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Tu dir weh

Tu dir weh

Titel: Tu dir weh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilaria Palomba
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die andere Mamas und Papas Nesthäkchen. Eine Hälfte mutig und die andere extrem phobisch. Äußerlich alternativ, drunter Pin-up. Innerlich voller Panik.
    Sie schaut auf das Poster der Velena an der Wand. Bei dem zweiten Treffen mit Marco hat er ihr von ihnen erzählt. Sie kannte sie nicht, doch im Verlauf eines Monats wurden sie eine ihrer Lieblingsbands. Jedes Mal, wenn sie die Velena hörte, musste sie an ihn denken.
    Sie starrt das Poster an und denkt an Marco, der sogar bei ihnen mitgespielt hat.
    Die Sängerin und er – ein Herz und eine Seele. Mit der Gitarristin hatte ich was. Ich war ihr einziger Mann.
    Die Tür des Zimmers geht auf. Sie zuckt zusammen.
    »Mama! Seit wann bist du zurück? Ich hab’ dich nicht gehört.«
    Die Schublade der Kommode.
    »Ich sage dir immer, du sollst die Tür nicht zumachen, wenn ich nicht da bin, sonst hörst du nichts.«
    Sie ist auf.
    »Ich war dabei, mich umzuziehen.«
    Das Opium.
    »Du hättest dich auch mit offener Tür umziehen können, es war sowieso keiner zu Hause.«
    Sie geht raus. Gut, sie haut ab.
    Ihre Mutter hängt die Jacke auf den Kleiderständer draußen vor Stellas Zimmer, Stella nutzt die Gelegenheit, um die Schublade zu schließen. »Was ist?«, fragt sie, als sie sieht, in welcher Aufregung sich ihre Tochter befindet.
    »Nichts, Mama, was soll sein?«
    »Hör mal, warum trägst du diese scheußliche Hose?«
    »Dir passt aber auch nie irgendwas! Wenn ich Absätze trage, passt dir das nicht, wenn ich alternative Sachen anziehe, passt dir das nicht, aber du, nicht wahr? Kümmer dich doch mal um deine eigenen Probleme.«
    »Du bist wirklich dämlich! Ich sage das nur dir zuliebe. Wenn du wie ein Penner herumlaufen willst, also ich weiß nicht.«
    »Ja, ich will wie ein Penner herumlaufen.«
    »Mach, wie du willst, ich gehe das Abendessen vorbereiten, dein Vater wird gleich zurück sein.«
    »Ich hab’ eigentlich schon gegessen.«
    »Stella, was soll das! Wir sehen uns nie mehr alle gemeinsam!«
    »Ja eben, wir sehen uns nie alle gemeinsam, warum sollen wir ausgerechnet jetzt damit anfangen, ich habe schon gegessen, und außerdem gehe ich gleich aus.«
    »Was?«
    »Du hast richtig verstanden, ich gehe zu einem Konzert.«
    »Heute schon wieder? Nachdem ich deinetwegen die ganze Nacht wach gelegen habe?«
    »Morgen habe ich keine Uni.«
    »Ich frage mich nur, wie weit es mit meiner Tochter gekommen ist!«
    »Nur wegen eines Konzerts? Du übertreibst echt!«
    »Hör mal, warum lädst du dir nicht eine Freundin nach Hause ein, und ihr guckt euch einen schönen Film an? Man kann nicht immer dieses Vagabundenleben führen! Heute die Reise, morgen das Konzert, dann die Party, dann übernachtest du bei jemand anderem, was denkst du, wo du hier lebst?«
    »Hör zu: Bei all meinen Freundinnen, die ich dir vorgestellt habe, hast du dafür gesorgt, dass sie Hals über Kopf davongelaufen sind. Erinnerst du dich, wie es mit Tina war? Du hast sie aus dem Haus gejagt. Wegen dir habe ich gar keine Freundinnen mehr.«
    »Was hat das damit zu tun? Sie war ein Junkie. Ich frage mich nur, was du mit deinem Leben machen willst. Warum bist du so unersättlich, so maßlos? Wer zwingt dich dazu? Was glaubst du, wo das hinführt?«
    »Bisher habe ich immer meine Eins-null bekommen, ich tue, was ich tun soll, ich halte mich an unsere Abmachung: Du bezahlst die Universität, und ich bekomme Bestnoten.«
    »Du musst uns als Eltern respektieren, wir können es nicht mehr ertragen, dich nicht zu sehen, wenn du nach diesen höllischen Nächten morgens zurückkommst, immer mit entstelltem, erschöpftem Gesicht. Wir können nicht mehr so tun, als würden wir das alles nicht sehen.«
    Stella schiebt ihre Mutter aus dem Zimmer und schließt sich ein.
    Ich muss auf dieses Konzert.
    Stellas Mutter schlägt mit den Fäusten gegen die Tür und schreit ihre Tochter an, sie solle die Tür aufmachen, dass ihr Vater bald zurück sein werde, und dann müsse sie die Sachemit ihm ausmachen. Sie sagt ihr, dass sie respektlos und gemein sei.
    Es geht um Leben und Tod.
    Sie hält sich die Ohren zu und dreht die Stereoanlage auf volle Lautstärke.
    »Du bist undankbar«, schreit ihre Mutter.
    Sie nimmt das Opium und steckt es in die Seitentasche der Hose, öffnet die Zimmertür einen Spaltbreit, so dass sie erkennen kann, was ihre Mutter gerade macht. Sie hört keine Geräusche, also geht sie hinaus. Ihre Mutter erwartet sie wie ein Soldat vor der Haustür.
    Los, Stella, jetzt hilft nur Geschmeichel und

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