du aus dem Schiff geholt wirst. Die Frau beschloß, die Fehlleistungen eben dieser Kontaktschwierigkeit zuzuschreiben.
    »Hören Sie zu …«, begann sie. »Sie sind hier bei mir.« Sie wählte

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