Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis
durchmachen.«
»Nein, nein, keineswegs«, strahlte Mrs Burrows. »Rebecca, würdest du bitte Wasser aufsetzen und uns allen eine schöne Tasse Tee machen?«
»Das ist sehr liebenswürdig von Ihnen, Mrs Burrows«, sagte der Kriminalbeamte und blieb unschlüssig in der Mitte des Wohnzimmers stehen.
»Bitte.« Mrs Burrows deutete auf das Sofa. »Bitte nehmen Sie Platz.«
»Will, du könntest mir helfen«, sagte Rebecca, packte ihren Bruder am Arm und versuchte, ihn aus dem Raum zu bugsieren. Doch Will rührte sich nicht von der Stelle; er war wie gebannt vom Anblick seiner Mutter, die allem Anschein nach wieder die Frau war, die sie viele Jahre zuvor einmal gewesen sein musste.
»Äh … ja … ja, okay …«, stieß er hervor.
»Nehmen Sie Zucker im Tee?«, wandte Rebecca sich an den Beamten, während sie gleichzeitig Will am Ärmel zog.
»Nein danke, keinen Zucker, aber bitte etwas Milch«, erwiderte er.
»Okay, Milch, kein Zucker. Und du, Mum? Wie immer nur zwei Süßstofftabletten?«
Ihre Mutter lächelte und nickte. Dann sah sie Will an, als amüsiere sie sich über seine Verblüffung. »Und wie wäre es mit ein paar Vanilleplätzchen, Will?«
Ruckartig erwachte Will aus seiner Trance, drehte sich um und folgte Rebecca in die Küche, wo er sprachlos und ungläubig den Kopf schüttelte.
Während Will und Rebecca den Tee zubereiteten, sprach der Kriminalbeamte in leisem und ernstem Tonfall mit Mrs Burrows. Er erklärte ihr, dass die Polizei alles Mögliche unternommen hätte, um Dr. Burrows ausfindig zu machen, aber da dies bisher zu keinem Ergebnis geführt habe, sei man entschlossen, die Ermittlungen zu verdoppeln. Dies würde die großflächige Verbreitung eines Fotos des Vermissten umfassen und eine »ausführliche Befragung« von Mrs Burrows auf der Polizeiwache, wie der Beamte es formulierte. Des Weiteren würden er und seine Kollegen mit jedem reden müssen, der kurz vor dem Verschwinden von Dr. Burrows Kontakt zu ihm gehabt hätte.
»Außerdem möchte ich Ihnen gerne jetzt noch ein paar Fragen stellen, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Fangen wir am besten mit der Arbeit Ihres Mannes an«, sagte Kriminalhauptkommissar Beatty, warf einen Blick zur Tür und fragte sich, wann der Tee denn endlich kam. »Hat er irgendjemanden im Museum häufiger erwähnt?«
»Nein«, erwiderte Mrs Burrows.
»Ich meine, gibt es dort jemanden, dem er sich vielleicht anvertraut hat?«
»Anvertraut hat, wohin er verschwunden ist?«, vervollständigte Mrs Burrows den Satz und lachte dann kalt. »Ich fürchte, wenn Sie dieser Spur nachgehen, werden Sie nicht viel Freude haben. Das ist eine Sackgasse.«
Der Beamte setzte sich aufrecht; Mrs Burrows’ Antwort verblüffte ihn nun doch ein wenig.
»Mein Mann führt das Museum alleine«, fuhr sie fort, »außer ihm gibt es keine anderen Angestellten. Vielleicht möchten Sie sich ja mal mit den alten Knackern unterhalten, die ihm manchmal Gesellschaft leisten, aber wundern Sie sich nicht, deren Gedächtnis ist auch nicht mehr das beste.«
»Ach nein?«, fragte Beatty, um dessen Mundwinkel ein kleines Lächeln spielte, während er ein paar Notizen machte.
»Nein, die meisten sind schon über achtzig. Und warum – wenn Sie mir diese Frage gestatten – wollen Sie mich und die Kinder befragen? Ich habe Ihren uniformierten Kollegen schon alles gesagt, was ich weiß. Sollten Sie nicht lieber eine Fahndung einleiten?«
»Eine Fahndung?« Der Beamte grinste breit. »Den Begriff verwenden wir in diesem Zusammenhang nicht. Fahndungen leiten wir nur in Notfällen …«
»Ach, und mein Mann ist also kein Notfall?«, unterbrach Mrs Burrows ihn.
In dem Moment erschien Rebecca mit dem Tee, und das Gespräch erstarb, während sie das Tablett auf den Wohnzimmertisch stellte und die Tassen verteilte. Will trug einen Teller mit Gebäck herein, und da der Beamte offenbar nichts gegen seine oder Rebeccas Anwesenheit einzuwenden hatte, nahmen die Geschwister ebenfalls Platz. Eine unbehagliche Stille breitete sich aus. Mrs Burrows starrte Beatty an, der angelegentlich in seinen Tee schaute.
»Ich denke, wir greifen hier den Ereignissen ein wenig voraus, Mrs Burrows. Vielleicht können wir uns wieder mit Ihrem Mann beschäftigen?«, sagte er.
»Und ich denke, Sie werden feststellen, dass wir uns bereits die ganze Zeit mit ihm beschäftigen … während ich mir bei Ihnen nicht ganz sicher bin«, erwiderte Mrs Burrows scharf.
»Mrs Burrows, Sie müssen sich darüber im Klaren sein, dass
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