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Türme Der Dämmerung

Titel: Türme Der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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vom Sturm.
    Er studiert das Gelände jenseits der Straße. Nach einer guten Meile wird der Fluss ruhiger. Ab und zu stößt er mit den Stiefeln gegen Felsbrocken auf dem Grund. Er hält die Augen auf die Gipfel gerichtet.
    Dann sieht er die Brücke über den schmalen Fluss. Mit letzter Kraft arbeitet er sich ans Nordufer des Kanals und findet an einem Felsvorsprung Halt. Jeder Atemzug brennt wie Feuer.
    Mühsam zieht sich der Gefangene aus dem Wasser. Vor ihm liegt das Tal, von dem die Heilerin sprach. Niedrige Eichen und Wacholder säumen eine Wiese.
    Bald werden die Reiter der Magier auftauchen. Er muss weiter. Die schweren Regenwolken sind ihm gefolgt. Sie ziehen von Westen nach Osten über die Osthörner.
    Er schleppt sich durchs kniehohe Gras an den Wiesenrand, wo er zur Not hinter den Wacholderbüschen Deckung findet. Er hustet die letzten Wassertropfen aus der Lunge und marschiert weiter ins enge Tal hinein. Fichten stehen auf den Hängen zu den Berggipfeln. Felsbrocken ragen aus der dünnen Erdschicht heraus.
    Als der Hufschlag der Pferde auf der Straße der Magier laut wird, hat der silberhaarige junge Mann den Schutz der Fichten erreicht. Er hastet weiter bergauf. Dann verhallt der Hufschlag. Sie sind am Tal vorbeigeritten.
    Der Regen fällt in Schauern. Jedes Mal, wenn eine Windbö ihm die Tropfen ins Gesicht peitscht, sieht er kaum ein paar Ellen weit. Dennoch wandert er weiter, denn sobald das Hochwasser fällt, können die Magier oder ihre Spürhunde seine Fährte verfolgen.
    Er bleibt nur stehen, um Atem zu schöpfen und etwas Kraft zu sammeln. Am Nachmittag hat er die erste Höhe überwunden und sieht vor sich ein Tal, das nach Norden auf die Ebenen von Certis führt, wo die Stadt Jellico mit ihren Mauern steht.
    Am Spätnachmittag legt er eine Rast neben einem Beerendickicht ein. Weiße Wolken jagen über den blauen Himmel hoch über ihm. Obgleich er vom Lager der Magier inzwischen weit entfernt ist, legt er sich in eine Grube unter einem umgestürzten Baumstamm, in der Nähe eines Felsbrockens. So hat er sich auch dem Späherblick der schwarzen Vögel entzogen, die hoch oben kreisen. Genüsslich verspeist er die gesammelten dunkelroten Beeren.
    Zusammengerollt in der Grube, ist er dankbar, dass er in der Kälte des Dachs der Welt aufgewachsen ist. Er bemüht sich, die Teile zusammenzusetzen, diesen Regen der Erinnerungen, die die namenlose Heilerin ihm zurückgab. War sie Megaera? Oder ein anderes Werkzeug der Nornen und Furien der Legende?
    Im Halbschlaf schweifen seine Gedanken zurück.

 
XL
     
    » I ch gebe zu, es ist schwierig zurechtzukommen, wenn ein Teil des Verstandes leer ist. Doch habe ich schon größere Hindernisse überwunden.« Megaera lächelt gequält.
    »Du bist seit Ende des Frühjahrs hier, und jetzt geht der Herbst bereits zur Neige. Wie lange willst du noch bleiben?« fragt der Herzog von Montgren.
    »Ich tue, was in meinen Kräften steht, teurer Vetter. Doch mit meiner Behinderung …« Wieder lächelt sie gequält. »Solange wie nötig.«
    »Chi meinst doch nicht etwa …«
    »Solange wie nötig. Entweder kommt er wieder zu Kräften und flieht – oder er stirbt. Sterben wäre natürlich für dich und meine liebe Schwester die angenehmste Lösung.« Sie macht eine Pause. »Ich bemühe mich mit meiner gesamten unbedeutenden und schwachen Kraft, den Zauberbann zu brechen. Aber ich bin nicht sehr gut ausgebildet. Dafür hat meine liebe Schwester gesorgt. Daher ist es durchaus möglich, dass ich deine Gastfreundschaft noch eine ganze Weile in Anspruch nehmen werde.«
    »Welche ich dir gewähren muss«, bemerkt der Herzog kühl.
    »Ja, ja. Wir alle haben unsere Bürde zu tragen.« Sie geht zu dem antiken Schreibtisch, auf dem ihr Kristallglas steht, streckt die Hand aus, hält jedoch inne.
    Er schüttelt langsam den Kopf, ohne ihr Zaudern zu bemerken.
    Da sinkt die Rothaarige mit schrillem Schrei zu Boden, überwältigt von dem Gewicht des Kaleidoskops der Erinnerungen und verzerrten Bilder, die durch ihren Kopf wie Geisterreiter auf Rössern mit Dornen an den Hufen preschen.
    Der kleine und peinlich ordentlich gekleidete Mann lässt das Glas mit dem Rotwein beinahe fallen, verschüttet ihn jedoch nur. Blutrote Flecken verunstalten den uralten hamorischen Teppich, der noch aus den Zeiten seines wohlhabenden Großvaters stammt.
    Er stellt das halbleere Glas auf den Schreibtisch. Die Rothaarige liegt mit dem Gesicht nach unten bewusstlos da – aber sie atmet noch.
    »Und was

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