Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tu dir weh

Tu dir weh

Titel: Tu dir weh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilaria Palomba
Vom Netzwerk:
es ein fetter Abend.«
    »Aber sicher. Wann werdet ihr noch mal in Bari sein?«
    »Ich weiß nicht genau, ich muss erst noch ein paar Leute abholen.«
    »Ja, Hauptsache, ihr versetzt mich nicht wie die letzten Male.«
    »Hör zu, Blondie, wenn wir in Bari sind, rufen wir dich an und machen was aus, ok?«
    »Ok. Tschüss.«
    »Tschüss.«
    Stella legt das Handy auf das noch nicht gemachte Bett, dann schaut sie auf die Dalí-Uhr auf der weißen Kommode: Sie zeigt acht Uhr zehn.
    Drei klare Bilder schießen ihr durch den Kopf: der Rave vom letzten Abend, wo sie Giulia kennengelernt, angemacht und geküsst hat; das galaktische Im-Stich-gelassen-werden am Morgen danach, weil der Checker mit einem Mädchen abgehauen ist und Stella dort gelassen hat, weshalb sie gezwungen war, mit dem Zug nach Bari zurückzufahren; der wilde Streit mit ihrer Mutter.
    Dann hält sie inne. Läuft barfuß durch das Zimmer und denkt an Marco. Ich habe ihn seit zwei Monaten nicht gesehen.
    Sie knabbert an den Fingernägeln.
    Das letzte Mal war bei Carla.
    Sie reißt mit den Zähnen ein Stück Haut von der Fingerkuppe. Nach jener Nachricht: Würdest du mit mir durchbrennen? Sie reibt sich die Augen und umarmt sich selbst.
    Danach war er wie vom Erdboden verschluckt, wie immer.
    Sie schlägt mit der Faust gegen die Wand, dass die Uhr umfällt.
    Hör auf, daran zu denken, du dämliche Kuh.
    Stella wiederholt sich in Gedanken, dass sie nicht auf das Konzert geht, um Marco zu treffen. Nein. Sie geht dort mit ihren Freunden hin: dem Checker, Giulia und den anderen. Ihr gefallen die Misfits, sie geht ihretwegen dahin und nicht seinetwegen. Stella spürt, wie die Aufregung sie erfasst, ihren Magen rumoren lässt. Dann starrt sie auf die Kommode mit den Tagebüchern. Sie lächelt undmacht einen Schritt darauf zu. Es ist ein antikes Möbelstück aus Holz, das nicht zu der übrigen Einrichtung passt, es sollte nach Holz riechen, aber in Wirklichkeit riecht es nach Erbochenem. Dort drinnen hat sie alles versteckt, was niemand sehen darf. Nachdem die Kommode mehrmals von ihrer Mutter aufgebrochen wurde, hat Stella kurz nachgedacht und dann beschlossen, einen alten Lappen dort zu verstauen, mit dem sie nach einer hart durchzechten Nacht ihr eigene Kotze aufgewischt hat.
    Ich denke nicht, dass meine Nervensäge von Mutter jemals Fächer durchstöbern würde, die nach Kotze stinken.
    Und deshalb versteckt sie jetzt dort auch die Drogen: Sie sind dort absolut sicher. Stella öffnet die Schublade und nimmt das Opiumkügelchen in die Hand, das sie bei Sabino, dem Fixer, gekauft hat. Sie prüft mit den Fingern die Konsistenz, versichert sich, dass es getrocknet ist. Weiches Opium hat die Festigkeit von brauner Knetmasse. Getrocknet ist es härter und kleiner, dafür ist der Wirkstoff auch höher konzentriert, und man vermeidet auf diese Weise unangenehme Folgen, wie zum Beispiel eine Stunde nach Einnahme alles wieder zu erbrechen. Deshalb ist das Opium jetzt getrocknet, strömt jenen dünnen Duft von Weihrauch und Zichorie aus. Nun gibt es nur noch eins zu tun: das Kügelchen wieder in die Aluminiumfolie einwickeln und es zum Konzert mitnehmen.
    Opium ist ein gutes Mittel gegen Schmerzen. Es führt zu genau dem seelischen Zustand, in dem sich Stella am liebsten immer befände:
    Unverletzlichkeit.
    Aus dem Klamottenhaufen auf dem Stuhl fischt Stella die breite olivbraune Techno-Raver-Hose mit den riesigen seitlichen Taschen auf Kniehöhe. Dazu das schwarzweiß gestreifte Oberteil und das graue Sweatshirt mit der spitzen Kapuze. Sie zieht halterlose Strumpfhosenan, drunter trägt sie einen schwarzen Spitzentanga und einen Doppel-Gel-Push-up-BH. Sie weiß nicht genau, ob diese Bekleidung zu ihr passt, aber seitdem sie auf Technopartys geht und ein paar hippe Mädchen mit solchen Klamotten gesehen hat, kann sie nichts anderes mehr tragen. Allerdings hatten die hippen Mädchen auch entsprechende Frisuren: bunte Dreadlocks und Undercuts, Piercings über das ganze Gesicht verteilt und biomechanische Tätowierungen auf den Armen. Sie dagegen hat kein einziges Piercing, und ihre Haut ist so empfindlich, dass sie bei ihrer ersten und einzigen Tätowierung auf der linken Hüfte, tagelang nicht aufgehört hat zu bluten. Und sie hängt zu sehr an ihren blonden Haaren, um sich einen Irokesenschnitt oder Dreadlocks machen zu lassen. Stella schaut in den Spiegel und fühlt sich gespalten: eine Hälfte Techno-Raver, die andere anständiges Mädchen. Eine Hälfte verführerisch und

Weitere Kostenlose Bücher