Tür ins Dunkel
wieder in Falten. »Umm... uh... uh-uh... es... es...«
»Wovor fürchtest du dich, Melanie?«
»Es... es... dort...«, stammelte das Mädchen, und die Angst war seiner Stimme genauso anzumerken wie dem verzerrten bleichen Gesicht. »Was siehst du?« forschte Laura weiter. »Wovor fürchtest du dich, Liebling? Was siehst du?«
»Die... dort... die...« Pepper setzte sich auf und beobachtete das Mädchen aufmerksam. Es schien, als wäre die Luft unnatürlich schwer. Die Schatten in den Zimmerecken schienen dunkler und größer zu sein als einen Augenblick zuvor, obwohl das natürlich unmöglich war. »Es... dort... nein, nein, nein, nein...« Laura legte eine Hand beruhigend auf die Stirn ihrer Tochter und wartete gespannt auf jedes Wort. Ihr war etwas unheimlich zumute, und ein heftiger Schauder lief ihr über den Rücken. »Wo bist du, Melanie?«
»Nein...«
»Bist du in dem grauen Zimmer?« Das Mädchen knirschte mit den Zähnen, drückte die Augen krampfhaft zu, ballte die Hände zu Fäusten, so als kämpfte es gegen etwas sehr Starkes an. Laura hatte Melanie behutsam in jenes graue Zimmer zurückversetzen wollen, aber es sah ganz so aus, als wäre das Mädchen von allein dorthin zurückgekehrt. Laura konnte sich diesen Vorgang nicht erklären; sie hatte noch nie etwas von einer spontanen Versetzung in die Vergangenheit der hypnotisierten Person gehört. Der Patient mußte immer ermutigt und angeleitet werden, um an den Schauplatz des traumatischen Geschehens zurückzukehren.
»Wo bist du, Melanie?«
»N-n-n-nein... nein... die... nein!«
»Ruhig, ganz ruhig. Wovor hast du Angst?«
»Bitte... nein...«
»Ganz ruhig, Liebling. Was siehst du? Den Tank? Niemand wird dich zwingen, wieder in den Tank zu steigen.«
Aber es war nicht der Tank, vor dem sich das Mädchen fürchtete. Lauras Worte vermochten es nicht zu beruhigen. »Nein... nein!«
»Ist es der elektrische Stuhl? Du wirst nie mehr darin sitzen müssen.«
Etwas anderes ängstigte das Kind. Es zitterte und bewegte sich unruhig, so als wollte es sich aus Lauras Armen befreien und wegrennen.
»Liebling, du bist bei mir in Sicherheit«, sagte Laura und drückte sie noch fester an sich. »Niemand wird dir weh tun.«
»Sie öffnet sich... sie öffnet sich... nein... sie... sie... geht auf...«
»Ganz ruhig, Liebling«, murmelte Laura, doch sie war selbst alles andere als ruhig. Sie hatte das Gefühl, daß etwas von ungeheurer Bedeutung geschehen würde.
15
Lieutenant Felix Porteau von der Abteilung für wissenschaftliche Untersuchungsmethoden wurde hinter seinem Rücken Poirot genannt, nach Agatha Christies eingebildetem belgischen Detektiv. Dan wußte aber, daß Porteau sich selbst lieber als Sherlock Holmes sah, trotz seiner kurzen Beine, des dicken Bauches, der hängenden Schultern, des eiförmigen kahlen Schädels und des Weihnachtsmanngesichts. Um dem gewünschten Image zu entsprechen, rauchte Porteau aromatischen Shag-Tabak in einer gebogenen Pfeife.
Diese Pfeife war nicht angezündet, als Dan Porteaus Büro betrat, aber Porteau griff sofort danach und deutete mit ihr auf einen Stuhl. »Setz dich, Daniel, setz dich. Ich dachte mir schon, daß du hier auftauchen würdest. Du willst vermutlich wissen, was ich in der Affäre Studio City alles entdeckt habe.«
»Erstaunlich scharfsinnig, Felix.« Porteau warf sich in seinem Stuhl zurück. »Ein einzigartiger Fall. Natürlich wird es einige Tage dauern, bevor die endgültigen Ergebnisse aus meinem Labor vorliegen.« Felix redete immer von seinem Labor, so als experimentierte er in einem kleinen Raum seiner Privatwohnung in der Londoner Baker Street. »Aber wenn du willst, könnte ich dir sagen, was bei den vorläufigen Untersuchungen herausgekommen ist.«
»Das wäre äußerst liebenswürdig von dir.« Porteau biß auf das Mundstück seiner Pfeife und grinste Dan augenzwinkernd an. »Du verarschst mich, Daniel.«
»Niemals!«
»Doch. Du verarschst alle Leute.«
»Du stellst mich ja als Klugscheißer hin.«
»Das bist du auch.«
»Vielen Dank für das Kompliment.«
»Aber du bist ein netter, witziger, intelligenter und charmanter Klugscheißer -und das macht sehr viel aus.«
»Jetzt stellst du mich als einen Cary Grant hin.«
»Siehst du dich nicht selbst so?« Dan dachte einen Augenblick darüber nach. »Na ja, vielleicht halb Cary Grant und halb Alex Karras.«
»Wer ist Alex Karras?«
»Ein ehemaliger Footballstar. Jetzt ist er Schauspieler.«
»Den kenne ich nicht. Aber wenn ich
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