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Tuchfuehlung

Tuchfuehlung

Titel: Tuchfuehlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Meissner-Johannknecht
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wieder lasse ich heißes Wasser zulaufen. Ob ich diese Wanne je wieder verlasse? Ich fühle mich so wohl wie lange nicht. Traurig zwar, aber auch wohl. Meine Haut wird schon schrumpelig. Trotzdem kann ich mich nicht trennen. Die Wärme des Wassers tut mir gut, tröstet mich.
    Da klingelt es an der Wohnungstür. Ich lasse es klingeln. Keine Ahnung, wer jetzt was von mir will. Ich erwarte niemanden. Mein Vater kommt nicht vor sieben. Aber das Klingeln verstummt nicht. Im Gegenteil. Heftiger, stürmischer, immer öfter. Ich beginne zu ahnen, wer es ist.
    Nein, heute nicht!
    Ich werfe mir meinen «Rave on – Sound of the Underground» in den Recorder und lass mein Hirn zudröhnen. Hard core, Acid, Trance — eine Musik, die ich eigentlich nicht mag, die mich eher nervt. Diese immer gleiche Häm merei gegen die Schädeldecke. Aber sie lenkt mich ab, weckt meine Energien, lässt mich fühlen, dass ich lebe. Sie hypno tisiert mich, lässt mich abdrehen, meinen Alltag für eine Zeit vergessen.
    Aber es ist nicht nur das Gehämmer der dröhnenden Bässe, die jetzt in meine Ohren dringen. Irgendwer tritt kräftig gegen die Wohnungstür.
    Mir wird plötzlich kalt. Trotz der 38 Grad Wassertemperatur, die mich umgeben.
    Die Killer?
    Was wollen die von mir?
    Verdammt, heute ist mein Geburtstag. Können die mich nicht in Ruhe lassen? Nicht mal an meinem Geburtstag?
    Jetzt hör ich sie!
    «Aufmachen, Zeno!»
    Ich hab keine Wahl, wenn ich jetzt nicht öffne, treten sie die Tür ein.
    Meine Lederhose. Ungemütlich, kalt und eng. Wer zieht so was freiwillig an? Dazu ein T-Shirt.
    Ich reiße die Tür auf.
    Vor mir stehen Alex, Tom und Jannik. In ihrem wüsten Outfit. Zerrissene Hosen und Jacken, blaue, gelbe und grüne Haare. Eigentlich sehen sie aus wie immer, und doch ist etwas anders als sonst.
    Sie lächeln.
    In den Händen hält jeder von ihnen ein brennendes Grablicht.
    «Wir wollten dir bloß gratulieren!»
    «Weshalb hast du nicht aufgemacht?»
    «Sag bloß, du nimmst kein Geschenk von uns?»
    Sie gehen an mir vorbei, rein ins Wohnzimmer, so als wären sie hier zu Hause.
    «Kaffee?»
    «Hast du keinen Sekt, es gibt schließlich was zu feiern!»
    Schon wieder Alkohol am Nachmittag. Ich zögere.
    «Nun mach schon, Zeno! Erst anstoßen, dann das Geschenk!»
    Sie haben mich mal wieder voll im Griff. Ich tue mal wieder das, was ich nicht tun will. Geh zum Kühlschrank. Dort liegt eine Flasche Champagner. Wahrscheinlich für später, wenn Herr Zimmermann mit seinem Sohn auf ein erfolgreiches Jahr anstoßen will.
    «Es gibt bloß Champagner, und der gehört meinem Vater ... »
    «Dein Vater ? Der mag uns doch! Der würde keine Sekun de zögern, uns Champagner anzubieten. Gib her, ich mach schon auf!»
    Alex reißt mir die Flasche aus der Hand.
    Ich hab gar keine Chance.
    Sie können es nicht abwarten. Sie sind aufgeregt wie kleine Jungen.
    «Hier, Zeno! Hoffentlich gefällt es dir», sagt Jannik und reicht mir eine Plastiktüte aus dem Kaufhaus. «Es passt zu deinem neuen Outfit», sagt Tom.
    «Wehe, du trägst es nicht!», droht Alex.
    Mir wird langsam kalt. In Alex ’ Blick lauert wieder diese Unberechenbarkeit.
    «Danke!», sage ich.
    Freuen kann ich mich nicht.
    Auch dann nicht, als ich das Geschenk in der Hand halte.
    Ein schwarzes T-Shirt, weiß bedruckt. Ein Totenschädel starrt mich an.
    «Na?»
    Was soll ich sagen?
    Was passiert, wenn ich jetzt die Wahrheit sage? Wenn ich sage, mir graut davor. Ich finde es schrecklich, geschmack los. Nie wird mein Körper ein Hemd wie dieses ertragen können.
    « Passt wirklich gut! Vielleicht ein bisschen kühl für diese Jahreszeit!»
    «Du musst dich abhärten, Zeno. Guck uns an!»
    Ja, ich weiß. Sie brauchen ihre Jacken nicht auszuziehen, um es mir zu zeigen. Die Killer tragen selbst bei diesen Temperaturen unter ihren Jacken nur ein T-Shirt. Sonst nichts.
    Jannik ist aufgestanden, geht zur Tür.
    « Dein Zimmer! Lass uns mal einen Blick reinwerfen!»
    « Genau! Gute Idee!»
    Plötzlich ist der Champagner uninteressant. Sie reißen die Türen auf. Jetzt bin ich geliefert! Die Schaufensterpuppe! Wenn sie die entdecken!
    Aber sie werfen nur einen kurzen Blick in mein Zimmer.
    «Das Zimmer deiner Schwester?», fragt Tom. Uninteressant für ihn. Er ist schon bei der nächsten Tür. Steht im Zimmer meines Vaters. Sieht das breite Bett.
    «Deine Eltern?», sagt Alex.
    Und jetzt? Was passiert jetzt?
    Die letzte Möglichkeit.
    «Ich bin gespannt», sagt Jannik und öffnet die Tür von Lauras

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