Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tu dir weh

Tu dir weh

Titel: Tu dir weh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilaria Palomba
Vom Netzwerk:
steigen.
    »Klingelst du mich an, wenn du zu Hause bist?«, bittet sie ihn.
    »Klar.«
    »Marco!« Sie hebt ihre Stimme. »Im Ernst, bitte.«
    »Ich hab’ dir doch gesagt, ja.«
    Sie wirft die Autotür zu und schließt die Haustür auf, dabei hat sie schon das Dröhnen seines Motors in den Ohren. Sie betritt die Wohnung, es ist dunkel, ihre Eltern schlafen.
    Sie legt sich ins Bett und wartet, dass Marco sie anruft. Sie wartet. Wartet. Wartet. Schließlich schreibt sie ihm: »Alles in Ordnung?«
    Keine Antwort.
    Ich weiß, dass es dir gutgeht. Du willst mich nur wütend machen, du beschissener Drecksbastard.
    Sie kauert sich unter der Decke zusammen, hört noch immer das Miauen. Sie hält die Augenlider fest geschlossen, doch das Miauen wird immer lauter, es klingt wie ein Junges, das um Hilfe ruft.
    Schlaf, dämliche Kuh, das sind nur Hirngespinste.

DER VATER
    Die Finger drücken auf die Tasten. Die Augen rot vor Müdigkeit, die Haut im Gesicht gespannt vor Aufregung.
    Da ist er, das Arschloch, um fünf Uhr früh auf MSN .
    Sie hat Lust, ihn anzuschreiben und ihm mal richtig die Meinung zu sagen, aber ihr wird schnell klar, dass es schlauer ist, so zu tun, als ob nichts wäre.
    Ich hab’ ihm schon zu viel Aufmerksamkeit gewidmet, indem ich wegen ihm und der Scheißkatze die ganze Nacht wach gelegen habe.
    Stella geht auf ihre Facebookseite, bearbeitet die Fotos, beantwortet die Kommentare, freut sich über den kleinen Raum, wo sie der Star ist, bis ihr Blick wieder auf den kleinen grünen Punkt neben Marcos Profilbild fällt, der bedeutet, dass er online ist.
    Mit wem chattest Du? Bist du auf einer Porno-Webcam? Chattest du mit Lory?
    Kaum hat sie den Gedanken beendet, erscheint noch ein anderer grüner Punkt im Chatkasten. Dieser Punkt schreibt:
    »Noch wach?«
    »Ja, ist wahrscheinlich wegen der Drogen«, antwortet sie.
    »Also gehst du morgen, ich meine heute, nicht zur Uni?«
    »Ich habe kein Seminar, aber eigentlich müsste ich für die Prüfung lernen.«
    »Lern doch hier in Castel di Travia, wir fahren ans Meer.«
    »Heute Vormittag?«
    »Ja.«
    »Ich weiß nicht, ich habe viel zu tun.«
    »Was denn?«
    »Ich denke mal drüber nach und sage dir dann Bescheid.«
    »Ich gebe dir meine Nummer, ruf mich an«, schreibt Alberto.
    Stella fährt den Rechner herunter und geht auf ihr Zimmer, dann legt sie sich wieder ins Bett.
    Ein plötzliches, gewaltsames Licht trifft auf ihr rechtes Auge und katapultiert sie zurück in das Zimmer.
    Unglaublich: Ich konnte einschlafen.
    Stellas Vater reißt alle Fenster auf und zieht seiner Tochter die Decke weg.
    »Hey, was soll das?«, fragt sie genervt.
    »Es ist zwölf.«
    »Na und?«
    »Hast du nichts zu tun? Du Glückliche!«
    »Und du? Gehst du nicht zur Arbeit?«
    »Nein, heute nicht, deshalb nutze ich den Tag, um ihn mit dir zu verbringen«, sagt er grinsend.
    Stella schnaubt.
    »Hör zu, ich fahre ans Meer, zu ein paar Freunden von mir.«
    »Ans Meer? Im Mai?«
    Besser ich sage nichts, sonst gibt’s Ärger.
    Stella steht auf, sie sieht noch immer alles verschwommen. Sie reibt sich die Augen, spürt die Wärme von draußen hereindringen. Ihre Pyjamahose rutscht ihr von der Hüfte.
    »Sieh dich an, du bist ja nur noch Haut und Knochen«, sagt Nicola.
    »Was redest du für’n Scheiß? Keine meiner Freundinnen ist so dick wie ich!«
    »Und wer bitte schön sind diese magersüchtigen Freundinnen?«
    Tja, stimmt, wer sind diese Freundinnen? Ich hab’ keine.
    »Stella, du gehst heute nicht aus, bevor du mir erklärt hast, was hier drinsteht«, ruft ihr Vater und zeigt auf »Das Sein und das Nichts«.»Du hockst jetzt schon seit drei Monaten über diesem Buch, ich finde, es ist höchste Zeit, dass du die Prüfung ablegst, findest du nicht?«
    Was ist denn das für eine Scheißerpressung?
    Sie setzt einen Schmollmund auf, aus der Reihe: Bitte lass uns nicht über Prüfungen reden.
    »Du sagst immer, dass wir dir nicht reinreden sollen, weil du gut lernst«, sagt er. »Du tust deine Pflicht, und wir mischen uns nicht ein. So ist es doch, nicht wahr? Also gut, ich verlange einen Beweis: Beweise mir, dass du das, was du liest, auch nach durchgemachten Nächten voller Mist noch verstehst!«
    »Aber Papa ...«
    »Ich will dich zu nichts zwingen, zeig mir einfach, dass du deine Pflicht erfüllst, dann darfst du heute Abend ausgehen.«
    Schachmatt.
    Stella setzt sich im Schneidersitz aufs Bett, ihre Haare sind zerzaust, ihre Augen geschwollen und so groß wie Billardkugeln. Die

Weitere Kostenlose Bücher