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Tunnel - 02 - Abgrund

Tunnel - 02 - Abgrund

Titel: Tunnel - 02 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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etwas vorgaukelte; trotzdem starrte er weiterhin auf die Stelle. Und dann sah er es zum zweiten Mal – ein winziger, verschwommener Lichtblitz. Will rappelte sich auf und torkelte darauf zu, ließ das sandige Ufer hinter sich und stakste über die knirschenden Kieselsteine. Ein weiteres Mal stolperte er und fiel der Länge nach hin. Mühsam kam er wieder auf die Beine und verfluchte sich selbst, weil er die Orientierung verloren und nicht die leiseste Ahnung hatte, aus welcher Richtung das Licht gekommen war. Als er sich umschaute, erhaschte er einen weiteren flüchtigen Blick auf den kurzen Lichtblitz.
    Dieses Lichtphänomen war nichts, was sein müdes Hirn ihm vortäuschte – Will war fest davon überzeugt, dass diese Lichtquelle tatsächlich existierte. Und er war gar nicht mehr weit davon entfernt. Er sagte sich zwar, dass dort möglicherweise die Styx warteten, aber er hatte längst den Punkt überschritten, an dem er sich darüber noch Sorgen machte. Er brauchte Licht wie ein Erstickender Luft.
    Mit größerer Vorsicht als zuvor schlich Will das Kieselufer hinauf. Er sah, dass die unregelmäßigen Lichtblitze aus einer Lavaröhre kamen, deren Öffnung sich im flackernden Schein deutlich abzeichnete. Und obwohl die Intensität der Blitze schwankte, erkannte er beim Näherkommen, dass das Innere der Lavaröhre permanent beleuchtet schien. Als er die Öffnung erreichte, tastete er sich leise vorwärts, bis er einen Blick um die Gesteinsecke werfen konnte.
    Doch er sah nur formlose Gestalten, farblose Schatten. Es kostete ihn größte Mühe, sich daran zu erinnern, wie er seine Augen zu benutzen hatte. Er musste sich ständig wiederholen, dass das, was er vor sich sah, echt war und nicht nur eine hohle Ausgeburt seines erschöpften Hirns.
    Will benötigte mehrere Sekunden, in denen er stark blinzelte, bis die beiden Sichtachsen zusammenfanden und das heftige Wackeln der Bilder in seinem Kopf aufhörte. Die Abbildungen auf seiner Netzhaut verschmolzen zu einem Bild und erzeugten ein Gefühl der Tiefe, etwas, worauf er sich verlassen konnte.
    »SCHWEIN!«, krächzte er. »DU VERDAMMTES SCHWEIN!«
    »Was …?«, quietschte Chester, setzte sich ruckartig auf und spuckte den Bissen, den er im Mund hatte, vor Angst wieder aus. Zitternd sprang er auf die Beine. »Wer …?«
    Will konnte wieder sehen. Seine Augen weideten sich am Licht, schwelgten in den Formen und Farben vor ihm. Keine zehn Meter entfernt stand Chester mit einer Laterne in der Hand und dem geöffneten Rucksack zwischen den Beinen. Er hatte sich etwas zu essen herausgeholt und ohne Umschweife in den Mund gestopft und war dadurch offensichtlich viel zu abgelenkt gewesen, um Wills Kommen zu hören.
    Will stürzte auf seinen Freund zu, von unbeschreiblicher Freude erfüllt. Taumelnd ließ er sich neben Chester nieder, der sprachlos wieder auf den Boden gesunken war und ihn anstarrte, als hätte er ein Gespenst gesehen. Chester wollte gerade etwas sagen, als Will ihm die Laterne aus der Hand riss und sich vors Gesicht hielt.
    »Gott sei Dank«, murmelte Will wieder und wieder mit krächzender Stimme, die überhaupt nicht nach seiner eigenen klang, und starrte in die Laterne. Ihr Lichtschein war so hell, dass sie ihm in den Augen brannte und ihn blinzeln ließ, doch in diesem Moment wollte er nichts anderes als sich in ihrem unheimlichen grünen Flackern sonnen.
    Chester riss sich aus seinem sprachlosen Erstaunen. »Will …«, setzte er an.
    »Wasser«, krächzte Will. »Gib mir Wasser«, versuchte er zu rufen, als Chester nicht reagierte, doch seine Stimme war nicht dazu in der Lage. Sie klang so dünn und schwach, dass sie kaum zu hören war und eher an ein heiseres Gurgeln erinnerte. Verzweifelt zeigte Will auf das Wasser. Schließlich verstand Chester, was sein Freund wollte, und reichte ihm hastig seinen Wasserbehälter.
    Will schaffte es nicht, den Stöpsel schnell genug zu entfernen, und fummelte fieberhaft daran herum. Endlich löste sich der Stöpsel mit einem Plopp, und Will rammte sich den Hals des Behälters in den Mund, legte den Kopf in den Nacken und schluckte das hervorschießende Wasser gierig, während er gleichzeitig zu atmen versuchte. Das Wasser spritzte in alle Richtungen, lief ihm über Kinn und Brust.
    »Gott sei Dank, Will, wir dachten schon, wir hätten dich verloren!«, rief Chester.
    »Typisch!«, schnaufte Will zwischen mehreren Schlucken. »Ich sterbe vor Durst …«, er schluckte erneut und spürte, wie das Wasser seine

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