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Türme Der Dämmerung

Titel: Türme Der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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Tisch unbesetzt geblieben. Allerdings stehen zwei leere Becher darauf. Er schiebt sich dorthin.
    »Vorsicht!« fährt ihn jemand an.
    Er dreht sich um und erblickt zwei junge Männer, dazwischen eine Frau. Der Mann mit Kraushaar, der ihn angesprochen hat, hält ein Messer. »Ausländer mögen wir nicht besonders. Vielleicht solltest du dorthin zurückgehen, woher du gekommen bist, ja?«
    Creslin mustert den Mann. »Möchte ich aber nicht.« Seine Stimme klingt ruhig wie der Wind vor dem Sturm.
    Der Mann blickt beiseite, und Creslin geht zum Tisch, setzt sich und stellt sein Bündel darunter, so dass er die Westwind-Klinge griffbereit hat.
    »Was möchtest du?« fragt die Schankmaid. Sie hat die beiden Becher hochgenommen und wischt den Tisch mit einem feuchten Lappen ab.
    »Was gibt es denn?«
    »Bist du Sänger?« Sie hat ein rundes Gesicht unter schwarzen Locken, die fast auf die halb bedeckten Schultern fallen, und eine fröhliche, doch harte Stimme.
    »Nicht hier.« Creslin lacht. »Was gibt es zu trinken?«
    »Schade. Aber der nächste Sänger soll besser sein. Was wir haben? Most, Met, roten Wein, Met …«
    »Na gut, Most.«
    »Das macht drei.«
    Er macht ein verblüfftes Gesicht.
    »Hier zahlst du fürs Singen, auch wenn’s schlecht ist. Wir sind eine der wenigen Schenken mit Genehmigung.«
    Creslin holt die Münzen hervor und legt sie auf den Tisch.
    »Gut, aber keine Zauberei. Wenn ich zurückkomme, liegen die hoffentlich noch da.« Ihr Lächeln zeigt, dass sie nicht wirklich glaubt, dass die Münzen verschwunden sein könnten. Sie streift ihn beim Weggehen leicht mit der Hüfte, dann blickt sie das Trio an. »Bereit für die nächste Runde?«
    »Jawohl …«
    »… noch nicht«, erklärt die Frau.
    »Gut.«
    Nur wenige Hände klatschen, als der Gitarrist die Bühne verlässt.
    Während Creslin auf den Most wartet, mustert er die anderen Gäste. Außer dem Trio, das zwei Tische entfernt sitzt, gibt es vier Ausländer, unterschiedlich gewandet. Die breiten Gürtel und die ebenso breiten Schwerter verkünden ihre Vertrautheit mit Gewalt. Creslins Augen schweifen weiter durch den Raum. Zwei Händler und drei Männer, deren Kleidung sie als Seeleute ausweist. Ihm ist unklar, warum Seeleute Fairhaven aufsuchen sollten.
    Fünf Frauen, mit kurzen Haaren und Dolchen im Gürtel, sitzen an einem Ecktisch. Ihre Ecke ist vollkommen in Weiß gehüllt. Wieder an einem anderen Tisch sitzen fünf Ausländer, eine Frau mit vier Männern, doch nur die Frau und ein Mann tragen Schwerter.
    »So, hier ist dein Most!« Mit beruflicher Freundlichkeit stellt die Schankmaid einen schweren braunen Becher vor Creslin auf den Tisch.
    Creslin lächelt. »So, hier sind deine Münzen. Keine Zauberei.«
    »Danke. Angeblich soll der nächste Musiker besser sein, viel besser.« Auf der Bühne nimmt ein untersetzter Mann mit seiner Gitarre auf einem Stuhl Platz.
    »… hoffentlich ist der besser, bei diesen Preisen«, ruft jemand.
    Creslin stimmt ihm bei. Er trinkt einen Schluck. Der warme Most ist aus Äpfeln gemacht und gewürzt. Dann blickt er zur Bühne.
    Er vermag die Ordnung hinter den Tönen zu sehen, die der Gitarrist spielt – beinahe, als wären die Noten auf die rauchige Luft geschrieben. Er nimmt noch einen Schluck Most. Dann taucht vor ihm die schwache Erinnerung an einen Gitarristen mit Silberhaar auf und wie er selbst einen Ton aus der Luft auffing.
    Lächelnd konzentriert er sich und streckt die Hand nach dem Becher aus – und die Sinne in den Raum.
    Nach dem ersten Ton hält der Gitarrist inne, da dieser einzelne Ton im Raum verweilt. Mit großen Augen blickt er in die Ecke, wo der Ton gleich einem Silberhauch auf den Fingerspitzen des silberhaarigen jungen Mannes verharrt, der allein an einem Tisch für zwei im Schatten sitzt.
    Creslin entlässt seine Beute.
    »Was …«, flüstert die Schankmaid, als der Schimmer von seinen Fingerspitzen weicht.
    »Nur eine Erinnerung«, sagt er, als würden diese Worte alles erklären.
    Die Schankmaid schluckt und macht das Zeichen derer, die an einen einzigen Gott glauben, und holt die Becher von einem Tisch mit Würfelspielern.
    Creslin trinkt wieder einen Schluck Most. Diesmal schmeckt er den Hauch des Herbstes darin und noch etwas, das ihm bereits beim ersten Schluck auffiel.
    Plopp!
    Ein grüner Apfel mit roten Backen rollt auf den Tisch. An einer Seite ist ein großer dunkler Fleck zu sehen – und die dunklen Fühler eines Käfers. Obgleich Creslin nur drei Schluck getrunken

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