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Tür ins Dunkel

Tür ins Dunkel

Titel: Tür ins Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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und er hatte immer das Gefühl gehabt, in dieser Familiengemeinschaft geborgen zu sein. Dennoch hatte er gewußt, daß er keine innere Ruhe finden würde, bis er seine Geschwister in die Arme schließen konnte. Seitdem hatte er tausendmal gewünscht, er hätte sich nie auf die Suche nach ihnen begeben. Zuerst gelang es ihm, Delmar ausfindig zu machen. Besser gesagt, er fand Delmars Grab. Auf der Grabplatte stand freilich weder Delmar noch Detwiler, sondern Rudy Kessman. Das war der Name, den seine Adoptiveltern ihm gegeben hatten. Mit vier Jahren war Delmar nach dem Tod seiner Mutter leicht zu vermitteln gewesen und hatte sehr schnell bei einem jungen Paar - Perry und Janette Kessman - in Fullerton, Kalifornien, ein neues Zuhause gefunden. Die Adoptionsbehörde hatte bei ihren Nachforschungen allerdmgs übersehen, daß Mr. Kessman eine Vorliebe für gefährliche und zum Teil ungesetzliche Beschäftigungen hatte. Er fuhr Viehwagen, was legal war. Er war ein Motorradfan, was zwar nicht ungefährlich, aber natürlich nicht verboten war. Er war auf dem Papier ein Katholik, aber er schloß sich häufig irgendwelchen neuen Sekten an, besuchte mehrere Monate lang die Gottesdienste einer pantheistischen Gemeinschaft und begeisterte sich lange Zeit für eine Gruppe, die an UFOs glaubte; aber wer konnte einem Mann einen Vorwurf daraus machen, daß er Gott suchte, auch wenn er Ihn an den falschen Orten suchte? Kessman rauchte Marihuana, was zwar illegal war, damals aber nicht allzu streng geahndet wurde. Nach einer gewissen Zeit griff er auch zu verschiedenen anderen Drogen.
    Und eines Nachts litt er entweder im Drogenrausch un ter Verfolgungswahn oder aber er brachte irgendeinem neuen Gott ein Blutopfer dar. Jedenfalls tötete er seine Frau und seinen Adoptivsohn und beging anschließend Selbstmord. Rudy-Delmar Kessman-Detwiler war sieben Jahre alt, als er ermordet wurde.
    Auf seinem Bett in dem schwach beleuchteten Motelzimmer liegend, brauchte Dan nicht einmal die Augen zu schließen, um den Friedhof vor sich zu sehen, auf dem er das Grab seines älteren Bruders zuletzt gefunden hatte. Auf diesem Friedhof gab es nur Grabplatten, um das liebliche hügelige Landschaftsbild nicht zu verschandeln. Alle Platten sahen gleich aus: rechteckige Granitblöcke mit einer Kupferplatte in der Mitte, auf der Name, Geburts- und Sterbedatum des Verstorbenen standen, manchmal auch noch ein Bibelzitat oder irgendein anderer Spruch. Auf Delmars Grabplatte standen nur die kalten, nichtssagenden Angaben. Dan erinnerte sich genau an jenen milden Oktobertag auf dem Friedhof, an die leichte Brise und an die Schatten der Birken und Lorbeerbäume auf dem saftig grünen Gras. Aber noch intensiver war die Erinnerung an seine damaligen Gefühle, als er sich niedergekniet und eine Hand auf die Kupferplatte gelegt hatte, die seines Bruders letzte Ruhestätte markierte: an jenes Bewußtsem eines unersetzlichen Verlustes, das hm die Kehle zugeschnürt hatte.
    Obwohl seit damals viele Jahre vergangen waren, obwohl er sich damit abgefunden zu haben glaubte, seinen Bruder nie mehr kennenlernen zu können, bekam Dan auch jetzt wieder einen trockenen Mund und hatte einen Kloß im Halse. Er hätte vielleicht lautlos geweint, wie er es in anderen Nächten getan hatte, wenn diese Erinnerun gen über ihn hereingebrochen waren. Aber Melanie mur melte im Schlaf und stieß einen leisen Angstschrei aus, und das brachte ihn augenblicklich auf die Beine. Das Mädchen zuckte unter der Decke, aber diesmal nur schwach, so als fehle ihm die Kraft, sich heftig zu wehren, und auch sein Stöhnen war so leise, daß seine Mutter  nicht erwachte. Dan fragte sich, welches Monster Melanie in diesem Alptraum wohl verfolgen mochte.
    Dann wurde es im Zimmer plötzlich kalt, und er begriff, daß das Monster vielleicht kein bloßer Alptraum des Kindes, sondern düstere Realität war.
    Er griff hastig nach seiner Pistole, die auf dem Nacht  tisch lag. Die Luft war eisig. Und sie wurde zunehmend kälter.
    Die beiden Männer saßen in der Nähe eines großen Fensters an einem Tisch, spielten Karten, tranken Scotch und Milch und taten so, als wäre dies ein ganz normaler gemütlicher Abend. Der Nachtwind rüttelte an den Dachrinnen der Hütte. Draußen war es bitter kalt und stürmisch, wie es im Februar im Gebirge nicht anders zu erwarten war, aber es schneite nicht. Ein großer Mond zog über den sternfunkelnden Himmel und warf sein mildes Licht auf die verschneiten Tannen und Kiefern

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