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TTB 117: Lichter des Grauens

TTB 117: Lichter des Grauens

Titel: TTB 117: Lichter des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Episode dieses dunklen, schreckenerfüllten Traumes war von anderer Art.
    Das letzte Röhrchen war leer …
    Anjanet war abends in einem unbeobachteten Moment hinausgelaufen, hinunter zum Fluß. Dort suchte sie sich einen geschützten Platz und legte sich in die Sonne. Sie schlief einige Minuten, roch, als sie erwachte, den Duft der Wasserpflanzen, blieb noch liegen und überdachte zum tausendstenmal ihre Lage. Sie fand, daß sie übel war. Ein Blick in den Spiegel hatte sie gelehrt, daß alles Spuren hinterläßt.
    Das Gesicht, das ihr aus dem Glas entgegengestarrt hatte, war nicht mehr das Anjanets vor rund zwanzig Tagen; heiter, gelöst und von einer fraulichen Ruhe, sondern eine Schimäre. Bleich, hohläugig und mit tiefen Schatten unter den Lidern und häßlichen Linien um Nase und Mund. Das Haar war verwildert. Anjanet war mehr als nur erschrocken und hatte sich gedacht … Nichts hatte sie gedacht. Sie war vor dem Bild hierher geflohen.
    Den Schülerinnen war das unstete, übernervöse Wesen schon aufgefallen, aber sie hatten nur wohlerzogen gestaunt und nichts gesagt. Nur ein schwacher Rest von Verantwortungsgefühl hielt Anjanet davon ab, mit einem der Schüler auf die Farm seines Vaters zu reiten und Noguera hierzulassen, bis Randall kam.
    Sie hob die Hand und fand bestätigt, was sie befürchtet hatte; die Finger bebten. Sie war am Rand ihrer Nervenkraft. Und sie fühlte sich wie weggeworfen und liegengelassen.
    Sie schwamm mit schnellen Stößen in die Mitte der Fläche, warf den Kopf zurück, wobei das Haar nach hinten flog und ein Vorhang aus Wasserperlen aufstäubte. Dann tauchte sie.
    Als sie wieder an die Oberfläche kam und tief Luft holte, sah sie Noguera, der sie im gleichen Moment entdeckte. Ohne daß sie es gemerkt hatte, waren sie in der Mitte des kleinen Sees zusammengetroffen. Anjanet warf sich herum und stieß sich heftig ab. Der Mann tauchte; sie sah, als ihr Kopf einen Moment unter Wasser war, die langen silbernen Hosen aufblitzen. Dann fühlte sie, wie sich Nogueras Hand um ihren Knöchel spannte. Noguera tauchte und zog sie herab. Er war ein vorzüglicher Schwimmer. Während Anjanet wild austrat und kämpfte, um freizukommen, krümmte sie sich unter Wasser zusammen und rang nach Luft. Sie fühlte, wie sich nackte Todesangst ihrer bemächtigte.
    Noguera ließ sie los und schoß wie ein Hecht mit einer unvergleichlich eleganten Windung nach oben, durchbrach den Wasserspiegel und wartete, bis sie auftauchte.
    »Wir spielen – fein!« gurgelte er. Sie schlug die Arme zurück, um mit einem Schmetterlingsschlag freizukommen. Noch ehe sie genügend Luft geholt hatte, tauchte Noguera wieder und zog sie mit sich hinab. Es schien, als wäre dies ein Spiel unter übermütigen Menschen; es war nahezu tödlich. Anjanet dachte, sie müsse sterben. Das Blut, dem der Sauerstoff fehlte, kreiste träge durch die Adern; das Herz hämmerte wie verrückt. Eine Sekunde, ehe die Frau ohnmächtig wurde, tauchten sie wieder auf.
    Das Spiel dauerte rund zehn Minuten. Plötzlich verlor Noguera die Lust, tauchte weg, nachdem er die Arme der Frau losgelassen hatte. Sie berührte Boden, stieß sich in einem Impuls aus reinem Lebenserhaltungstrieb ab und tauchte wieder auf. Luft füllte ihre Lungen, vor den Augen rotierten helle und dunkelrote Kreise und Spiralen. Es gelang Anjanet, sich auf dem Rücken treibend dem Ufer zuzubewegen; wie sie es geschafft hatte, wußte sie später nicht mehr. Sie robbte auf Knien und Ellenbogen über den Sand, dann brach sie zusammen. Als sich der Nebel lichtete, wußte sie, daß sie eben dem Tod entgangen war; knapper als je zuvor.
    Noguera hockte sich neben sie und lächelte. Sie schloß angeekelt die Augen. Hörte seine Stimme, die sagte:
    »Nannie …!«
    Das Bewußtsein verließ sie. Ihr Kopf fiel zur Seite. Nasser Sand klebte auf der Haut ihres Körpers. Noguera begann vorsichtig und behutsam ihre Arme zu streicheln. Davon wurde sie wach und schleppte sich durch die Nacht zum Wohnwagen. Hinter ihr ging Noguera und lächelte. Am Ufer pfiff eine ssfaira .
    Anjanet erreichte die Stufen, kam irgendwie hinauf und warf einen Hebel herunter. Motoren winselten auf und schlossen den Wohnwagen; stählerne Platten legten sich vor Fenster und Tür. Das Induktionsfeld schaltete sich selbständig ein. Die Frau fühlte sich mehr als elend. Draußen hämmerten die Fäuste des Raumfahrers an die Stahlblenden. Anjanet zerrte aus einem Fach ein Handtuch, trocknete sich ab und zog sich an. Dann

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