TTB 119: Computer der Unsterblichkeit
Schönheitscremes und -pudern auf künstliche Sonnenbräune umzustellen.
Der Freudentaumel griff weiter um sich. Nach drei Tagen schien er einen Gipfelpunkt erreicht zu haben, über den hinaus eine Steigerung nicht mehr möglich war. Die Industrie arbeitete nur noch mit halber Kraft. Viele Betriebe schlossen vorübergehend ganz. Die Armee und die Nationalgarde wurden eingesetzt, um die öffentlichen Dienste aufrechtzuerhalten.
Und dann wurde, fernem Donner gleich, das erste Grollen hörbar. Es war gut und schön, Mable im Fernsehen und auf Illustriertentiteln zu sehen, aber wo war sie? Man wollte sie persönlich sehen, ihre eigenen Worte hören.
Und wo war Bossy? Wann wurde endlich damit angefangen, alle Leute jung und unsterblich zu machen?
Am vierten Tag wurde das Grollen vernehmlicher. Wer hatte Bossy? Warum erlaubte man ihnen nicht, die Maschine zu sehen? Es kam das Gerücht auf, die Privatindustrie habe die Maschine angekauft und beerdigt, wie sie es mit so vielen Erfindungen zu machen pflege, die ihr das Geschäft ruinieren könnten.
Ein angetrunkener Oberst redete in einer Bar ein bißchen laut, und plötzlich wollte man mit Sicherheit wissen, daß Bossy im Besitz der Regierung sei – daß die Verwaltung plane, die Maschine für politische Zwecke einzusetzen und nur ausgewählte Persönlichkeiten in den Genuß ihrer Vorteile kommen zu lassen.
Dann kam das Gerede auf, Bossy sei überhaupt ein Schwindel. Die Reaktion setzte ein, und die Verlautbarungen der Skeptiker gewannen verspätetes Gehör. Man hatte die Öffentlichkeit hereingelegt. Es gab keine Mable und hatte nie eine gegeben. Es war alles nur ein Reklametrick, um einen neuen Fernsehstar zu lancieren.
Die Nachrichtenagentur, die zuerst mit der Geschichte herausgekommen war, wurde unruhig. Sie hatte hartnäckig an ihrem Versprechen festgehalten, keine Auskünfte über ihre Informationsquelle zu erteilen, aber nun fürchtete sie, daß man ihr den schwarzen Peter zuschob. Die Sache war der Kontrolle entglitten. Selbst Steve Flynn hätte sich in seinen wildesten Machtphantasien vom Kneten und Formen der öffentlichen Meinung nicht träumen lassen, daß so etwas geschehen könnte. Die Leidenschaften der Masse konnten sie alle zerstören. Und das Personal der Nachrichtenagentur war nicht mehr verläßlich.
Irgendwo würde der Damm brechen, und zwar bald.
Auch Kennedy begriff, daß er in der Sturmflut der in Enttäuschung und Zorn umschlagenden Stimmung untergehen konnte. Zuerst telefonierte er, dann kam er persönlich in die Margaret-Kennedy-Klinik, um mit den Professoren und Joe zu sprechen.
Tatsachen mußten an die Stelle der Gerüchte treten. Es mußte bekannt werden, daß Mable wirklich existierte. Die Öffentlichkeit mußte beruhigt, die Wissenschaft überzeugt werden.
Es mußte eine neue Verjüngung vorgenommen werden, und diesmal mit unbeschränkter Publizität in jeder Phase des Prozesses.
Er war ein wenig erstaunt, daß er auf keinen Widerstand traf. Hoskins und Billings schienen willens zu sein, die Entscheidung Joe zu überlassen. Er hatte seine Sache bislang gut gemacht, und nun, da sie ihren Elfenbeinturm wiedererlangt hatten, beabsichtigten sie nicht, sich mit der Außenwelt herumzuschlagen.
Es paßte in Joes Pläne, daß es eine öffentliche Demonstration geben sollte. Er hatte sich schon überlegt, wie er sie am besten zustandebringen könnte.
16
Es genügte die Nachricht, daß Bossy bald öffentlich vorgeführt würde, um das Vertrauen und die freudige Erwartung der Welt wiederherzustellen. Die Gerüchte verstummten. Man versicherte den Menschen, daß nicht daran gedacht sei, die Quelle ihrer Hoffnung in das Monopol einer bestimmten Gruppe zu überführen. Die Öffentlichkeit beruhigte sich und harrte in wachsamer Erwartung der Dinge.
Die Vorbereitungen für Bossys zweites Experiment gaben Steve Flynn das Material für das, was er sein Meisterstück zu nennen begann.
Die erste Erklärung nach der Ankündigung der Demonstration war, daß Howard Kennedys Unternehmen Bossy in treuhänderische Verwaltung übernommen habe. Das trug zur weiteren Beruhigung des Publikums bei. Seine Gerechtigkeit, seine philantropischen Stiftungen, seine Verachtung für Raffgier und Korruption waren wohlbekannt. Die Leute wären weniger vertrauensvoll gewesen, hätten sie Bossy in den Händen der Regierung gewußt.
Die zweite Erklärung lautete, daß Jonathan Billings das nächste Experiment an sich selbst vornehmen würde. Auch sie fand
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