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Tunnel - 02 - Abgrund

Tunnel - 02 - Abgrund

Titel: Tunnel - 02 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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seinen Körper durchströmte und seine müden Glieder belebte.
    Dann hielt er sich erneut die Laterne vors Gesicht und sonnte sich in ihrem hellen Schein, den er durch die halb geschlossenen Lider sehen konnte.
    Er hörte Chesters Stimme im Hintergrund, hörte, wie sein Freund begeistert irgendetwas erzählte, aber er war zu erschöpft, um zu verstehen, was er sagte. Und dann überkam ihn eine überwältigende Müdigkeit: Sein Kopf sank nach hinten gegen die Tunnelwand und seine Beine zuckten, als fiele es ihnen schwer, nicht länger im Rhythmus der vergangenen Stunden weiterzutrotten, immer weiterzutrotten – als würden sie versuchen, ihn wieder voranzutreiben. Aber ihre Bewegungen ließen mit der Zeit nach, bis sie schließlich ganz aufhörten und Will in eine wohlverdiente Bewusstlosigkeit versank, nicht ahnend, welch schreckliche Ereignisse sich genau in diesem Moment in der Großen Prärie abspielten.

33
    Cal hatte seine gesamte Aufmerksamkeit auf das Gehen gerichtet, und als er nun aufschaute, brauchte er ein paar Sekunden, ehe er begriff, was vor ihm lag.
    Drake und er waren am äußersten Rand der Großen Prärie entlanggeschlichen, doch die zerklüftete Felswand, die er erwartet hatte, war nirgends zu erkennen.
    Stattdessen erhob sich vor seiner Nase eine senkrechte und offenbar glatte Gesteinsoberfläche, die vom Höhlenboden bis zur Decke reichte. Es schien, als wäre der Rand der Großen Prärie vollständig versiegelt. Doch das Hindernis war zu perfekt, um natürlichen Ursprungs sein zu können, und erstreckte sich, so weit das gedämpfte Licht seiner Laterne die Dunkelheit durchdrang. Cal hatte sich so sehr an den Anblick des zerklüfteten Felsgesteins gewöhnt, dass diese glatte Fläche ihm einen regelrechten Schock versetzte.
    Vorsichtig näherte er sich der Konstruktion und befühlte deren graue Oberfläche. Sie war solide, aber nicht ganz so perfekt, wie er zunächst angenommen hatte. Bei genauerer Betrachtung stellte er fest, dass das Material ziemlich narbig wirkte. An manchen Stellen fehlten sogar ganze Stücke, und von dort aus verliefen rötlich braune Verfärbungen Richtung Boden.
    Es handelte sich um Beton, eine riesige Betonmauer – das Letzte, was Cal in dieser urgewaltigen Gegend erwartet hätte. Und er begriff erst, wie riesig die Mauer war, nachdem Drake ihm bedeutet hatte, ihm zu folgen, und sie weitere zwanzig Minuten neben der Mauer hergelaufen waren. Dann hatte Drake dem Jungen ein Zeichen gegeben und auf etwas in der Wand gezeigt: eine rechteckige Öffnung, etwa eineinhalb Meter über dem Boden. Nun beugte er sich zu Cal hinab und flüsterte: »Wartungsschacht.«
    Cal hielt seine Laterne hoch, um einen Blick hineinzuwerfen.
    Sofort packte Drake den Arm des Jungen und drückte ihn nach unten. »Nimm die Lampe runter, du Narr! Willst du uns unbedingt verraten?«
    »’tschuldigung«, murmelte Cal und sah zu, wie Drake mit der Hand in die dunkle Maueröffnung griff. Als Nächstes hörte er ein dumpfes Quietschen, während Drake an irgendetwas zog, und dann schwang eine rostige Eisenluke auf.
    »Du zuerst«, befahl Drake.
    Cal blinzelte in die finstere Dunkelheit und schluckte. »Erwartest du, dass ich da reinklettere?«, fragte er.
    »Ja«, knurrte Drake. »Das hier ist der Bunker. Wird schon seit Jahren nicht mehr benutzt. Hier bist du in Sicherheit.«
    Cal schüttelte den Kopf. »In Sicherheit?! Oh Mann, das gefällt mir nicht … das gefällt mir gar nicht!«, murmelte er leise vor sich hin, während er mit Drakes Hilfe in den Schacht kletterte und missmutig vorwärts kroch.
    Das schwache Licht seiner Lampe gab in der Dunkelheit Stück für Stück den Blick auf einen gerade verlaufenden Gang preis, und Cal krabbelte widerwillig auf allen vieren über den zentimeterhohen Dreck am Boden des Schachts. Das Geräusch seines eigenen Atems klang überlaut in seinen Ohren. Cal verabscheute das Gefühl der Enge. Wie eine Ratte in einem Regenrohr. Alle paar Meter hielt er inne und klopfte mit seinem Gehstock prüfend gegen die Schachtwände, um den Weg vor ihm zu erkunden. Dieser kurze Moment verschaffte ihm die Gelegenheit, sein Bein, das immer heftiger zu schmerzen begann, einen Augenblick auszuruhen. Es fühlte sich so an, als würde es seinen Dienst bald ganz versagen, und dann würde er in diesem Schacht feststecken.
    Daher zwang er sich, nach jeder Pause weiterzukriechen. Aber der Schacht schien nicht enden zu wollen. »Wie dick sind denn diese Mauern?«, fragte er laut. Als er

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