Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tür ins Dunkel

Tür ins Dunkel

Titel: Tür ins Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
und auf die weiße Berg-wiese. Es war eine völlig andere Welt als das hektische Gewühl und die grellen Neonlichter der Großstadt. Sheldon Tolbeck war mit Howard Renseveer aus Los Angeles geflüchtet, in der verzweifelten Hoffnung, daß eine große Entfernung auch größtmögliche Sicherheit bieten würde. Sie hatten ihr Ziel keiner Menschenseele verraten, weil sie hofften, daß der mörderische Geist ihnen nicht an einen Ort folgen konnte, der ihm unbekannt war. Sie waren gestern nachmittag nach Norden und dann nach Nordosten gefahren, in die Sierras, zu einer Skihütte in der Nähe von Mammoth, wo sie vor einigen Stunden eingetroffen waren. Die Skihütte gehörte Howards Bruder, aber Howard war noch nie hier gewesen, und niemand würde ihn hier vermuten. Der Geist wird uns trotzdem finden, dachte Tolbeck. Er wird uns irgendwie aufstöbern. Er äußerte diesen Gedanken nicht laut, um Howard Renseveer nicht zu verärgern. Howard, der mit vierzig noch immer etwas Jungenhaftes an sich hatte, war ein Optimist, der immer geglaubt hatte, er würde ewig leben. Howard joggte, Howard achtete darauf, nicht zuviel Fett und Zucker zu essen. Howard meditierte jeden Tag eine halbe Stunde lang. Howard erwartete vom Leben immer nur das Beste, und das Leben erfüllte meistens diese Erwartungen. Howard gab sich auch jetzt optimistisch, was ihre Überlebenschancen betraf. Howard war überzeugt davon - zumindest behauptete er das -, daß das unheimliche Wesen keine so weiten Strecken zurücklegen und ihnen außerdem nicht folgen könne, wenn sie ihre Spuren sorgfältig verwischten. Aber es entging Tolbeck nicht, daß Howard jedesmal nervös zum Fenster hinausblickte, wenn der Wind besonders laut um die Hütte pfiff, und daß er zusammenzuckte, wenn die brennenden Holzscheite im Kamin knackten. Außerdem strafte allein schon die Tatsache, daß sie zu dieser nachtschlafenden Stunde noch nicht zu Bett gegangen waren, Howards angeblichen Optimismus Lügen. Tolbeck goß sich noch etwas Scotch und Milch ein, und Howard Renseveer mischte die Karten, als es im Raum plötzlich kalt wurde. Beide warfen einen flüchtigen Blick zum Kamin herüber, aber die Flammen loderten nach wie vor. Türen und Fenster waren geschlossen. Einen Augenblick später wurde ihnen erschreckend klar, daß es kein Luftzug war, denn die Temperatur sank weiter. Es war gekommen! Es war auf wundersame Weise in die Hütte eingedrungen. Die dämonische und todbringende psychische Kraft hatte sie mit untrüglichem Spürsinn gefunden. Tolbeck erhob sich. Howard Renseveer sprang so ungeschickt auf, daß er zuerst sein Glas und dann seinen Stuhl umwarf. Die Karten fielen ihm aus der Hand. Trotz des lodernden Kaminfeuers war es in der Hütte jetzt so eisig wie in einer Tierkühltruhe, Zwischen den beiden jagdgrünen Sofas lag ein großer runder Teppich, der sich plötzlich in die Luft hob und in zwei Meter Höhe hängen blieb - ein wahrhaftiger fliegender Teppich! Er schwebte in der Luft, und dann begann er sich zu drehen, schneller und immer schneller, wie eine riesige Schallplatte auf einem unsichtbaren Plattenteller. Obwohl Tolbeck wußte, daß jeder Gedanke an Flucht  töricht und sinnlos war, ging er rückwärts auf die Hintertür der Hütte zu.
    Renseveer stand wie angewurzelt neben dem Tisch und starrte auf den fliegenden Teppich.
    Plötzlich erschlaffte der Teppich und fiel zu Boden. Eines der Sofas wurde mit solcher Kraft durch den Raum geschoben, daß es ein Tischchen und eine Lampe umwarf, zwei seiner eigenen Beine abknickte und einen Zeitschriftenständer total verbog.
    Tolbeck hatte sich aus dem Wohnbereich in die Küchenzeile verzogen und die Hintertür fast erreicht. Er schöpfte Hoffnung, entrinnen zu können, Er wagte nicht, dem unsichtbaren, aber ohne jeden Zweifel gegenwärtigen Wesen den Rücken zuzuwenden und tastete deshalb mit nach hinten ausgestrecktem Arm nach dem Türknopf. Die Karten, die Renseveer fallen gelassen hatte, wurden plötzlich lebendig, so wie jene Besen, die dem Zauberlehrling soviel Sorgen bereiteten. Sie flogen vom Boden hoch und wirbelten um Howard herum, und während sie diesen verblüffenden Tanz vollführten, rieben sie sich aneinander. Das Geräusch erinnerte Tolbeck an kleine Messer, die gewetzt wurden. Und kaum daß ihm dieses unbehagliche Bild in den Sinn gekommen war, Sah er auch schon, daß Howard Renseveer, der sich des Kartenwirbelsturms zu erwehren versuchte, an beiden Händen blutete und auch im Gesicht und am Kopf

Weitere Kostenlose Bücher