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Tuerkei - Ein Land jenseits der Klischees

Titel: Tuerkei - Ein Land jenseits der Klischees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Gottschlich
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Konstitutionalisten und Nationalisten durch und bildete im Jahr vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges ein Triumvirat, in dessen Händen faktisch die Macht lag. Die schillerndste Figur dieser Führungsgruppe war Enver Pascha, ein Stabsoffizier, der zwei Jahre lang ( 1910 und 1911 ) als Militärattaché in Berlin gewesen war, die deutschen Rüstungsanstrengungen deshalb gut kannte und bei Ausbruch des Weltkrieges seine beiden Mitregenten dazu überredete, auf die deutsche Karte zu setzen.
    Für die Entscheidung des Osmanischen Reiches, an der Seite Deutschlands und Österreich-Ungarns in den Krieg zu ziehen, gab es allerdings noch weitere Gründe aus der jüngeren Geschichte. Großbritannien, die Weltmacht des 19 . Jahrhunderts, und Frankreich hatten den Niedergang des Osmanischen Reiches gnadenlos für ihre Interessen genutzt und sich für Militärhilfe und Kredite weitreichende Einflussmöglichkeiten im Osmanischen Reicheinräumen lassen. Waren es zunächst nur Handelsprivilegien, kontrollierten die beiden Länder zuletzt eine große Behörde, die eigenständig im Reich Steuern eintrieb, mit denen dann die Schuldenrückzahlung bewältigt wurde. Um sich aus der Umklammerung der beiden Westmächte etwas zu befreien, wandte sich Sultan Abdülhamid II . an den deutschen Kaiser Wilhelm II ., den er für eine Zusammenarbeit gewann, die sich auch gegen England und Frankreich richtete. Während die Briten die osmanischen Marineoffiziere ausbildeten, holte sich der Sultan für sein Heer – und da vor allem für die Artillerie – deutsche Berater, die dann auch dafür sorgten, dass die osmanische Armee mit Mauser-Gewehren und Krupp-Kanonen ausgestattet wurde. In der Tradition Helmuth von Moltkes, der bereits 50 Jahre zuvor als preußischer Offizier an den osmanischen Hof abkommandiert gewesen war, rückten nun etliche deutsche Stabsoffiziere in Konstantinopel ein.
    Um den englischen Einfluss zu brechen, verlieh der Sultan den Deutschen die Konzession für den Bau der Anatolischen Eisenbahn, die dann später auf den Bau der Bagdad-Bahn, einem der größten Schienenprojekte in der damaligen Zeit, ausgedehnt wurde. Kaiser Wilhelm II . reiste zweimal ins Reich von Abdülhamid II . und erklärte bei einem Besuch großspurig, die Deutschen würde ewig die Freunde der Muslime bleiben. Während Briten, Franzosen und Russen auf die christlichen Minderheiten im Osmanischen Reich setzten, wollte der deutsche Kaiser die muslimische Mehrheit für eine Allianz gewinnen. Bleibendes Relikt dieser Politik ist der Deutsche Brunnen in der Istanbuler Altstadt auf dem Hippodrom unweit der Hagia Sophia, den Kaiser Wilhelm II . feierlich einweihte. Neben diesem Denkmal aus der Kaiserzeit hat das damalige deutsch-türkische Bündnis aber vor allem auch tiefe Spuren im kollektiven türkischen Gedächtnis hinterlassen. Während die Schrecken und Konsequenzen des Zweiten Weltkrieges und des Faschismus die gesamte deutsche Erinnerung prägen, ist für die Türken nach wie vor der Erste Weltkrieg mit seinen Folgen das entscheidende Ereignis, aus dem alles Weitere folgte. Deshalb ist in der Türkei auch die Erinnerung an die damalige »Waffenbrüderschaft« weit lebendiger als in Deutschland.
    Für das jungtürkische Triumvirat war am Vorabend des Ersten Weltkrieges angesichts der Vorgeschichte ein Bündnis mit den Mittelmächten daher nicht abwegig. Die Alternative wäre Neutralität gewesen, aber zum einen sah sich das Osmanische Reich weiterhin von Russland bedroht, zum anderen waren England und Frankreich nicht bereit, zu Kriegsbeginn eine Erklärungabzugeben, dass sie die Grenzen des osmanischen Imperiums, zu dem ja damals noch der heutige Irak, Syrien, Palästina und Saudi-Arabien gehörten, respektieren würden. England wollte die Nachfolge der Osmanen im Nahen Osten antreten, einmal um sich den Zugriff auf die damals bereits bekannten Ölvorräte zu sichern, zum anderen um den Seeweg nach Indien durch den 1869 eingeweihten Suezkanal kontrollieren zu können.
    Deshalb fiel die Entscheidung letztlich für eine Kriegsteilnahme an der Seite der Mittelmächte, obwohl sich das Osmanische Reich und die Habsburger auf dem Balkan jahrhundertelang bekriegt hatten. Die Deutschen wollten über ihren Bündnispartner ebenfalls Einfluss im Nahen Osten gewinnen und schickten deshalb nicht nur Waffen, sondern auch etliche Offiziere zur Unterstützung der bereits ziemlich maroden osmanischen Armee an den Bosporus.
    Bereits kurz nach Kriegsbeginn erlitt die

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