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Türme Der Dämmerung

Titel: Türme Der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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ein.« Ein junger Diener bringt ein Tablett aus schwarzer Emaille zu Creslin. Auf blauem Samt liegt ein Frauenporträt im Goldrahmen. Trotz des außergewöhnlich kurz geschnittenen roten Haars wirkt sie mit den durchdringenden grünen Augen und der geraden Nase sehr schön. Ihre Mundwinkel sind nach oben gezogen und formen das zynische Lächeln, das er während des gesamten Achttags in Sarronnyn gesehen hatte. Irgendwie kommt sie Creslin bekannt vor, doch vermag er sich nicht an eine Frau mit so kurzen Haaren zu erinnern.
    »Jetzt verstehe ich.«
    »Ja, du kannst es nicht besser treffen. Du hast Glück, dass sie feminine Männer den eher traditionellen Männern im Westen vorzieht. Sie war tief beeindruckt, als sie hörte, dass du auf eigenen Willen hin an den Manövern teilgenommen und so hervorragend abgeschnitten hast. Sie lobte sogar den … Zwischenfall im Garten, nur der Tempel weiß, warum.«
    Creslin ist flau im Magen, als sich die Marschallin erhebt. Von ihrer hohen Gestalt in schwarzem Leder und dem stolzen, blassen Antlitz strahlt Stille und Dunkelheit in die Halle.
    »Wir haben eine Erklärung abzugeben.«
    Sie wartet.
    »Unserem Prinzen ist eine hohe Ehre zuteil geworden. Er wird Westwind innerhalb des nächsten Achttags verlassen – und zwar als der zukünftige Gemahl der Sub-Tyrannin von Sarronnyn.« Sie deutet auf Creslin.
    Mit etwas gequältem Lächeln steht er auf.
    »Creslin … CRESLIN … CRESLIN!« rufen alle in der Halle begeistert. Er wartet, bis wieder Stille einkehrt.
    Dann setzt er sich und ringt um Fassung.
    »Großartig, Bruderherz, wenn man bedenkt, dass du die Sub-Tyrannin mit der Klinge ins Jenseits befördern wolltest«, bemerkte Llyse leise.
    Die Marschallin gibt das Zeichen zum Weiteressen. Creslin trinkt Tee und schenkt sich nochmals nach. Das letzte Stück Fleisch auf dem Teller mundet ihm nicht mehr. Er grübelt. Wie kann er vermeiden, ein etwas besserer Zuchthengst zu werden?
    »Es wäre nett gewesen, vorgewarnt zu werden«, sagt er zu seiner Mutter.
    »Je früher desto besser … zu deinem Schutz.«
    »Meinem Schutz?«
    »Deine Gefährtinnen, die dich als Prinzen anerkennen würden, dürften kaum jemanden schätzen, der es versteht, mit der Waffe umzugehen, und von den hübschesten Frauen der Garde von Westwind flachgelegt wird.« Sie lacht so herzlich, wie er es selten gehört hat. Es verschlägt ihm die Sprache.
    »Und hier kannst du nicht bleiben, wie du selbst weißt, es sei denn …«
    Ihn schaudert, weil er weiß, was sie meint.
    »Ich dachte mir, dass dir diese Variante nicht behagt. Außerdem ist Ryessas Schwester hübsch, vielleicht ein bisschen zu vornehm … zu männlich.«
    Die Schwester der Tyrannin? Hatte er sie kennen gelernt? Er trinkt noch einen Schluck Tee.
    »Sieht sie tatsächlich so aus?« fragt Llyse und betrachtet das Porträt.
    »Etwas weicher«, erklärt Aemris. »Für sie ist es gut, einen starken Gemahl wie Creslin an der Seite zu haben. Sarronnyns Thronfolge geht streng nach Abstammung, und Ryessa hat bereits zwei Töchter. Ein starker Gemahl wie Creslin schützt sie gegen diejenigen, die vielleicht die Männer gegen sie einzusetzen gedenken.«
    Die Marschallin blickt Creslin an. »Morgen musst du mit Galen beraten, was du nach Sarronnyn mitnehmen solltest.« Sie lächelt. »Es ist das Beste.« Dann steht sie auf und ist verschwunden, ehe Creslin etwas sagen kann.
    Auch er verlässt sogleich die Halle und geht zu der alten, engen steinernen Wendeltreppe, die als erste in Westwind gebaut wurde. Schnell steigt er hinauf, bis er auf der offenen Mauer steht. Dann blickt er nach Süden.
    Die eiskalten Windböen, die gegen die Zinnen Westwinds peitschen, sind wärmer als die Luft in der großen Halle. Creslin schaut über die nahezu makellose weiße Fläche, die sich unterhalb des Südturms bis zur Nadelspitze Freyjas erstreckt, deren Gipfel die Sonne noch immer bescheint, obgleich sie bereits hinter den Westhörnern versunken ist. Im Dämmerlicht glitzert der Schnee, nur die grauen Steine der Straße zu den Wäldern und nach Osten hin unterbrechen die weiße Fläche.
    Am liebsten hätte er gesungen oder geschrien. Doch er tut keines von beiden. Ersteres nicht, weil jetzt ein Lied unangebracht wäre, und das zweite nicht, weil er weder der Marschallin noch Aemris die Genugtuung bieten will, dass auch er ein Schwächling wie andere Männer sein kann.
    Statt dessen greift er nach den Winden, verflechtet sie und schleudert sie gegen die Mauern, bis sein

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